Zivilgesellschaftliche Bildung
Netzwerken für den Wandel
NGOs, die politische Bildung fördern, standen in der Region Nordafrika und Nahost oft allein da. Projekte, welche die Vernetzung untereinander fördern, tragen bereits erste Früchte. Und immer öfters knüpfen Aktivistinnen und Aktivisten auch Kontakte zu Gleichgesinnten in Europa.
Seit 2011 sehen sich viele Länder in der arabischen Welt mit konterrevolutionären Kräften konfrontiert. Die traditionellen Eliten versuchen, ihre Position zu stärken und die Meinungs- und Versammlungsfreiheit einzuschränken. Der tunesische NGO-Aktivist Moez Ali findet klare Worte, um die politische Dynamik zu beschreiben. "Die Regierungen in der arabischen Welt wollen keine aufgeklärten Bürger, die um ihre Rechte wissen. Sie wollen Untertanen."
Für Ali und viele andere zivilgesellschaftliche Aktivisten ist es ein Missstand, dem sie die Stirn bieten. Ihre Vision: Anpacken beim Aufbau von bestandsfähigen Demokratien, in denen Bürger frei leben, mitbestimmen und ihre Meinung frei zum Ausdruck bringen können. In den vergangenen Jahren rief das Goethe- Institut zahlreiche Initiativen ins Leben, um die Stellung der Zivilgesellschaft in Nahost und Nordafrika zu stärken, darunter zwei Konferenzen zur politischen Bildungsarbeit ("Civic Education Conference", CEC) in Alexandria im Jahr 2013 sowie im tunesischen Hammamet im Jahr 2016, die das Goethe-Institut in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) organisiert hat.
Die im Rahmen der Konferenz entwickelte Zusammenarbeit zwischen Goethe-Institut und bpb erwies sich als äußerst fruchtbar. Die bpb unterstützt bereits länger die Initiative "Networking European Citizenship Education" (NECE). Delegierte aus der Region hatten die Plattform für transnationalen Austausch über politische Bildung seit 2012 besucht und entwickelten die Idee für ein arabisches Pendant. Daraus ging die Organisation "Networking Arab Civic Education" (NACE) hervor, die auf der CEC im Jahr 2016 gelauncht wurde. NACE ermöglicht es NGOs, sich zur gemeinsamen Nutzung von Ressourcen und Fachwissen untereinander und mit ihren Pendants in Europa zu vernetzen. So tragen sie gemeinsamen Problemen – wie Migration und Radikalisierung – in den nördlichen und südlichen Mittelmeerländern Rechnung.
Darüber hinaus verbindet NACE arabische NGOs mit Organisationen in Europa, darunter mit NGOs in Osteuropa. Dort erlebten viele Länder nach 1990 einen Übergang in die Demokratie und können Einblick in die damit verbundenen Lernprozesse gewähren. Außerdem stelle das Netzwerk Werkzeuge für die Stärkung von politischer Bildungsarbeit zur Verfügung, so Louisa Slavkova, Gründungsmitglied und Direktorin der "Sofia Platform", einer in Bulgarien ansässigen NGO, die sich für Demokratie einsetzt.
Die Vernetzung vollzieht sich in einem Klima, in dem sich auch viele Bürger im Westen bewusst werden, dass demokratische Kultur keine Selbstverständlichkeit ist, sondern Angriffen durch Populismus und Nationalismus ausgesetzt ist. Eine weitere Bedrohung: Gleichgültigkeit. Mona Shahien, Gründerin der Tahrir Lounge@Goethe, schildert ihre Erfahrungen während einer Einladung an deutschen Schulen und Universitäten. "Ich war überrascht, wie viele junge Menschen in Deutschland es nicht für notwendig halten, sich politisch zu engagieren. Ich sagte ihnen: ›Ihr habt etwas, das ihr respektieren und beschützen müsst.‹ Wir haben viel voneinander zu lernen."
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