Berlinale Forum
Ein Festival im Festival

Willkommen zum Berlinale Forum: Hier steht mutiges und unkonventionelles Kino im Fokus. Unser Autor ist Programmberater und führt Sie durch die Filmauswahl des Jahres 2025, in der unerwartete und provokante Inhalte aufeinandertreffen. Auch in seinem 55. Jahrgang zeigt sich das Forum noch genauso erhellend, bereichernd und jung wie immer.
Von Srikanth Srinivasan
Lange Zeit war die Sektion Forum der Berlinale eine Art Festival im Festival. Im Jahr 1971 offiziell von den Freunden der deutschen Kinemathek (heute Arsenal – Institut für Film und Videokunst) unter dem Namen Internationales Forum des Jungen Films ins Leben gerufen, sollte sie die Vielfalt neuer und innovativer filmischer Ausdrucksformen aus aller Welt erkunden.
Ursprünge und Entwicklung
Die Sektion war anfangs als konkurrierende Veranstaltung zur Berlinale gedacht. Das Festival war im Vorjahr von Kontroversen erschüttert worden – auch wegen seiner angeblich konservativen Filmauswahl. Nach Verhandlungen wurde das Forum schließlich in die Organisationsform der Berlinale integriert. Nichtsdestotrotz hat sich die Sektion bei der Auswahl und Programmplanung über Jahrzehnte ihre Eigenständigkeit und Unabhängigkeit von der Gesamtleitung der Filmfestspiele bewahren können.Die unabhängige Forum-Sektion arbeitet eng mit dem Arsenal – Institut für Film- und Videokunst zusammen, das die Distribution, das Archiv und ganzjährige Filmausstellungen organisiert. Das Arsenal wählt einzelne Beiträge aus dem Forum-Programm für seinen eigenen Verleih aus, um Filmen, die sich auf anderem Wege nicht rentabel vermarkten ließen, eine weitere Verbreitung und größere Bekanntheit zu ermöglichen. Der unabhängig kuratierte Ableger Forum Expanded ist auf Experimentalfilme im kürzeren Format, Installationen und interdisziplinäre Projekte spezialisiert.
Indische Filme im Festivalprogramm 2025
Einen der Schwerpunkte des Forums bilden Filme aus dem Globalen Süden – darunter auch Indien. Im Verlauf der Jahre hatte die Sektion mehr als 60 indische Filme im Programm: Mani Kauls Duvidha (1973), Kumar Shahanis Tarang (1985), Deepa Dhanrajs Kya Hua Is Shahar Ko? (1986), Mrinal Sens Mahaprithivi (1992), Mani Ratnams Alai Payuthey (2001), Ameers Paruthiveeran (2008), Pushpendra Singhs Lajwanti (2014) und Amit Masurkars Newton (2017). Bei der Festivalausgabe 2024 waren P. S. Vinothrajs Kottukkaali und Siddharth Jatlas In the Belly of the Tiger zu sehen.Unter den 30 Spielfilmen im Programm des diesjährigen Forums befindet sich nur ein einziger indischer Beitrag: Natesh Hegdes Vaghachipani (Tiger’s Pond) ist das erste Werk in Kannada, das auf der Berlinale gezeigt wird. Hedges zweite Spielfilmarbeit (nach Pedro von 2021) erzählt von den Intrigen eines einflussreichen Geschäftsmanns, der in einem verschlafenen Dorf in den Westghats mit Macht und Einflussnahme die Kommunalwahl für sich entscheiden will. Die Hauptrollen in Vaghachipani, der mit satten 16-mm-Bildern beeindruckt, spielen Achyuth Kumar, Dileesh Pothan und der Filmemacher selbst. Im Anschluss an mehrere Vorführungstermine wird es Q&A-Sessions mit dem Filmteam geben.
Filmanmeldungen und Auswahlverfahren
Einreichungen für das Forum und die anderen Sektionen der Berlinale sind ab September möglich. Filmemacher*innen und Bewerber*innen können ihre Werke gleichzeitig für das Forum und andere Sektionen einreichen. Jede Sektion hat eigene Zulassungsbedingungen. Beim Forum müssen die Einreichungen mindestens 60 Minuten lang und verfügbar sein entweder (a) für eine Weltpremiere (der Film wurde bisher an keinem Ort öffentlich gezeigt), (b) europäische Premiere (der Film wurde nur außerhalb Europas gezeigt) oder (c) internationale Premiere (der Film wurde nicht außerhalb seines Ursprungslands gezeigt – gilt nicht für deutsche Titel).Nach der Einreichung werden die Filme von einem Vorauswahl- oder Programmkomitee gesichtet. Anschließend diskutiert Barbara Wurm – seit dem Festival 2024 Sektionsleiterin des Forums – die empfohlenen Filme mit einem Auswahlkomitee. Auch wenn es nur weniger als ein Prozent der eingereichten Beiträge in die endgültige Filmauswahl für das Festival schafft, kann die Anmeldung eines Films für Filmemacher*innen eine wertvolle Erfahrung sein. Sie trägt zur Bekanntheit des eigenen Werks sowohl innerhalb des Festivals als auch in der internationalen Filmgemeinde bei.
Das Erlebnis Forum
Berlinale-Besucher*innen ist die Unterteilung des Festivals in mehrere Sektionen nicht immer bewusst. Über die Rolle des Forums schrieb 1997, etwa ein Vierteljahrhundert nach dem Start der Sektion, einer seiner Mitbegründer, Ulrich Gregor:Wenn sich manchmal die Grenzen zwischen den einzelnen Sektionen des Festivals zu verschieben scheinen, so deshalb, weil zunehmend „junge“ und innovative, ja experimentelle Filme auch in anderen Sektionen des Festivals gezeigt werden - aufgrund einer Konkurrenz-Situation, die nach wie vor gegeben ist.