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Max Mueller Bhavan | Indien

Berlinale | Filmkritik „Yunan“
Erinnerung und Verbundenheit

Szene aus dem Film „Yunan“ von Regisseur Amir Fakhr Eldin. Im Bild Georges Khabbaz und Hanna Schygulla
Szene aus dem Film „Yunan“ von Regisseur Amir Fakhr Eldin. Im Bild Georges Khabbaz und Hanna Schygulla | Foto (Detail): © 2025 Red Balloon Film, Productions Microclimat, Intramovies

Amir Fakher Eldin präsentiert in seinem Film „Yunan” eine tiefgründige philosophische Geschichte, die sich mit den Fragen von Existenz und Tod auseinandersetzt. Es ist der einzige arabische Spielfilm im offiziellen Wettbewerb der Berlinale 2025.

Von Ahmed Shawky

Schafft ein Regisseur bewusst Filme, die seine inneren Obsessionen und Ängste widerspiegeln, oder ist seine Kunst ein natürliches Echo dessen, was in ihm steckt? Und müssen wir uns erst dem Ende nähern, um die Freude am Leben voll und ganz genießen zu können? Amir Fakher Eldins Film Yunan bewegt sich zwischen den Polen Identität, Erinnerung und Verzweiflung. 

In der abrahamitischen Mythologie ist Yunan der Name des Propheten Yunus, der von einem Wal verschluckt wurde. Er ließ sein Volk im Stich, weil es sich geweigert hatte, an seine Botschaft zu glauben. Nach drei Tagen im Bauch des Wals wurde er von Gott gerettet. Er wandelte seine Geschichte zu einer universellen Metapher für die Verzweiflung, die in die Sackgasse führt, aber auch für die Erneuerung der Hoffnung, selbst in den dunkelsten Momenten.

Vielleicht ist das der Grund, weshalb der Regisseur Ameer Fakher Eldin den Titel Yunan für seinen zweiten Spielfilm wählte, den einzigen arabischen Film, der im 75. Internationalen Wettbewerb der Berlinale vertreten war, wobei auch Deutschland, Kanada, Italien neben arabischen Staaten zu den produktionsländern zählen. Das Thema der Verzweiflung und Orientierungslosigkeit zieht sich durch den gesamten Film, genau wie im ersten Werk des Regisseurs, Al Ghareeb (The Stranger). Es war der erste Teil einer Film-Trilogie, Yunan ist der zweite.

Der Regisseur gab seiner Hauptfigur den Namen Mounir Noureddine, ein Name, der als dramaturgisches Gegenstück zum Namen des Regisseurs gelten kann. Mounir, ein Araber aus einem nicht näher spezifizierten Land, lebt in der deutschen Großstadt Hamburg. Dort arbeitet er als Schriftsteller und macht eine existenzielle Krise durch. Amir Fakher Eldin selbst ist in der Ukraine geboren, seine Eltern stammen aus dem Golan (Syrien). Dies ist ein perfektes Beispiel dafür, wie das Kino ein Spiegelbild des Lebens eines Künstlers ist, durch das er versucht, seine Sorgen auszudrücken und über seine Beziehung zu sich selbst und zur Welt nachzudenken.

Erinnerungen verloren – Verbindung unterbrochen

Die Themen Erinnerung und Kommunikation stehen im Mittelpunkt des Filmprojekts von Fakhr Eldin, wie in Yunan und davor in Al Ghareeb zu sehen ist. Die Figuren in diesen beiden Filmen erleben einen Schmerz, der für Außenstehende schwer zu erklären ist. Sie leiden unter einer Anhäufung von Jahren der Entfremdung, des Umherirrens und der verlorenen Träume. Mounirs Mutter, mit der er elektronisch kommuniziert, erkennt ihn nicht, und er kann die Geschichte vom verfluchten Hirten, die ihm seine Mutter erzählt, nicht wiederfinden.
Das Verschwinden der Erinnerung bringt Mounir keine Befreiung, im Gegenteil. Er scheint in einer Enge gefangen zu sein, unfähig, die Vergangenheit zu begreifen und mit der Gegenwart zu kommunizieren. In einem Zustand andauernder Isolation sucht Mounir Zuflucht auf einer abgelegenen Insel im Norden Deutschlands, angeblich dem Rat eines Arztes folgend, in Wirklichkeit aber, um seinem Leben ein Ende zu setzen.

Eine zufällige Begegnung führt Mounir (Georges Khabbaz) in ein Gasthaus, das von einer deutschen charakterstarken Frau, Valeska (Hannah Schygulla), geführt wird. Ihr häufig gewaltbereiter Sohn sperrt sich gegen die Anwesenheit des Fremden. Doch als ein heftiger Sturm die Insel zu überfluten droht, ändert sich die Dynamik. Nach und nach entwickelt sich die Beziehung zwischen Mounir, Valeska und ihrem Sohn. Es gelingt Mounir, sich teilweise wieder anderen anzunähern, soweit sie den gemeinsamen Raum nutzen.
Ameer Fakhr Eldin

Der in Deutschland lebende Autor und Regisseur Ameer Fakher Eldin wurde 1991 in Kyiv, Ukraine, als Sohn syrischer Eltern geboren. Sein Spielfilmdebüt „The Stranger” wurde auf den 78. Internationalen Filmfestspielen von Venedig uraufgeführt und erhielt den Edipo Re Award. Der Film war offizieller Beitrag von Palästina bei der 94. Oscarverleihung. Auf dem 43. Internationalen Filmfestival von Kairo bekam er den Preis für den besten arabischen Film und den Shadi-Abd-El-Salam-Preis für den besten Film im Wettbewerb der Internationalen Kritikerwoche. | Foto (Detail): © Martin Kunze

Einzigartiges visuelles Erlebnis

Ameer Fakher Eldins zweiter Film ist ein besonderes Werk. Es braucht ein Publikum, das bereit ist, der Geschichte und den Charakteren für ihre Entwicklung Zeit einzuräumen, damit man in ihre Welt eintauchen kann. In seiner leisen Art vom Erbe des poetischen Kinos durchdrungen, bietet es eine zeitgenössische Neuinterpretation des Genres.

Die Filme von Ameer Fakher Eldin mögen sehr einfach erscheinen, wenn man sich nur fragt, was mit den Protagonisten passiert. Aber sie bekommen eine ganz andere Tiefe, versucht man auszuloten, was in ihnen vorgeht.

Die unterschiedlichen Wurzeln des Regisseurs bereichern sein filmisches Werk. Sie liefern ihm nicht nur dichtes Erzählmaterial, sondern verleihen diesem auch eine Tiefe verleihen, die sich scheinbar mühelos offenbart. In Fakher Eldins Filmen verschmelzen zahlreiche Einflüsse – von Abu al-Tayyib al-Mutanabbi über Tausendundeine Nacht bis hin zu Andrej Tarkowski und Béla Tarr – zu einem einzigartigen Erlebnis. Es ist gemacht für ein Publikum, das auf der Suche nach einem Kino voller Poesie und Reflexion ist.

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