Berlinale | Kino International in Berlin
Ein Kinodenkmal wird aufgefrischt

Blickfang und Architekturjuwel: das Berliner Kino International. Nach 60 Jahren Spielbetrieb sind Umbauten fällig. Valérie Catil über Vergangenheit und Zukunft einer Kultur-Ikone.
Von Valérie Catil
Auf der Hauptschlagader Ostberlins, der Karl-Marx-Allee, steht ein wundervoller Betonklotz. Die imposante Fensterfront scheint fast in der Luft zu schweben. Drinnen gibt es einen Eingangsbereich mit aberdutzenden Deckenleuchten. Oben befindet sich die Panoramabar, ausgestattet mit schicken Midcentury-Möbeln und ganz in warmem, dunkelbraunem Holz getäfelt. Sie führt in einen schräg abfallenden Saal, in dem knapp 550 Gäste Platz finden. Zu DDR-Zeiten saß dort sogar der ehemalige DDR-Staatsratsvorsitzende Erich Honecker. Heute ist es geschlossen.
Sanieren statt improvisieren
Zum 75. Mal eröffnet die Berlinale in diesem Jahr ihre Pforten. Zum ersten Mal seit dem Mauerfall im Jahr 1989 jedoch ohne dieses Gebäude im Bezirk Friedrichshain: Das vom Architekten Josef Kaiser entworfene Kino International. Denn das schönste Kino Berlins, so darf man es schon nennen, steckt mitten in Umbauarbeiten. Mehr als 60 Jahre lang war das Kino durchgehend geöffnet. Nun ist es zum ersten Mal in seiner Geschichte für längere Zeit geschlossen.
Schöner Blick aus der Panoramabar | Foto (Detail): © mauritius images / EyeEm / Markus Spiering
Bis heute wurde das Gebäude nie grundlegend saniert. „Das war jetzt dringend nötig,“ sagt Thore Horch, Ansprechpartner für die Sanierungsarbeiten. Er arbeitet bei der Yorck Kinogruppe, die das Gebäude Mitte der 1990er-Jahre gekauft hat. „Das Haus hat zwar immer funktioniert, aber nur mit viel Improvisation.“ Das Dach sei undicht gewesen, das Parkett restaurierungsbedürftig und auch die Verkabelung entsprach längst nicht mehr den Standards: „Als jemand die Spülmaschine nicht richtig in Betrieb genommen hatte, sind bei einer Premiere auf einmal die Kronleuchter in der Panoramabar ausgefallen.“ Dennoch habe, was die Elektrik angeht, nie Gefahr bestanden.
Bei den Sanierungsarbeiten arbeite das Kino mit Restaurator*innen zusammen, „Leute, die darauf bedacht sind, dass es danach so aussieht wie vorher", sagt Horch. Angst davor, dass man das Kino nach dem Umbau nicht wiedererkennt, müsse man also nicht haben. „Es hat danach zwar nicht keine Kratzer, aber weniger", fügt er hinzu. Das heißt, es werde mehr strahlen, aber seine originale Ästhetik behalten.
Unbedingt erhaltenswert
Diese ist einmalig: Mit seiner monumentalen Außenarchitektur erinnert der Bau eher an ein Ufo als an ein Kino. Abgesehen von der großen Glasfront hat das Gebäude drei fensterlose Wände. Die Seiten sind fast 50 Meter lang und vollständig bedeckt von enormen künstlerischen Reliefs. Große Betonplatten, konzipiert von den Bildhauern Waldemar Grzimek, Hubert Schiefelbein und Karl-Heinz Schamal, sind darauf zu sehen. Sie bilden Menschen in alltäglichen Szenen, aber auch bei der Arbeit oder beim Sport ab. Die Reliefs tragen den Titel Aus dem Leben heutiger Menschen.Diese Äußerlichkeiten beim Umbau nicht zu verändern, ist ein Muss. Denn seit 1990, dem Jahr, in dem das Kino International zum ersten Mal Spielstätte der Berlinale war, steht das Gebäude unter Denkmalschutz. Zu DDR-Zeiten diente es als Premierenkino. Premierenkinos zeichnen sich dadurch aus, dass sie repräsentativ sind, also schön aussehen, und dass es einzig einen Saal gibt, in dem der Film vor großem Publikum uraufgeführt wurde. Nur ein Saal? Das ist unüblich für Kinos. Zwar gibt es heute auch in Berlin noch einige Einsaalkinos, oft handelt es sich dabei aber um Theater oder Tanzlokale, die später zu Kinos umgebaut wurden. Das Kino International ist auch in der Hinsicht berlinweit eine Rarität.

Das Relief am Berliner Kino International zeigt Menschen in Alltagsszenen | Foto (Detail): © mauritius images / Zoonar GmbH / Alamy / Alamy Stock Photos
Vorfreude auf 2027
So feierte zum Beispiel Solo Sunny von Konrad Wolf, ein Film der DEFA (Deutsche Film AG) mit Sitz in Potsdam-Babelsberg, seine Premiere im Kino International. Auf der Berlinale 1980 erhielt die Hauptdarstellerin Renate Krößner für ihre Rolle als titelgebende Sunny den Silbernen Bären als beste Darstellerin. Dieses Jahr ist Solo Sunny restauriert in der Sektion „Berlinale Classics“ zu sehen.Auch dass sich die filmhistorische Sektion „Retrospektive“ ausgerechnet 2025 dem deutschen Genrefilm widmet, wirkt wie eine verpasste Chance, hätte man die Siebzigerjahre-Filme doch so gerne über die Leinwand des Kino Internationals flackern sehen. Zwar kann das Kino bei der diesjährigen Berlinale keine Gäste empfangen, doch es steht fest, dass es in Zukunft nicht fehlen wird. „Wir werden ab 2027 wieder mit dabei sein“, verspricht Thore Horch von der Yorck Gruppe. „In welcher Form wissen wir noch nicht.“