Die teilnehmenden Übersetzer*innen, dem Projekttitel folgend unsere "Rohdiamanten", beschäftigten sich im Verlauf des reichhaltigen Programms mit ausgewählten Texten und nahmen an verschiedenen Workshops teil, um ihre fachlichen Kompetenzen zu erweitern und zu verfeinern. Der intensive Austausch untereinander sowie mit den Mentor*innen war ein weiteres wichtiges Element der Akademie.
In der Rubrik „Translator´s Note“ (innerhalb des jeweiligen Profils) berichten die Teilnehmer*innen darüber, wie sie vom Programm der Akademie profitieren konnten bzw. welche Aspekte sie bei ihren Übersetzungen besonders berücksichtigt haben.
Hätte mich nicht einer meiner Freunde über dieses Programm informiert, hätte ich viele Gelegenheiten versäumt, etwa Vorträge von bekannten und erfahrenen Übersetzern zu hören, mit vielen Mitübersetzern Meinungen auszutauschen, beim Übersetzen auch jenseits der Wörter die kulturellen und historischen Hintergründe der Texte mitdenken zu lernen, Einflüsse auf die Autoren zu berücksichtigen und einiges mehr.
Ich schätze mich glücklich, am Programm der Digital Translation Academy des Goethe-Institut Südasien teilgenommen zu haben. Es war ein echtes Erlebnis für mich. Gemeinsam lasen wir die ausgewählten Texte, diskutierten miteinander, erarbeiteten unsere jeweiligen Konzepte, lasen uns gegenseitig erste Fassungen unserer Übersetzungen vor und konnten dabei viel voneinander lernen. Manchmal fanden wir in unserem Kreis die richtigen Wörter, oder wir erfassten die Stimmungen. Es hilft, Meinungen auszutauschen. Aber das ist nicht alles.
Unsere Mentoren gaben uns mit ihren entsprechenden Aufgabenstellungen stets eine gute Orientierung, etwa wie ein Text zu lesen ist, wie man die richtigen Fragen daran stellt, oder wie man die subtilen Besonderheiten eines Textes entdeckt. Während des Programms haben wir uns mit vier Texten beschäftigt: die Erzählung Die Hochzeit von Felicitas Hoppe, das Gedicht Der Spaziergang von Friedrich Hölderlin, das vor etwa zweihundert Jahren geschrieben wurde, das Gedicht mit dem ähnlich lautenden Titel Spaziergang von Michael Krüger sowie schließlich der Aufsatz Der Einbruch eines staatlichen Auftrags in die Familie. Frauentag und Diktatur von Herta Müller.
Auf der Grundlage unserer ersten Übersetzungsfassung luden wir die anderen Teilnehmenden zu einer Debatte ein, während der sie unterschiedliche Aspekte unvoreingenommen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachteten oder den Rahmen der Möglichkeiten, mit Wörtern und idiomatischen Ausdrücken zu arbeiten, erweiterten. Wir berücksichtigten die unterschiedlichen Hintergründe der Autoren, und wir setzten die Verwendung bestimmter Wörter in einen Zusammenhang. Ein Beispiel: Das erste, sehr lange Satzgefüge der Erzählung Die Hochzeit wurde von jedem Teilnehmer unseres Teams unterschiedlich übersetzt, dabei zeigte jede Übersetzung neue Möglichkeiten, mit dem Text zu arbeiten. Nachdem wir unsere jeweils erste Fassung von Der Spaziergang von Hölderlin vorgelesen hatten, äußerten sich anschließend unsere Mentoren dazu und erläuterten die Lebensgeschichte bzw. späteren Lebensphasen des Dichters. Das führte dazu, dass wir alle unsere Vorgehensweise vollständig änderten. Dies ist ein tolles Beispiel für die Workshop-Arbeit.
Darüber hinaus erörterten wir ausführlich die Ansichten von Koryphäen wie Walter Benjamin, Martin Heidegger, Rudolf Pannwitz, Friedrich Schleiermacher oder Hans-Georg Gadamer. Wir sprachen im Einzelnen vor allem über deren Perspektiven hinsichtlich kultureller Begrenzungen, Denkungsarten verschiedener Sprachen und deren Beziehungen zur Übersetzung. Wir setzten uns während der Sitzungen mit unterschiedlichen Fragen auseinander, etwa inwieweit wir dem Original gegenüber treu bleiben sollten, inwiefern wir die Zielsprache erweitern können, oder ob der Autor dem Leser durch das Übersetzen entgegen bewegt werden sollte oder umgekehrt?
Darüber hinaus haben wir aus den Vorträgen von erfahrenen und bekannten Übersetzern erfahren, mit welchen Herausforderungen und Schwierigkeiten sie beim Übersetzen konfrontiert waren und wie sie diese bewältigten. Anschließend lernten wir in zwei Workshops, welche nützlichen Tricks und Kniffe es beim Übersetzen gibt. Alles in allem haben wir eine tolle Zeit erlebt, in der wir viel über das Übersetzen erfahren haben. Ehrlich gesagt, ist sie viel zu früh zu Ende gegangen. Für mich war es eine traumhaft schöne Erfahrung. Im Alltag gibt es kaum Möglichkeiten, mit Gleichgesinnten über Literatur, Sprachen und endlose Optionen von Übersetzungen zu sprechen. Ich würde mich sehr glücklich schätzen, wenn ich nochmals die Gelegenheit hätte, an einem solchen Workshop teilzunehmen.