Durch einen Zufall der Geschichte folgte die breite Nutzung des Internet dem Kollaps des Sozialismus in Osteuropa auf dem Fuß. Parallel mit der Geschwindigkeit der Information multiplizierten sich die Verkehrswege des globalen Handels. Aus heutiger Sicht scheint eine Welt, in der Kapitalismus und Sozialismus koexistierten, mit dem Rhythmus der langsameren Medien verknüpft zu sein.
In 19:30 (2010) befasst sich Aleksandra Domanović mit diesem Phänomen anhand ihrer eigenen Erfahrungen und der Geschichte ihres Geburtslandes Jugoslawien. Der Titel verweist auf das Zeitfenster der jugoslawischen Abendnachrichten, in dem sich das ganze Land der Übertragung widmete. Als die ethnischen Spannungen in den späten 1980er Jahren zunahmen, wurde die Verfolgung der Nachrichten in der täglichen Routine noch wichtiger – doch diese Routine, wie viele verbindende soziale Gewohnheiten, löste sich während des offenen Konflikts zusammen mit dem Land selbst auf.
Aleksandra Domanović wurde 1981 in Novi Sad, Jugoslawien, geboren und wuchs in Slowenien auf. Sie arbeitet mit Skulptur, Video und digital erzeugten Inhalten. Geleitet von intensiven Recherchen erkunden ihre Projekte die bahnbrechenden Entdeckungen von weiblichen Wissenschaftlerinnen sowie die Darstellungen von Gender in Science Fiction. Ihre Nachforschungen zu den sozialen und politischen Historien des früheren Jugoslawien, ihrem Geburtstort, liefern ihr ein machtvolles Instrument zur Deutung der gegenwärtigen Situation in Europa. Jüngste Einzelausstellungen fanden unter anderem statt in der Galleria d'Arte Moderna,Mailand (2019); MOCA Cleveland (2018); Bundeskunsthalle Bonn (2017); Henry Moore Institute, Leeds (2017); Plug In ICA, Winnipeg (2015); High Line Art, New York (2015); Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam (2015); Gallery of Modern Art, Glasgow (2014); SPACE, London (2012) und Kunsthalle Basel (2012).