Worlds of Homelessness
Wie man ein Zuhause schafft
In vielen Städten weltweit ist die Anzahl der Menschen gestiegen, die keine dauerhafte Unterkunft haben, und sie macht mittlerweile einen signifikanten Prozentsatz der Gesamtbevölkerung aus. Heute stellen der wachsende Zuzug in den städtischen Raum, der ökonomische Druck, der die Kluft zwischen Arm und Reich vergrößert, sowie die Tatsache, dass Wohnraum zu einem globalen Handelsgut geworden ist, nur einige der Ursachen für diese neuen ungleichen Lebensbedingungen in den Städten rund um den Erdball dar. Was heißt es, in einer Stadt zu leben, ohne einen Ort, den man sein Eigen nennen kann? Welche Bedeutung kann Architektur bei der Bekämpfung der Obdachlosigkeit zukommen? Und wie können Städte zu einer besseren Heimat für alle werden?
Der Film What It Takes to Make a Home baut auf einem Dialog zwischen den Architekten Michael Maltzan (Los Angeles) und Alexander Hagner (Wien) auf, die sich seit vielen Jahren und in zahlreichen Projekten mit diesen Fragen auseinandersetzen. Obwohl sich die Städte sowie die politischen und ökonomischen Kontexte, in denen Maltzan und Hagner agieren, unterscheiden, suchen beide nach Langzeitstrategien für den Wohnungsbau, statt zu kurzfristigen Lösungen zu greifen. Der Film konzentriert sich auf einige der Ursachen und Bedingungen der Obdachlosigkeit und hinterfragt, welche Rolle Architekten bei der Überwindung der Stigmatisierung der Betroffenen spielen können, damit Städte mit einer gleichberechtigteren Teilhabe aller entstehen können.
„Es fällt schwer, nicht pessimistisch zu werden, und dieses Gefühl ist ja auch begründet“
Michael Maltzan
Der Architekt Alexander Hagner von der Firma gaupenraub+/- befasst sich mit ähnlichen Fragen in Wien, einer Stadt, in der fortschrittlicher, sozialer Wohnungsbau eine lange Tradition hat und die nichtdestotrotz in den letzten Jahren eine merkliche Zunahme der Obdachlosigkeit zu verzeichnen hat. Hier ist die Wohnungsnot zwar nicht so offensichtlich wie in Los Angeles, aber dennoch ein drängendes städtisches Problem. Die Stigmatisierung hindere die Gesellschaft häufig daran, Bedürftigen zu helfen, befindet Hagner. Er glaubt, dass die Schaffung architektonischer Sonderlösungen für einen bestimmten Bevölkerungsteil Gegensätze unbeabsichtigt verstärke. Daher sticht das von Hagner entworfene Wohnprojekt VinziRast-mittendrin auf den ersten Blick nicht aus dem Umfeld heraus. Dennoch ist es außergewöhnlich, denn es stellt einen Prototypen für eine neue Form der Gemeinschaft dar, in der Studenten und ehemalige Obdachlose zusammenleben.
Allgemein kreist der Film um ein Phänomen, das Gesellschaften weltweit betrifft und mit dem sich Architektur und Stadtentwicklung zweifelsohne befassen müssen. Hagner zufolge werden Architekten das komplexe Thema der Obdachlosigkeit zwar nicht bewältigen können, aber sie können dazu beitragen, in unterschiedlichem Ausmaß Lebensbedingungen zu gestalten und dabei Gemeinschaften wie auch Einzelne unterstützen. Auch Maltzan ist davon überzeugt, dass Architekten sich diesen wichtigen, räumlichen Fragen werden widmen müssen, wenn sie das städtische Leben positiv verändern wollen.
What It Takes to Make a Home ist der erste Teil einer dreiteiligen Dokumentarserie, die vom Canadian Centre for Architecture produziert wurde. Die Serie ergründet, auf welche Weise sich der gesellschaftliche Wandel, die neuen ökonomischen Zwänge und die wachsende Bevölkerungsdichte auf die Wohnsituation verschiedener Gemeinschaften auswirken. Anhand von zwei Bauprojekten in zwei Städten mit unterschiedlichem soziopolitischem Kontext beleuchtet jede Folge sowohl die globale Perspektive, als auch die lokalen Besonderheiten eines bestimmten Themas. Während der erste Teil untersucht, wie Architekten dem drängenden Problem der Obdachlosigkeit in Los Angeles und Wien begegnen, thematisieren die anderen beiden Teile der Serie zwei weitere Herausforderungen für die urbane Gesellschaft, die die Veränderung des Lebensstils und der demografische Wandel mit sich bringen und die sich auf die räumliche Gestaltung unserer Umwelt auswirken: die Zunahme an Einpersonenhaushalten und die alternde Gesellschaft.