Frauengesundheit
Mit Hygieneartikeln zu Selbstbewusstsein

Herstellung von Hygieneartikeln in Pune
Herstellung von Hygieneartikeln in Pune | © Foto: Neel Paradkar

Ihr Anliegen der weiblichen Gesundheit hat die Ärztin Laila Garda zur Unternehmerin werden lassen. In ihrer Manufaktur im indischen Pune verdienen Frauen den eigenen Lebensunterhalt, indem sie Hygieneartikel herstellen.

Zwölf Frauen arbeiten fleißig und konzentriert in einem Arbeitsraum im Industriekomplex Hadapsar in Pune (Indien). Einige von ihnen beugen sich über Tische und sortieren Baumwolle. Andere Frauen wiegen währenddessen Baumwolle, bevor sie diese an Kolleginnen weitergeben, die mit Pressformen bereitstehen, um sie in eine perfekt rechteckige Form zu bringen. Gemeinsam produzieren die Frauen Hygienebinden und verdienen mit Würde ihr Einkommen.

Die meisten Arbeiterinnen entstammen den unteren sozialen Schichten, freuen sich über ihre Arbeit und sind auf jede von ihnen hergestellte und verpackte Packung mit Hygienebinden stolz. Ihre so würdevolle Arbeit verdanken sie Dr. Laila Garda und deren Engagement – einer stets liebenswürdigen Person mit einem offenen Ohr für alle Probleme, die ganz uneitel die Arbeit für sich sprechen lassen möchte. Ihre Anteilnahme an Leben der jungen Frauen wie eigene Beobachtungen und Recherchen brachten sie dazu, diese Manufaktur zu eröffnen. Von Hause aus ist sie gar keine Geschäftsfrau, sondern Ärztin. Sie ist allerdings überzeugt, dass ihr das Medizin- und Chirurgiestudium am Mahatma Gandhi Institute of Medical Sciences in Sewagram auch für ihre heutige Arbeit wichtige Impulse mitgegeben hat.

Der Stigmatisierung und Tabuisierung entgegenwirken

Seit 20 Jahren schon arbeitet Dr. Garda unermüdlich in ländlichen oder städtischen Slums. 2007 kam sie mit der NGO HelpLife in Kontakt, einer als gemeinnützig anerkannten Stiftung, die von Dr. Neelam Bhardwaj ins Leben gerufen worden war. Der ausgewiesene Experte für das Gesundheitswesen erhielt national wie international viel Anerkennung für sein Bemühen, die Reproduktionsgesundheit von Frauen in entlegenen und widrigen Gegenden Indiens durch eine modernere Ausstattung zu verbessern.

Mit Hilfe von HelpLife entwarf Dr. Laila Garda ein Praktikumsprogramm, das sich um junge und jugendliche Frauen mit Behinderungen kümmert. Die Stigmatisierung von Betroffenen mit Behinderungen, insbesondere die von Kindern mit eingeschränkter Mobilität, ist im Land weit verbreitet. Kinder und Jugendliche, die in Rollstühlen sitzen oder sich sonstwie nur unter Schwierigkeiten von einem Ort zum anderen bewegen können, finden nur schwer einen Platz in Indiens Gesellschaft. Behinderte Mädchen werden im Land meist nur zu Hilfsarbeiten eingesetzt – wie beim Papadum-Backen oder Gurkeneinlegen. Im einem befördernden Umfeld hingegen können sie arbeiten wie eine Mensch ohne Behinderung – was Helplife bewiesen hat. Die NGO betreut insgesamt 18 Mädchen und hat sie in drei Apartments in Kondhwa untergebracht. Sie leben in einer ansprechenden Umgebung, während sie ihre Ausbildung absolvieren. Die Mehrzahl der Mädchen, die das Programm durchlaufen haben, haben einen Master-Abschluss gemacht und konnten gut bezahlte Jobs finden. Dr. Garda, die ständig mit den Mädchen in Kontakt steht und sie als Ausbilderin betreut, machte sich darüber Gedanken, wie man die jungen Mädchen am besten über ihre vielen Fragen zur Hygiene und Reproduktionsgesundheit aufklären und ihnen ihre Ängste nehmen könnte.

