Bezahlbarer Wohnraum
Die WoonBox
Die WoonBox – „eine Box zum Wohnen“ – ist ein Pilotprojekt für bezahlbaren Wohnraum, das von einer belgischen Vereinigung ins Leben gerufen wurde. Die Idee dahinter? Aufbau von demontierbaren Appartements in leerstehenden Gebäuden in Brüssel, und zwar mit sozialen Zielen.
Von Alice Dulczewski
Im belgischen Molenbeek in der Brüsseler Region steht ein Industriegebäude an einer Straßenecke, das nicht wirklich die Blicke auf sich zieht. Aber es ist nicht das Äußere, das uns interessiert. Wenn man in den zweiten Stock kommt, ist man überrascht, einen schönen Indoor-Spielplatz zu sehen, der von kleinen Gebäuden aus Holz umgeben ist. Es wirkt ein wenig surreal.
Seit einem Jahr leben etwa zwanzig Menschen in diesem seltsamen Innenviertel, das von der Vereinigung „Samenlevingsopbouw Brussel“ konzipiert und gebaut wurde. „Dieses Gebäude ist eine ehemalige Abfüllanlage“, so Projektleiterin Hanna Clarys. „Es wurde von den Jesuiten gekauft und in eine Schule umgewandelt. Das Gebäude sollte vor Beginn der Renovierungsarbeiten noch einige Zeit leerstehen, und deshalb haben wir uns mit den neuen Eigentümern darauf geeinigt, die Räumlichkeiten in der Zwischenzeit zu nutzen.“
Leerstehende Büros
Alte Fabriken, verlassene Büros ... In Brüssel gibt es Tausende großer, ungenutzter Gebäude wie dieses. Allein was die Büros anbelangt, entspricht das ganzen 978.000 m² leerstehender Fläche in der gesamten Region Brüssel. „Man schätzt, dass in Brüssel so viele Büros leer stehen, dass man darin alle Menschen unterbringen könnte, die dort auf Sozialwohnungen warten. Das sind 50.000 Menschen“, so Hanna Clarys.Samenlevingsopbouw Brussel hat in einer Stadt wie Brüssel, in der die Suche nach einer Wohnung langwierig und schwierig sein kann, in diesen leerstehenden Gebäuden immer schon Potenzial gesehen. Warum sollten diese großen Gebäude, die manchmal jahrelang leerstehen, nicht genutzt werden? Es ist möglich. Dazu muss der Eigentümer überzeugt werden, eine Vereinbarung über eine vorübergehende Nutzung zu unterzeichnen, die es der Vereinigung erlaubt, die Räumlichkeiten zu nutzen, während der Eigentümer die Zahlung einer Leerstandssteuer vermeidet.
Eine richtige kleine Wohnung
„Schon vor der Idee der WoonBox wurden kleine Wohnräume für Menschen in Not in leerstehenden Gebäuden eingerichtet“, so Hanna Clarys. „Es war bekannt, dass es sich um vorübergehende Unterkünfte handelte, denn diese leerstehenden Gebäude werden früher oder später immer renoviert und von den Eigentümern genutzt. Das Problem bestand darin, dass wir jedes Mal, wenn das passierte, alles verloren haben, was wir aufgebaut hatten.Und auf diese Weise entstand die Idee: Warum nicht Wohnungen schaffen, die sich leicht abbauen und transportieren lassen? So entstand das Prinzip der „WoonBox“. „Theoretisch kann die WoonBox innerhalb von 5 Tagen aufgebaut werden. Später kann man sie wieder abbauen, das gesamte Material einsammeln und an einem anderen Ort wieder aufbauen“, erklärt Hanna Clarys.
Es handelt sich zwar um einen Bausatz, dennoch aber ist es eine richtige kleine, komfortable Wohnung. „Jede WoonBox verfügt über eine voll ausgestattete Küche, ein Badezimmer und mehrere Schlafzimmer, die an die Bedürfnisse der Familie angepasst werden können“, fährt Hanna Clarys fort. „Wir haben auch mit der KU Leuven zusammengearbeitet, um sicherzustellen, dass die WoonBox die gleichen Standards erfüllt wie alle anderen Brüsseler Wohnungen, insbesondere in Bezug auf das Licht“, ergänzt sie.
Für wen ist die WoonBox gedacht?
Mit der WoonBox sollen nicht nur leerstehende Gebäude in Brüssel genutzt werden, sie hat auch eine echte soziale Aufgabe. „Wir bringen Personen unter, die Schwierigkeiten haben, eine geeignete Wohnung zu finden“, so Hanna Clarys. Konkret handelt es sich um Menschen, die gefährdet sind oder sich in einer schwierigen Situation befinden. „Hier zahlen sie eine sehr geringe Miete, d. h. 150 Euro für ein Paar und maximal 450 Euro für eine große Familie“, erklärt die Projektleiterin.Für dieses Pilotprojekt arbeitete Samenlevingsopbouw Brussel mit den Verbänden CAW Brussels und AprèsToe zusammen. Gemeinsam wurden diese „WoonBoxen“ Frauen angeboten, die häusliche Gewalt erlebt hatten, sowie jungen Menschen, die zuvor obdachlos gewesen waren. „Sie alle haben gemeinsam, dass sie fast schon wieder auf eigenen Füßen stehen können, sie befinden sich in der letzten Phase vor der vollständigen Unabhängigkeit“, meint Hanna Clarys. So ist „die WoonBox eine letzte kleine Hilfestellung“.
Neben der Unterbringung wird auch eine individuelle Betreuung angeboten. „Jede Person hat sich verpflichtet, sich auf ein Thema zu konzentrieren, an dem sie während der Zeit hier arbeiten möchte“ , erklärt Hanna Clarys. Wenn man eine schlechte Wohnung hat oder die Miete nicht bezahlen kann, besteht das Problem darin, dass man kaum Zeit oder Energie findet, sich auf andere Probleme zu konzentrieren. Eine ordentliche Unterkunft schafft eine gewisse Ruhe, die den geistigen Freiraum für das Bewältigen anderer Probleme im Leben bereitstellt.
Die Jesuiten sind die offiziellen Eigentümer des Gebäudes und planen, es im Mai zu übernehmen. Fast alle Bewohner des WoonBox-Viertels haben zu diesem Zeitpunkt bereits neue Unterkünfte gefunden. Samenlevingsopbouw Brussel wird sich auf die Suche nach einem neuen Ort machen, an dem es seine WoonBoxen wieder aufstellen kann, um anderen Menschen in Schwierigkeiten einen atypischen Lebensraum zu bieten.