Ortswechsel – Neue Perspektiven
Der Neubau in Kairo ist eröffnet

Eröffnungsfeier des Neubaus
Foto: Goethe-Institut Kairo/Nadia Mounir

Mit rund 50 Veranstaltungen, gemeinsam organisiert von allen Abteilungen, feierte das Goethe-Institut Kairo am vergangenen Wochenende 36 Stunden lang die Eröffnung seines neuen Gebäudes und bot den rund 4500 Gästen ein lange nicht gesehenes Programm kultureller Vielfalt.

Dabei war der Andrang im Neubau bereits vor der offiziellen Eröffnungsfeier groß. Sowohl die hinter dem Eingangsportal gelegene Rezeption als auch das dahinterliegende Foyer sind seit Aufnahme des Sprachkursbetriebs Anfang August stets gut besucht. Hier liegt das Sprachkursbüro. Die Wartezeiten bei der Einschreibung können die Sprachkursteilnehmenden in der Bibliothek, der Cafeteria oder dem wunderschönen Garten überbrücken. Der Neubau wurde ganz bewusst an den Rand dieses Gartens gesetzt, eine Hommage an klassische arabische Bauformen, die hier mit moderner Architektur kombiniert wurden. 

Der neue Veranstaltungssaal mit 120 Sitzplätzen ist mit modernster Technik ausgestattet. Der Raum wirkt einladend und ist deutlich größer als der zuvor in der Kairoer Innenstadt benutzte Saal. „In der Vergangenheit haben wir uns auf Filmvorführungen und Diskussionsrunden konzentriert, in dem kleinen Raum mit der schlechten Akustik waren Konzerte oder Tanzperformances schlicht nicht möglich. Dies wird sich jetzt ändern, wir starten diesen Samstag direkt mit unserer ersten Konzertreihe. Ziel ist ein gemeinsam mit lokalen Initiativen kuratiertes Veranstaltungsprogramm mit Musik, Theater, Tanz und natürlich auch weiterhin Film- und Diskussionsveranstaltungen“, so Ghada El-Sherbiny, Beauftragte für die lokale kulturelle Programmarbeit.

Das Herzstück des Neubaus ist die im ersten Stock gelegene Bibliothek. Mit einem hellen und offenen Ambiente präsentiert sie sich als Ort der Begegnung, sagt Bibliotheksleiterin Abier Megahed. „Mit der neuen Bibliothek wollen wir strahlen. Wir möchten, dass Menschen diesen Ort nutzen, um zu arbeiten und zu lernen, aber auch um sich auszutauschen. Wir wollen neben Schülerinnen, Schülern und Studierenden, die sich hier auf ihre Prüfungen und Kurse vorbereiten oder Bücher ausleihen, neue Zielgruppen ansprechen.“ Die einladende Atmosphäre mit den bequemen Sofas und der modernen technischen Ausstattung solle dazu beitragen, dass die Bibliothek auch Treffpunkt für Kultur- und Kunstschaffende sowie Personen aus dem Verlagswesen wird, so Megahed. Die neue Bibliothek bedeute einen Mehrwert für das Publikum der Sprach- und der Programmabteilung, sagt sie, seit dem Soft Opening im August könne sie sich vor Neuanmeldungen kaum retten.

Die neue Nähe der Bibliothek zu den Sprachkursen sei „das Beste am Umzug in das neue Gebäude“, wie Dina Gad, Teilnehmerin an einem Sprachkurs, bemerkt. „Jetzt ist es ganz leicht: Man kann auf dem Weg in den oder aus dem Unterricht in der Bibliothek vorbeigehen und sich dort Materialien anschauen und ausleihen.“ Zuvor hatten nur wenige Sprachkurs- und Prüfungsteilnehmende die Bibliothek genutzt, da diese mehrere Kilometer von der Sprachabteilung entfernt am zweiten Standort des Goethe-Instituts auf der anderen Nilseite untergebracht war. Kein Wunder also, dass die neue Bibliothek mit dem Umzug in den Neubau ihrem Ziel, ein Ort der Begegnungen zu werden, deutlich nähergekommen ist.

Auch die Unterrichtsräume in den oberen Stockwerken strahlen in neuem Gewand und sind technisch auf dem neuesten Stand. „Durch den Einsatz digitaler Medien im Unterricht lässt sich die deutsche Sprache viel besser vermitteln“, erzählt Nadia Tarkhan, Beauftragte für Sprachkursorganisation. „Außerdem haben wir nun 15 Klassenzimmer. Der Ausbau war dringend notwendig, die Kursteilnehmerzahlen steigen stetig, im letzten Jahr waren es 5400. Mit dem Raum, den wir in der Weißen Villa, in der wir vorher untergebracht waren, zur Verfügung hatten, war diese riesige Nachfrage nicht mehr zu bewältigen.“

Unterdessen bleibe die größte Herausforderung für das Goethe-Team das Zusammenwachsen der Abteilungen, meint Hossam Madkour, Verwaltungsleiter in Kairo. Denn während nun alle Angebote des Goethe-Instituts im Neubau vereint sind, gilt dies noch nicht für uns Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Die Leitung des Bereichs Information und Bibliothek, die Büros der Programmabteilung, die Institutsleitung und die Verwaltung verbleiben vorerst noch in Downtown. Erst nach der für Ende 2017 geplanten Fertigstellung der Renovierung der Weißen Villa, dem ehemaligen Sitz der Sprachabteilung, der direkt neben dem Neubau liegt, werden alle Abteilungen in Doqqi ansässig sein. „Die Kommunikation zwischen den verschiedenen Abteilungen über den Nil hinweg funktioniert dennoch gut, das machen wir ja schon seit 25 Jahren so“, erklärt Hossam Madkour.

Hier in Ägypten, wo freie Kulturarbeit von Jahr zu Jahr immer weiter eingeschränkt wird, wo Kulturschaffende verfolgt und bedroht werden, setzte das Goethe-Institut mit seiner Feier ein deutliches Zeichen: Es gibt ihn noch, den offenen Ort, an dem alle willkommen sind, an dem Kunst und Kultur sich frei entfalten können. Diese Orte sind rar geworden, doch wie wichtig sie weiterhin sind, zeigt die Reaktion eines unserer rund 4500 Besucher: „Nach diesen zwei Tagen hier bei euch im Goethe-Institut fühle ich, dass es doch noch Hoffnung gibt für mein Land.“

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