Amy Calhoun

Derzeit unterrichtet Amy Calhoun in ihrem 11. Jahr in Topeka, Kansas, und koordiniert ein Austauschprogramm für ihre Schüler*innen, um mit ihnen verschiedene Teile Deutschlands zu besuchen. Amy lernte Deutsch mit 20 Jahren, verliebte sich in die Sprache und wählte schließlich in ihrem Studium Deutsch und Englisch als ihre Hauptfächer. Wir haben sie getroffen, um mit ihr darüber zu sprechen, wie es ist, Schüler*innen in einem fremden Land zu begleiten, sowie über ihre Erfahrungen als Koordinatorin des Austauschprogramms.

Amy Calhoun German American Partnership Program © Goethe Institut New York

Könnten Sie uns etwas über sich selbst und Ihr Austauschprogramm erzählen?
Mein Name ist Amy Calhoun, und ich unterrichte die Deutschklassen 1-4 in Topeka, Kansas. Ich unterrichte sogar an der Highschool, an der ich selbst meinen Abschluss gemacht habe. Es ist schön, wieder hierherzukommen und eine Stelle so nahe bei meiner Familie zu haben, und ich bin richtig glücklich, Deutsch zu unterrichten. Als ich ankam, gab es bereits ein Austauschprogramm mit Marburg, aber ich habe in den vergangenen Jahren dazu beigetragen, es weiter auszubauen. Mein erstes Austauschjahr war 2016, und bis auf 2020 sind wir seitdem jährlich gefahren.

Was hat Sie dazu gebracht, Deutsch zu lernen?
Ich wollte Englischlehrerin werden, und mit Englisch als Hauptfach musste ich eine Fremdsprache lernen. Was mich dazu brachte, ausgerechnet Deutsch zu wählen, war eine Freundin, die ich in der Highschool kennenlernte und die über ein Austauschprogramm aus Deutschland da war. Ich sagte immer zu ihr: „Ich werde Deutsch lernen und dich besuchen!“ Und sie lachte dann und meinte: „Du bist doch Amerikanerin, du wirst bestimmt nicht Deutsch lernen. Aber das ist in Ordnung; du kannst trotzdem zu Besuch kommen.“ Also dachte ich, nun, ich muss ohnehin ein Jahr lang eine Sprache in der Uni belegen, warum nicht Deutsch, damit ich meine Freundin besuchen kann? Sobald ich angefangen hatte, die Sprache zu lernen, machte es in meinem Gehirn einfach Klick, und ich begann, mich mehr mit der Kultur zu befassen. Es schien alles faszinierend. Jetzt möchte ich gar kein Englisch unterrichten und bin sehr glücklich, Deutschlehrerin zu sein.

Warum haben Sie sich dafür entschieden, Koordinatorin für ein deutsch-amerikanisches Austauschprogramm zu werden?
Ich habe ja erst am College angefangen, Deutsch zu lernen, also habe ich an meinem ersten Austausch als Koordinatorin teilgenommen. Ich habe mich dafür entschieden, Koordinatorin zu sein, weil ich glaube, dass es wichtig ist, den Schülern das Reisen zu ermöglichen. Ich möchte, dass sie andere Kulturen sehen und besser Deutsch lernen, indem sie das Land selbst erleben. Ich war bei dieser ersten Fahrt wirklich sehr nervös. Als Nicht-Muttersprachlerin, die erst mit 20 begonnen hatte, Deutsch zu lernen, habe ich mich geschämt und gedacht: „Ist mein Deutsch gut genug dafür?“ Aber mein Partnerlehrer war toll und hat mich unterstützt, und das Programm war sehr erfolgreich. Wir haben viele faszinierende Dinge bei unseren Austauschen unternommen und versuchen, immer wieder etwas Neues anzubieten, um jede Fahrt interessant und spannend zu gestalten.

Hatten Sie irgendwelche Erwartungen, wie Ihre erste GAPP-Reise laufen würde?
Ich war einfach überwältigt davon, wie tief die Studenten in die Kultur eintauchten. Ich hatte erwartet, dass es mehr wie bei einigen Ausflügen sein würde, die ich unternommen hatte und bei denen wir in Hotels übernachtet und nur touristische Attraktionen gesehen haben. Aber stattdessen habe ich festgestellt, dass die Schüler etwas über richtige deutsche Haushalte und Familien lernten und echte Verbindungen aufbauten. Viele meiner Schüler sind mit ihren deutschen Partnern in Kontakt geblieben und haben sie besucht, was wirklich schön zu sehen ist.

An welche Orte fahren Sie normalerweise?
Wir starten in Marburg, fahren dann nach Heidelberg und sehen uns die Universität und die Schlossruine an. Wir haben vor kurzem Buchenwald hinzugefügt, damit die Jugendlichen ein Konzentrationslager sehen und mehr über diesen Teil der Geschichte erfahren können. Auch eine Märchentour steht auf dem Programm, und wir erkunden einige Orte, die die Brüder Grimm in ihren Märchen erwähnen. Außerdem versuche ich meistens, das Ganze um ein paar Tage zu verlängern, um auch größere Städte zu besuchen. Frankfurt ist Teil unserer normalen Reiseroute, also füge ich Städte wie Berlin, München oder Hamburg hinzu.

