Daniel Villanueva

In den 1980ern machte sich Daniel Villanueva zu seiner ersten Auslandsreise auf. Das GAPP-Programm in Kooperation mit einem deutschen Gymnasium in Niedersachsen löste eine lebenslange Leidenschaft für internationale Reisen und interkulturellen Austausch aus. Er besuchte Deutschlands berühmtestes Märchenschloss, wurde in Ost-Berlin „festgenommen“ und entdeckte einen unerwartet modernen Lebensstil.

Daniel Villanueva - Alumni Portraits - German American Partnership Programm © Goethe Institut New York

Woher kommen Sie, und was machen Sie?
Ich bin Senior Director des Congress-Bundestag Youth Exchange for Young Professionals (CBYX) und der Hochschulpartnerschaften bei Cultural Vistas. Cultural Vistas ist eine gemeinnützige Austauschorganisation, die das globale Verständnis und die Zusammenarbeit zwischen Einzelpersonen und Institutionen fördert. Ich komme ursprünglich aus Glendora, Kalifornien, etwa 25 Meilen östlich von Los Angeles.

Ihr erster GAPP-Austausch nach Deutschland fand 1985 statt. Warum haben Sie sich für eine Teilnahme entschieden?
Ich hatte Deutsch als Fremdsprachenkurs in meinem ersten Schuljahr an der Highschool. Unsere Deutschlehrerin war perfekt im Rekrutieren. Sie sagte: „Schaut, wenn ihr meinen Kurs besucht, werden wir diese großartige Reise nach Deutschland machen.“ Ich war damals 14 Jahre alt und noch nie zuvor in einem anderen Land gewesen. Ich war daher sehr aufgeregt. 1984 hatte auch meine eigene Familie eine GAPP-Schülerin aus Deutschland beherbergt. Bis heute stehen meine Eltern in Kontakt zu ihr. Diese positive Erfahrung ein Jahr zuvor überzeugte meine Eltern offensichtlich, mich gehen zu lassen. Nachdem ich das erste Mal in Deutschland war, wollte ich wieder dorthin, also kehrte ich 1986 für einen zweiten Austausch mit GAPP nach Goslar zurück.

Könnten Sie Ihre Erwartungen an das Programm vor Ihrer Reise beschreiben? Wurden diese Erwartungen erfüllt?
Ich hatte schon eine Vorstellung, weil wir ja im Jahr zuvor eine deutsche GAPP-Schülerin aufgenommen hatten. Ich wusste, dass ich für ein paar Wochen eine deutsche Schule besuchen und einige Tagesausflüge und Besichtigungstouren machen würde. Aber alles, was ich über Deutschland wusste, war das, was ich aus meinen Schulbüchern erfahren hatte. Dort waren Bilder von Fachwerkhäusern und mittelalterlichen Plätzen zu sehen. Das Zentrum der Stadt, in der ich wohnte, hatte all das, aber meine Gastfamilie lebte nicht in der Innenstadt, sondern in einer sehr modernen Umgebung. So erfuhr ich schnell, dass es sich in Deutschland nicht nur um Fachwerkhäuser und Märchen dreht.

Erzählen Sie uns etwas über Ihre Zeit. Wo haben Sie in Deutschland gewohnt?
Ich besuchte Goslar, eine historische Stadt in Niedersachsen. Sie liegt an den nordwestlichen Ausläufern des Harzes. Die Altstadt von Goslar sowie die umliegenden Minen sind UNESCO-Weltkulturerbe. Meine Highschool hatte eine Partnerschaft mit dem Christian-von-Dohm-Gymnasium. Meine Gastfamilie lebte in einem Mehrfamilienhaus, das nach dem Zweiten Weltkrieg errichtet worden war, um Familien von Fabrikarbeitern unterzubringen. Der Wohnbereich war ganz anders als das, was ich aus den Vororten von L.A. kannte. Neben dem Besuch des deutschen Gymnasiums haben wir auch ein paar Ausflüge gemacht, zum Beispiel eine Skilanglauftour nahe der DDR-Grenze und eine Fahrt nach West- und Ost-Berlin im Jahr 1985. 1986 fuhren wir für ein paar Tage nach Bayern und besuchten München, Dachau und das Schloss Neuschwanstein. All diese Reisen sind für mich mit unvergesslichen Erinnerungen verknüpft.

Wie war es, als Gastschüler an einer deutschen Schule zu sein? Wie hat sich das von Ihrer Schule in den USA unterschieden?
Die Schulerfahrung in Deutschland war eine ganz andere als zu Hause. Besonders die Kurse in den Abschlussjahrgängen des deutschen Gymnasiums kamen mir viel zielgerichteter vor als in den USA. Es gab nicht so viele Unterrichtsthemen zur Auswahl, dafür gingen die Kurse mehr in die Tiefe. Und damals musste jeder Schüler meiner deutschen Schule Latein lernen – eine sehr interessante Erfahrung für mich. Ich war auch überrascht, wie viel der durchschnittliche deutsche Schüler meines Alters über die Vereinigten Staaten und ihre Geschichte wusste. Sie waren sehr an uns interessiert, was ich nicht erwartet hatte.

