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Digitale Medien
Neue Online-Nachrichten-redaktionen in Indien

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Indien ist einer der größten Medienmärke der Welt und verfügt über einzigartige Online-Nachrichtenredaktionen. Dennoch ist es an der Zeit, dass althergebrachte Medien sich Gedanken zu den Themen digitale Innovation und Integration machen.

Von Nimish Sawant

Mit knapp 200.000 Printerzeugnissen und mehr als 400 TV-Nachrichtensendern ist die Medienlandschaft in Indien sehr vielfältig. In den vergangenen Jahren ist auch die Zahl der Online-Nachrichtenwebsites stetig gestiegen. Bestehende News-Websites, die zu Zeitungen oder TV-Sendern gehören, stehen so im Wettbewerb zu jenen Nachrichtenanbietern, die nach der Devise digital first, also im Online-Bereich agieren. Laut einer Studie von ComScore aus dem Jahr 2019 ist Indien mit 287 Millionen einzeln gezählten Nutzern sogar der zweitgrößte Online-Nachrichtenkonsument der Welt.
 
Die wachsende Anzahl von Online-Newsseiten in Indien muss im Zusammenhang mit der Entwicklung auf dem Sektor der mobilen Geräte gesehen werden. Laut einer Studie von Cable UK zahlt man in Indien durchschnittlich $ 0,09 pro GB an mobilen Daten. Das ist derzeit der günstigste Tarif auf der ganzen Welt. So konsumiert man hier durchschnittlich 9,8 GB an mobilen Daten im Monat. 500 Millionen Menschen in Indien besitzen ein Smartphone. Es ist also nicht verwunderlich, dass diese Geräte ein sehr wichtiges Medium zur Nachrichtenverbreitung sind.
 
Das Zeitalter der digitalen Nachrichten wurde in Indien von den etablierten Medien eingeleitet, als diese mit ihren eigenen Nachrichtenwebsites antraten. Diese sollten eigentlich nur eine Produkterweiterung, sprich ein zusätzliches Online-Angebot neben den Print- und TV-Formaten sein. Das Konzept der speziell auf digitalen Inhalt ausgerichteten Redaktionen setzte sich dann vor rund zehn Jahren durch, als Network18 im Jahr 2011 die Seite Firstpost.com startete. Seither hat sich eine neue Art von News-Websites rasant vermehrt, die keine etablierten Medien im Rücken hat. 

Online-Nachrichtenredaktionen: Auswirkungen und Herausforderungen

„Wenn man sich die bahnbrechenden investigativen Geschichten des vergangenen Jahres anschaut, stellt man fest, dass diese meist von eben jenen neuen Medienorganisationen kamen. Das sagt viel über die Mainstream-Medienhäuser aus“, erklärt der freie Journalist Kunal Purohit.
 
Journalism
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Der Journalist, Autor und ehemalige Nachrichtenredakteur Samrat Choudhury findet, dass die alteingesessenen Nachrichtenanbieter durchaus die Kapazitäten haben, solche Storys zu recherchieren, es ihnen jedoch an Willen fehlt, diese zu veröffentlichen. Die Redaktionen, so der Branchenkenner, stehen unter immensem Druck, den Status Quo beizubehalten und die Machthaber nicht in Bedrängnis zu bringen. Zwei unabhängige Online-News-Redaktionen, The Wire und The Quint, stehen seit einiger Zeit an der Speerspitze der investigativen Reportage und scheuen sich nicht davor, wichtigen Persönlichkeiten unbequeme Fragen zu stellen. Dies hat zur Folge, dass die Redaktionen beider Organisationen auf viel Widerstand und Diffamierung gestoßen sind und sogar Angriffe auf ihre Büros hinnehmen mussten.
 
Purhohit berichtet oft aus den ländlichen Gegenden Indiens und glaubt, dass die unabhängigen Online-News-Websites hier nur eine geringe Reichweite haben und außerhalb der großen Städte kaum bekannt sind. „Viele dieser Websites sind zum Teil auf Hindi oder einer regionalen Sprache. Auf dem Land werden zwar sehr viele mobile Daten verbraucht, in Sachen Nachrichten sind hier aber nur die Massenmedien einflussreich“, so Purohit.
 
Während Nachrichtenseiten auf Englisch – einer Sprache, die lediglich von einem Bruchteil der Bevölkerung gesprochen wird – nur von einer begrenzten Leserschaft wahrgenommen werden, haben sie dennoch den meisten Einfluss, da sie letztlich die richtigen Leute erreichen. „Solche Online-Seiten auf Englisch sprechen wichtige Entscheidungsträger und andere Menschen an, die viel zu sagen haben. Darum sind sie auch sehr einflussreich. Im Zeitungsbereich hat entsprechend der Indian Express nur eine geringe Reichweite, dennoch ist die Zeitung sehr wichtig, da sie von vielen Politikerinnen und Politikern gelesen wird“, so Manisha Pande, leitende Redakteurin von Newslaundry, einer werbefreien Online-Nachrichtenseite.

