Safran
Zauberhafte Zutat
Eines der wertvollsten Gewürze der Welt: Safran ist in Europa beliebt und Zutat vieler traditioneller Gerichte. Die Pflanze schenkt ihre Farbe und ihr Aroma der spanischen Paella, der französischen Fischsuppe Bouillabaisse und griechischem Gebäck – ihre Geschichte in Europa reicht Jahrtausende zurück.
Von Yiouli Eptakoili
Die zwei Jugendlichen übten das Diskuswerfen. Ein ungeschickter Wurf des Hermes schlug Krokos an den Kopf und verwundete seinen treuen Freund tödlich. Der über diesen Verlust erschütterte, geflügelte Gott entschied, ihm die Unsterblichkeit zu schenken. Er verwandelte den seelenlosen Körper in eine wunderschöne, violette Pflanze, und die drei Blutstropfen, die aus seiner Wunde rannen, in drei rote Narben in ihrem Blütenkelch. So entstand, dem zauberhaften, aber auch melancholischen, altgriechischen Mythos zufolge, der Safrankrokus: eine der wertvollsten Arten der griechischen Pflanzenwelt.
Die Herkunft des Safrans ist bis heute nicht eindeutig geklärt. In europäischen, nordafrikanischen und asiatischen Ländern wurde die Pflanze über Jahrtausende als Heilmittel, Gewürz oder Farbmittel verwendet. Besonders detailreiche Beschreibungen des Safrans finden Historiker in Überlieferungen aus dem antiken Griechenland und dem Römischen Reich.
Bild von seltener Schönheit
In Griechenland und in Kleinasien wird Safran seit Tausenden von Jahren angebaut und ist als Crocus Sativus bekannt. Seine wundersame und vielseitige Wirkung ist bei Homer (8. Jahrhundert vor Christus), dem griechischen Philosophen Theophrast (371-287 vor Christus), dem Arzt Pedanios Dioskurides (10-90 nach Christus) und in vielen anderen schriftlichen Zeugnissen erwähnt.Darstellungen der Pflanze finden sich häufig auf minoischen Fresken und Vasenmalereien. Berühmt ist der Safran sammelnde Affe, die einzige Wandmalerei der Mittelminoischen Zeit (1600 vor Christus) in Knossos. Sie zeigt einen Affen, der Safran in einer Felsenlandschaft sammelt.
Wie auch die Safransammlerinnen auf der griechischen Insel Santorin: In einer bergigen Landschaft weiht eine Frau ein junges Mädchen in die Kunst ein, die Blütengriffel zu gewinnen. Es ahmt die Bewegungen der Lehrerin nach und bittet um ihre Zustimmung. Dieses Bild von seltener Schönheit wurde auf einer Wandmalerei in Akrotiri auf Santorin gefunden und stammt aus der Mitte des zweiten Jahrtausends vor Christi.
Über die iberische Halbinsel nach Europa
Einen bedeutenden Beitrag zur Verbreitung des Safrans leisteten die Araber. Sie bauten ihn systematisch an und machten die Spanier im zehnten Jahrhundert mit der Pflanze vertraut. Über die iberische Halbinsel fand sie ihren Weg nach Europa. In Griechenland begann der Anbau im 17. Jahrhundert. Kosmopolitische Händler aus Kozani erkannten den hohen Wert auf den Märkten in Europa und witterten Gelegenheiten zum Handel. Sie führten Safran aus Österreich ein und begannen, ihn in der Gegend um Kozani anzubauen.
Heute gilt Safran aus Kozani als besonders erlesen. Er wird biologisch angebaut und ist eine geschützte Ursprungsbezeichnung. Die Blütenernte und die von Hand vorgenommene Trennung der Narben und Griffel von den Blütenblättern, die natürliche Trocknung sowie das Klima der Gegend verleihen ihm höchste Qualität.
Das „rote Gold“
Der Safrananbau ist nicht schwierig, aber die Ernte ist anstrengend und langwierig. Sie beginnt im Oktober, wenn die Safranfelder um Kozani einem violetten Blumenmeer ähneln. Die Blüten haben sich vollständig geöffnet. Dann beginnen die Bauern mit der Arbeit – und einen Wettlauf mit der Zeit, denn werden die Blumen nicht schnell genug eingeholt, verwelken ihre Fasern.
Safran aus Kozani ist eines der teuersten Gewürze der Welt. Um ein Kilo getrockneter Safranfäden zu produzieren, benötigt man etwa 150.000 Pflanzen. Deshalb wird der Safran zu Recht auch „rotes Gold“ genannt. Ein weiteres Wunder der griechischen Erde.