Wie unterscheiden sich Ihrer Meinung nach deutsche und amerikanische Schulbildung?
Drastisch. Meine Schüler waren immer beeindruckt von der Freiheit, die die Schüler in Deutschland haben. Sie besitzen so viel mehr Autonomie; zum Beispiel konnten sie einfach das Schulgelände verlassen, wenn sie eine Freistunde hatten. Auch der deutsche Unterrichtsstil ist anders, und es geht mehr darum, dass die Schüler etwas über Themen lernen und dann präsentieren. In amerikanischen Schulen wird alles genau überwacht, und es fühlt sich oft an, als wären Lehrer eher Entertainer. Ich denke, dass die deutschen Schulen den Lernstilen der verschiedenen Schüler und ihrer Fähigkeit, ins Erwachsenenalter überzugehen, besser gerecht werden.

Was gefällt Ihnen oder Ihren Schülern an Deutschland am meisten?
Ich persönlich liebe es, dass deutsche Städte so ein ausgedehntes Zentrum besitzen. Man muss nicht ins Auto steigen, um irgendwo hinzukommen; man kann die Orte zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit den ausgezeichneten öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen. In Topeka, wo sich unsere Schule befindet, haben wir kein großartiges Bussystem. In Deutschland dagegen gibt es Straßenbahnen, Busse und Züge, die man nutzen kann, das finde ich ganz toll. Und das Essen ist sehr beliebt. Ich empfehle meinen Schülern immer, sich in Deutschland ein Eis zu kaufen, ‚Spaghettieis’, weil es eines meiner Lieblingsdinge ist. Und dann gibt es noch Schüler, die große Historiker sind – es begeistert sie, all die alten Gebäude zu sehen und im Kopf Teile der Geschichte zusammenzufügen, die sie in der Schule gelernt haben.

Haben Sie eine Lieblingserinnerung aus Ihrer Zeit in Deutschland?
Ich habe eine Erinnerung, die mich immer zum Lachen bringt, und ich sage meinen Schülern, dass wir als Lehrer solche Momente brauchen. Ein Jahr waren wir während eines Feiertagswochenendes in Deutschland, also ließ ich die Schüler bei einem der anderen Betreuer in der Stadt und besuchte meine Freundin. Es war ein langes Wochenende, und wir standen zwar im Notfall zur Verfügung, aber die meisten Schüler bekamen mich ein paar Tage lang nicht zu Gesicht. Also tauchte ich erst am Montagmorgen wieder auf und war perplex, als zwei meiner Schüler zu mir gelaufen kamen und mich umarmten. Sie sagten: „Ms. Calhoun, wir brauchen Sie. Hier ist einfach so viel … Deutsch!“ Ich lachte, und sie meinten: „Wir verstehen nicht die Hälfte von dem, was gesagt wird; Wir brauchen Ihre Hilfe!“ Also machte ich ihnen klar, dass ich das wirklich zu schätzen wusste, und dass wir genau dafür da sind. Ich fand das einfach nur so süß.

Welchen Einfluss haben solche Austauschprogramme Ihrer Meinung nach auf Ihre Schüler*innen?
Nun, mein Ziel ist es, dass die Schüler die Sprache lernen und die Unterschiede in der Welt verstehen. Letzten Endes hoffe ich, dass sie sowohl die guten Elemente der deutschen Kultur erkannt haben als auch ihre eigene amerikanische Kultur schätzen, wenn sie zurückkehren. In jeder Gruppe, die ich begleitet habe, gibt es Schüler, die eine Reise zurück nach Deutschland planen oder überlegen, in Marburg zu studieren. Ein Schüler entschied sich nach seinem Austausch, Deutsch im Nebenfach zu studieren, und wird vielleicht als Lehrer zertifiziert. Ich finde das großartig! Das Wichtigste ist für mich, zu wissen, dass meine Schüler ihren Horizont erweitern. Wir kommen aus einer eng gestrickten Gemeinschaft, die sehr homogen ist, sowohl was die Herkunft angeht als auch sozioökonomisch. So können sie eine andere Kultur erleben, und ich denke, das ist toll.

Welchen Rat würden Sie Schüler*innen geben, die einen Austausch in Betracht ziehen?
Ich würde ihnen sagen, sie sollen nicht zulassen, dass ihr Stolz sich als zu stark erweist. Ich denke, das Schwierigste für die meisten Amerikaner, die versuchen, Deutsch zu lernen, selbst für mich, ist, dass wir Angst haben, dumm auszusehen oder zu klingen. Dies geschieht in der Regel, wenn meine Schüler hören, wie gut ihre deutschen Partner Englisch sprechen. Sie sagen: „Sie können das viel besser als ich. Ich spreche nicht Deutsch, weil man mich auslachen wird.“ Mein Rat ist also, zuversichtlich zu sein. Ihr werdet nicht perfekt sein, und es wird Dinge geben, die ihr nicht wisst, aber nutzt das, was ihr könnt, und kommt aus eurer Komfortzone heraus!
 

Folgen Sie uns