Merck Social Translating Projekt
Interview mit Ariuntsetseg Ganbold
Übersetzen ist eigentlich eine einsame Tätigkeit. Das ändert sich schlagartig beim Social Translating! Zehn Übersetzerinnen und Übersetzer aus Asien trafen sich in Seoul, um ihre gemeinsame Arbeit an der Übersetzung von Thomas Melles Roman „Die Welt im Rücken" zu starten. Im Interview sprechen wir mit Ariuntsetseg Ganbold, die aus der Mongolei mit dabei war.
Frau Ariuntsetseg, Sie sind soeben vom Auftakttreffen zum Merck Social Translating Projekt aus Seoul zurückgekehrt: Was ist das Besondere am Social Translating?
Über diese Frage haben sich die zehn Übersetzerinnen und Übersetzer auch beim
Treffen in Seoul ausgetauscht. Interessant war, dass die Übersetzer nicht nur aus verschiedenen Ländern kommen, sondern auch ganz verschiedene Ansichten dazu haben. Le aus Vietnam war zum Beispiel der Meinung: „Übersetzen ist eine einsame Arbeit. Durch das Social Translating ist der Übersetzer nicht alleine und motivierter als sonst."
Und Ihre Sicht?
Für mich als Lektorin in einem Verlag ist wahnsinnig wichtig, dass meine Übersetzungen inhaltlich fehlerfrei sind. Besonders wenn das Buch sprachlich anspruchsvoll ist, geht aber schnell etwas schief. Social Translating hilft sehr, wenn es darum geht, schwierige Begriffe und Redewendungen zu klären. Falls ich etwas nicht verstehe, kann ich andere Übersetzer und sogar direkt den Autor fragen. Das alles läuft über die Online-Plattform „Lectury", über die wir gemeinsam an der Übersetzung von Thomas Melles Roman „Die Welt im Rücken" arbeiten.
Zehn Übersetzerinnen und Übersetzer aus acht asiatischen Ländern arbeiten gemeinsam an der Übersetzung. Haben alle die gleichen Schwierigkeiten?
Ja, wir haben häufig die gleichen Fragen und Probleme bei der Übersetzung – vielleicht weil wir alle aus Asien kommen. Es fängt schon mit dem Titel „Die Welt im Rücken“ an. Müssen wir den Titel alle wörtlich übersetzen oder kann man sinngemäß und jeweils anders für die eigene Kultur übersetzen? Schließlich wird ein und dasselbe Buch gleichzeitig in den verschiedenen Sprachen erscheinen. Und dann gibt es in dem Buch auch viele Fachwörter aus dem Bereich Psychologie/Psychiatrie. Denn im Zentrum des Romans steht die manisch-depressive beziehungsweise bipolare Störung des Autors. Diese Fachbegriffe fehlen teilweise im Mongolischen. Muss man dann in der Übersetzung die englischen Termini übernehmen oder sollte man versuchen, die Begriffe zu umschreiben oder zu erklären? Das war für alle Übersetzer eine schwierige Frage.
Was macht Thomas Melles Roman für die Mongolei interessant?
Ein Roman nur für ein Fachpublikum?
Nein, überhaupt nicht. Thomas Melles „Die Welt im Rücken" ist es ein beeindruckender, formal wie inhaltlich überzeugender und auch unterhaltsamer autobiographischer Roman, den ich jedem literarisch Interessierten nur empfehlen kann!
Wie geht es jetzt mit dem Projekt weiter? Wann können wir die Übersetzung von „Die Welt im Rücken“ auf Mongolisch lesen?
In den nächsten Monaten werden alle Übersetzer weiter an ihren Übersetzungen arbeiten und dabei über die Online-Plattform untereinander und mit dem Autor in Kontakt bleiben. Im Oktober 2018 sollen alle Übersetzungen fertig sein und auf der Frankfurter Buchmesse dem Publikum präsentiert werden. Das alles organisiert das Goethe-Institut Korea mit Unterstützung der Firma Merck Korea. Für diese großartige Idee bedanke ich mich ganz herzlich!
Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei der Übersetzung!