Spätestens seit Klaus Wowereits berühmtem Statement: „Ich bin schwul – und das ist auch gut so“, das er auf einer Pressekonferenz vor seiner Wahl zum Regierenden Bürgermeister Berlins abgab, sind schwule und lesbische Spitzenpolitiker*innen beinahe zu einer Alltagserscheinung auf der politischen Bühne geworden, vor allem in Westeuropa. Schwul-lesbische Lebenskonzepte sind nicht nur in der Mitte der Gesellschaft, sondern in aller Offenheit auch in den Führungseliten angekommen.
Die inzwischen vielerorts weitgehende gesellschaftliche und juristische Gleichbehandlung lässt ein neues queeres Establishment entstehen, das sich stark an den gesellschaftlichen Vorstellungen liberal-konservativen Mainstreams orientiert. Regenbogenfamilien können nicht länger als ein Gegenmodell zur bürgerlichen Kleinfamilie angesehen werden, Rollenstereotype gleichen sich an, Differenz wird nivelliert.
Ist diese Entwicklung gesellschaftspolitisch Segen oder Fluch? Gibt es Raum für Otherness in den Führungseliten? Ist von queeren Politiker*innen eine andere Politik zu erwarten, von queeren Führungskräften ein anderer Führungsstil? Und: Warum ist in einigen Bereichen immer noch kein Platz für queere Held*innen, beispielsweise im Spitzensport?
Parallel zur Ausstellung Queer as German Folk veranstalteten Toronto, New York City, Mexiko-Stadt und Berlin im Stonewall-Jubiläumsjahr 2019 öffentliche Gesprächsrunden. Unter dem Titel Queere Gemeinsamkeiten – Queere Konflikte standen unterschiedliche Aspekte des aktuellen Queer-Diskurses zur Verhandlung: Queerer Widerstand, Queere Kultur, Queere Vielfalt und Queeres Establishment. Diskutiert wurde auf Englisch, jeweils mit Teilnehmenden aus den USA, aus Kanada, Mexiko und Deutschland. Die Konferenzen wurden aufgezeichnet und sind hier zu sehen.