Städte funktionieren nicht nur als Netzwerke für Wohnraum, Transport, sanitäre Versorgung, Güterproduktion oder Kommunikation, sie verhalten sich darüber hinaus wie lebende Organsimen, die verdauen, altern, sich infizieren, krank werden und schließlich sterben. Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, wie schnell sich Infektionen über städtische Strukturen und die von ihnen geschaffenen Netze ausbreiten können. Dieses Netz musste plötzlich aufgegeben werden, wodurch die Stadtzentren zum Stillstand kamen wie leblose Körper.
Das Zentrum ist tot - Es lebe das Zentrum ist eine Ausstellung, die diesen Körper belebt. Sie ist ein System, das man erschließen und begehen kann und findet im heutigen Microcentro von Buenos Aires statt, einem Stadtviertel, dessen Zukunft heute aufgrund seiner aktuellen urbanen Transformation, einschließlich Gentrifizierung, umstritten ist. Die Ausstellung wird leere Räume wiederbeleben, indem sie die Türen von einigen leer stehenden Geschäften öffnet und sie als Ausstellungsorte für visuelle Kunstwerke nutzt, welche einen Dialog mit dieser unvorhergesehenen Gegenwart aufnehmen.
Die Ausstellung wird sich auch mit digitalen Kunstwerken auf die Straßen und Plätze des Microcentro ausdehnen, die das Potenzial des öffentlichen Raums aufzeigen.
Wie wollen wir zusammen leben? Oder vielmehr, wie müssen wir in den städtischen Strukturen der Zukunft zusammen leben? Die über die ganze Stadt verstreuten Kunstwerke bieten dem Betrachter Antworten auf diese Fragen und zwar in Form von Dokumenten der Vergangenheit sowie Fiktionen unserer Gegenwart und spekulieren so über die Zukunft. Metaphern und Abstraktionen sind die Grundlage dieser Vorstellungen, die uns einladen, ein neues Leben für das Microcentro zu entwerfen.
Hernán Kacew & Lívia Nolasco-Rózsás
HERNÁN KACEW wurde 1994 in Buenos Aires geboren. Er studierte Filmregie an der Universidad del Cine. Gleichzeitig nahm er an unterschiedlichen Workshops und Ausbildungsprogrammen teil, z. B. Artistas x Artistas der Stiftung El Mirador, Workshop für künstlerische Praktiken mit Lorena Fernández und Workshop für szenisches Experimentieren mit Mariana Obersztern. Derzeit absolviert er die Kunstgewerbeschule des Kirchner-Kulturzentrums. Er arbeitet als Regisseur audiovisueller Werke und entwickelt Inhalte in Zusammenarbeit mit bildenden Künstlern und kulturellen Einrichtungen. 2021 kuratierte er die Ausstellung Sin Señal im Rahmen des Festivals Byte Footage im Kulturzentrum Kirchner und 2022 die Ausstellung Huesos del Mar der Künstlerin Gal Vukusich in der Galerie Para vos norma mía. Als Künstler und Filmemacher beteiligte er sich u. a. an Ausstellungen in Munar Arte, Staatliches Historisches Museum, Museum für Lateinamerikanische Kunst - Malba, Kulturzentrum Recoleta, Internationales Festival des Unabhängigen Films Buenos Aires - BAFICI, Stiftung Arte x Arte, Stiftung Andreani und Casa Nacional del Bicentenario.
LÍVIA NOLASCO-RÓZSÁS kuratiert seit 2006 internationale Ausstellungen in Institutionen für zeitgenössische Kunst und Multimedia, unter anderem in China, Deutschland, Ungarn, Indien, Lettland, Polen, der Slowakei und Schweden. Zurzeit ist sie vor allem für das Budapester Kunstzentrum und das ZKM, Zentrum für Kunst und Medien, in Karlsruhe tätig. Zu ihren jüngsten kuratorischen Projekten gehören die Gruppenausstellungen Open Codes (2017-19 im ZKM), Global Control and Censorship (2015, ZKM), On the Edge of Perceptibility. Sound Art (2014, Budapest Art Centre) und Einzelausstellungen von Eli Cortiñas, Kerstin Ergenzinger, Shilpa Gupta, Žilvinas Kempinas, Kurt Kren und anderen. Sie veröffentlicht Arbeiten in Kunstmagazinen und hat als internationale Redakteurin bei Flash Art Hungary gearbeitet. Seit 2019 beschäftigt sie sich an der Akademie der Bildenden Künste Leipzig unter der Leitung von Beatrice von Bismarck mit kuratorischen Studien über den virtuellen Zustand und seine Auswirkungen auf den Ausstellungsraum.