Besondere Online-Nachrichtenredaktionen 

Abgesehen von pan-indischen Nachrichten-Websites gibt es auch einige neue Medien, die sich an ein Nischenpublikum richten. So konzentriert sich The Better India inhaltlich etwa auf eine positive, lösungsorientierte Berichterstattung, während sich The News Minute vor allem an die Staaten im Süden Indiens richtet. EastMojo hat ihren Hauptsitz in Assam und bringt vor allem Nachrichten aus dem Nord-Osten des Landes, einer Region, die ansonsten von den nationalen Nachrichtenmedien nicht viel Aufmerksamkeit erfährt. Die News-Seite IndiaSpend hat sich einem datenbasierten Journalismus verschrieben und bringt vor allem umfangreiche und mit Datenmaterial angereicherte Reportagen. Alt News hat sich als die faktenüberprüfende Website in Indien etabliert.
 
Die Seite Newslaundry („Nachrichten-Wäscherei“) hebt sich in diesem Bereich deutlich von den anderen ab, denn das Medium ist nicht nur werbefrei, sondern auch die einzige Website, die die Nachrichtenlandschaft in Indien als solche kommentiert. Hier versucht man, den Menschen klarzumachen, dass man Nachrichten bezahlen muss, wenn man nicht nur werbefinanzierte Mainstream-Medien konsumieren möchte, bei denen das öffentliche Interesse nicht an erster Stelle steht. „In den vergangenen vier bis fünf Jahren sind die Mainstream-Medien extrem abhängig geworden“, erklärt Pande, „und der Leserschaft wird so langsam klar, dass sie übers Ohr gehauen wird.“

Online-Medien: Auch hier herrscht politischer Druck

Vor dem Hintergrund, dass die Online-Medien nicht unbedingt den wohlhabenden Medienhäusern gehören, könnte man vermuten, dass der politische Druck hier eher gering ist. Die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus. So hat etwa der Chefredakteur von IndiaSpend, einer Datenjournalismus betreibenden Website, gekündigt, nachdem die Seite eins ihrer Projekte namens „Hate Crime Watch“ eingestellt hatte. Mit Hilfe des Projektes wurden durch Hass oder Vorurteile begangene Verbrechen dokumentiert. Als einer der Gründe gab er Druck seitens der Politik an.
 
„Es hängt auch viel von den Unterstützern und Investoren solcher Online-Seiten ab. Politischer Druck wird immer vorherrschen. Wenn man sich gegen das Establishment richtet, werden alle Förderer des Mediums in dem gleichen Licht gesehen“, erklärt Pande. Die Ethik spielt also oftmals nur eine untergeordnete Rolle. Choudhury ist der Ansicht, dass die Online-Medien sich gegenseitig unterstützen und zusammenarbeiten sollten.
 
Politics and Media
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Für die Besitzer eines solchen Mediums ist Journalismus nur eins von vielen Geschäftsinteressen. Eines der größten Medienhäuser Indiens, Network18, gehört etwa dem reichsten Mann Indiens, Mukesh Ambani von Reliance Industries (RIL). Die weiteren Hauptgeschäftsfelder von RIL sind die petrochemische Industrie, Textilien und Telekommunikation.
 
Würden regulierende Richtlinien in diesem Bereich etwas bringen? Derzeit müssen sich die indischen Online-Medien an das Regelwerk des Technology Act 2000 halten, von dem viele Thinktanks glauben, dass es viel strenger reglementiert als dies im TV- und Printmedienbereich der Fall ist. Für Choudhury steht fest: Jedwede Art der Einflussnahme seitens der Regierung ist nicht wünschenswert. „Immer, wenn die Politik sich einmischt, spielt man das Spiel am Ende im Sinne der regierenden Partei“, so seine Einschätzung.
 
Trotz alledem steht fest, dass die Online-Medien nicht mehr wegzudenken sind und die alteingesessenen Medien sich der digitalen Innovation und Integration stellen müssen. Denn so wie die derzeitigen Zeitungen und TV-Sender arbeiten, können sie auf Dauer nicht überleben.
 
„Die aktuelle Corona-Pandemie, aufgrund derer viele Zeitungen in zahlreichen Teilen des Landes geschlossen werden mussten, zeigt deutlich, dass alteingesessene Verlagshäuser ihre digitalen Strategien noch einmal überdenken müssen“, befindet Pande. Dabei stehen sie allerdings vor der Herausforderung, ein robustes Geschäftsmodell zu entwickeln, das vor existentiellen Bedrohungen schützt.

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