Wenn Sie ein Ereignis aus dieser Zeit oder eine Erinnerung auswählen müssten, was wäre das? Welcher Eindruck aus dieser Zeit ist Ihnen besonders nachhaltig in Erinnerung geblieben?
Das ist schwer zu sagen, weil es so viele gibt. Als wir zum Beispiel nach Ost-Berlin fuhren, bekamen die GAPP-Schüler und -Koordinatoren ein Tagesvisum, das leider am Ende des Tages verloren gegangen war. Die Grenzposten ließen uns also nicht zurück nach West-Berlin, sondern sperrten uns in einen Raum ohne Fenster und ohne Innentürgriffe. Wir waren dort für ein paar Stunden, aber schließlich ließen sie uns raus, und wir durften gehen. Das alles passierte im ‚Tränenpalast’, der heute ein Museum ist. Heute kann man also einfach ein- und ausgehen. Ich war danach noch einige Male an genau diesem Ort, und für mich zeigen dieses Gebäude und diese Erinnerung eindeutig, wie sich die Geschichte verändert. Der Tränenpalast war früher ein Ort, an dem man Menschen verängstigte. Jetzt ist es ein Ort, an dem man Menschen etwas über Geschichte beibringt.

Was hat Ihnen am besten an der deutschen Kultur und dem deutschen Lebensstil gefallen?
Der Lebensstil insgesamt war sehr interessant für mich, und jedes Mal, wenn ich Deutschland verließ, wollte ich zurückkehren. Aus dem Grund habe ich auch nach dem Highschool-Abschluss Deutsch studiert. Geschichte und Kultur sind den Deutschen wichtig. Selbst eine so kleine Stadt wie Goslar hat eine eigene Geschichte, die Jahrhunderte zurückreicht. In Deutschland kann man in einem sehr historischen Umfeld leben, aber mit allen Fortschrittlichkeiten des modernen Lebens. Ein weiterer wichtiger Aspekt des deutschen Lebensstils ist der öffentliche Nahverkehr. Wir konnten mit dem Bus zum Bahnhof fahren und von dort aus ganz Deutschland erreichen. Das war sehr faszinierend für mich. Wo ich aufgewachsen bin, haben wir alles mit dem Auto gemacht.

Ihr Austausch fand in einer sehr angespannten Zeit (Kalter Krieg) statt. Hat dieses politische Klima Ihren Aufenthalt in irgendeiner Weise beeinflusst, und wenn ja, wie?
Auf persönlicher Ebene hat das politische Klima unseren Aufenthalt nicht beeinflusst, da wir sehr gut betreut wurden. Politik und der Kalte Krieg waren weit von dem entfernt, was wir taten. Ich erinnere mich, dass 1985 in Ostdeutschland ein Major der US-Army erschossen wurde, zur gleichen Zeit, als wir Ost-Berlin besuchten. Diese Person, Major Nicholson, wird sogar auf Wikipedia erwähnt. Das habe ich damals nicht als historisches Ereignis wahrgenommen, aber das tue ich jetzt natürlich schon.

Wie hat diese Erfahrung im Rückblick Ihren zukünftigen Weg geprägt, privat und beruflich?
Nach der Highschool lernte ich weiter Deutsch, als ich ans College ging. Und später, während der Arbeit an meiner Promotion, konnte ich in den 90er Jahren regelmäßig nach Deutschland fliegen und stand auch nach meinem Abschluss immer in Verbindung mit Deutschland, ob privat oder beruflich. Ohne GAPP wäre ich nicht dort, wo ich jetzt bin, das ist ziemlich offensichtlich. Ich wollte schon immer in den diplomatischen Dienst oder die Politik gehen, aber es war GAPP, das mir half, mich auf transatlantische Beziehungen, insbesondere zwischen Deutschland und den USA, zu konzentrieren. Ohne die Liebe zu Deutschland und meine persönlichen Erfahrungen mit GAPP wäre es vielleicht ein interessantes Land gewesen, das man kennen sollte, aber es wäre nicht mein Lebensinhalt gewesen. Was die private Seite angeht: Meine Eltern sagten mir immer, dass ich als Weltbürger zurückgekommen sei. In Deutschland gab es viel zu mögen, wie die großartigen öffentlichen Verkehrsmittel, den Denkmalschutz, das medizinische System oder die öffentliche Bildung. Ich war bescheidener geworden, als ich aus Deutschland zurückkam, weil ich erkannt hatte, dass auch andere Länder Erfolge haben, auf die sie stolz sein können.

Stehen Sie noch in Kontakt zu Ihren ehemaligen Klassenkamerad*innen / Gastfamilien /Betreuer*innen?
Ich habe deutsche Freundschaften geschlossen, die jetzt seit Jahrzehnten bestehen. Viele meiner amerikanischen Freunde von der Highschool waren mit mir im gleichen Deutschkurs. Auch unsere Deutschlehrerin, die zugleich unsere GAPP-Koordinatorin war, war so eine besondere Persönlichkeit. Es gab zahlreiche soziale Aktivitäten, die uns zusammenschweißten, wie der jährliche ‘Apfelstrudelverkauf’, eine Spendenaktion. All das ist uns in guter Erinnerung geblieben und gibt uns einen Grund, dauerhaft in Kontakt zu bleiben.

Welchen Rat würden Sie heutigen Highschool-Schüler*innen geben, die bald an einem GAPP-Austausch teilnehmen werden?
Seid euch bewusst, dass ihr in einer Art und Weise verändert zurückkommt, wie es niemand vorhersagen kann. Seid für so viele neue Erfahrungen wie möglich offen, und macht euch keine Sorgen um das Niveau eurer Deutschkenntnisse. Jeder Deutsche, den ich traf, war freundlich und hat mir weitergeholfen. Ich kenne niemanden, der KEINE positive Erfahrung mit GAPP gemacht hat.

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