  • Hygieneartikel © Foto: Neel Paradkar

  • Hygieneartikel © Foto: Neel Paradkar

  • Hygieneartikel © Foto: Neel Paradkar

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  • Hygieneartikel © Foto: Neel Paradkar

  • Hygieneartikel © Foto: Neel Paradkar

  • Hygieneartikel © Foto: Neel Paradkar

  • Hygieneartikel © Foto: Neel Paradkar

Während der Recherchen zum Thema fiel ihr auf, dass viele der Mädchen in Indien Stoffstücke statt Hygienebinden benutzten – zum einen weil diese weniger kosten und leichter erhältlich sind, zum anderen auch aufgrund traditioneller Mythen und eingeführter Konventionen: So gibt es die uralte und weiterhin gepflegte Tradition, während der Menstruation Stoffstreifen zu verwenden. Der durchaus ausgiebig gewaschene Stoff wird allerdings oft unter der übrigen feuchten Wäsche nicht richtig trocken. Es ist nämlich ein Tabu, die Stofffetzen offen zum Trocknen aufzuhängen. Die im Stoff verbleibende Feuchtigkeit führt dann leicht zu verschiedenen Pilzerkrankungen. Da sich in den ländlichen Gegenden Indiens die Frauen innerhalb armer Familien die Stofffetzen oftmals teilen, werden Krankheiten so leicht weitergegeben. Über die Menstruation oder die Menstruationshygiene zu sprechen, ist selbst innerhalb der Familie ein Tabu. Es kommt nicht selten vor, dass Mütter ihre Töchter ermahnen, während der Periode fünf Tage lang nicht ein Wort mit den Jungen in der Schule oder im Freundeskreis zu wechseln, da es heißt, Mädchen seien während der Menstruation sexuell aktiv.

Lösungsansätze finden

Als ihr das Ausmaß des Problems für viele Mädchen und Frauen bewusst geworden war, nahm sich Dr. Garda des Themas an und begann alles dafür zu tun, den Gebrauch von Stoffstreifen einzudämmen und Mädchen dazu zu ermuntern, stattdessen Hygienebinden zu benutzen. Mit der Hilfe von HelpLife sprach sie eine Reihe von Herstellern an und fand schließlich in Mathura einen Kooperationspartner, der ihre Initiative zu unterstützen bereit war: Mr. Mahesh Khandelwal. Nach vielen Recherchen, Versuchen und langwieriger Entwicklungsarbeit konnte eine Herstellungsmethode zur kostengünstigen Produktion von Hygienebinden entwickelt werden – die nun zum Preis einer Tasse Tee verkauft werden. Und dies mit Maschinen, die sich auch für Ungelernte leicht bedienen lassen. Unterstützung bei der Umsetzung bekam man von zahlreichen sozialengagierten Partnern und durch Vorstände von Unternehmen, die sich für Frauenrechte und Nachhaltigkeit einsetzen, und schließlich konnte man ein Auswahlverfahren für das Förderprogramm starten.

Mit Hilfe der erhaltenen finanziellen Förderung wurde im Februar 2016 in Hadapsar eine vollwertige Produktionsanlage in Betrieb genommen. Nach Bewerbungsgesprächen mit etwa 84 Frauen wurden die zwölf bedürftigsten unter ihnen ausgewählt. Die Stigmatisierung von allem, was irgendwie mit der Menstruation zu tun hat, führte dazu, dass einige der Bewerberinnen einen Rückzieher machten, als sie von der konkreten Arbeit erfuhren. Sie hielten die Arbeit für erniedrigend und gaben an, ihre Familien würden es ihnen nicht erlauben, an einem solchen Projekt mitzuarbeiten. Die zwölf ausgewählten Mitarbeiterinnen produzieren heute 60 Päckchen mit Damenbinden in einer Vier-Stunden-Schicht; eine Packung mit acht Einlagen wird für 20 indische Rupien verkauft (etwa 25 Euro-Cent).

Vernünftig und sehr praktisch

Unlängst wurde Laila Garda für ihre Arbeit und ihr Engagement um die Gesundheitsvorsorge und -entwicklung ausgezeichnet. Oft erhält sie Einladungen von Schulen und Colleges, um über Themen wie Sex und Sexualität zu sprechen. Dennoch gibt es in ihrer Auffassung immer noch viel zu tun, denn es gilt, noch viel mehr Frauen in den Dörfern zu erreichen und weiter aufzuklären. Dabei hat Dr. Garda den Eindruck, dass die Frauen in ihrer Produktionsstätte mittlerweile verstehen, wie wichtig die Hygienebinden sind und dass sie ein Versprechen auf ein gesünderes Leben sind.

Mahananda Fulsure arbeitet als Vorarbeiterin in der Einrichtung: „Wir haben diese Frauen ausgebildet, und jede von ihnen ist mit dem gesamten Arbeitsablauf vertraut und arbeitet mal an jeder Stelle in der Produktionskette.“ Shaheen Khan hat vier Töchter und einen Ehemann, der von Gelegenheitsarbeiten lebt: „Anfangs hatte ich Vorbehalte gegenüber dieser Arbeit. Dann aber merkte ich, wie leicht es ist, die Hygienebinden herzustellen, und dass sie auch wirklich praktisch sind. Also entschied ich weiterzumachen. Ich verkaufe sie auch an meine Nachbarinnen. Es ist ein vernünftiges Produkt und sehr praktisch.“

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