Ideen und Innovation um in die Zukunft zu blicken
MUTEK MX
Das MUTEK Festival in Mexiko ist eines der wichtigsten Elektro Festivals des Landes und blickt auf eine erfolgreiche und langjährige Geschichte zurück. Auch in Pandemie Zeiten versucht das Festival mit innovativen Ideen, seinem Publikum interessante Alternativen anzubieten. Der Journalist Oscar Morales hat mit Damián Romero, dem Organisator von MUTEK MX über die Pläne für dieses Jahr gesprochen.
Von Oscar Morales
Für die Unterhaltungsbranche zeichnet sich aufgrund der durch Covid-19 ausgelösten Krise ein düsteres Panorama ab. In einer zum Stillstand gekommenen Welt werden die verschiedenen Industrien mit einer äußerst schwierigen Situation konfrontiert. Während der Monate, die wir wegen der Pandemie zu Hause verbringen mussten, haben wir bereits viel über die Gegenwart und Zukunft von Konzerten und Großveranstaltungen nachgedacht. Festivals wie MUTEK, die ein völlig anderes Konzept anbieten, wurden dabei allerdings außer Acht gelassen.
MUTEK bietet eine private, immersive Erfahrung und legt Wert auf Kreativität und Innovation. Kunst und Technologie gehen hier Hand in Hand, wodurch eine enge globale Gemeinschaft entsteht, die stets gemeinsam in die Zukunft blickt. Dieses 1999 von Alain Mongeau in Montreal gegründete Festival genießt internationale Anerkennung für sein breit gefächertes Angebot an künstlerischen Projekten. Die oft interdisziplinären und avantgardistischen Konzepte werden an sechs verschiedenen Standorten vorgestellt: Tokio, San Francisco, Buenos Aires, Dubai, Barcelona und Mexiko.
Das Festival in Mexiko steht unter der Leitung von Damián Romero. Dank der großartigen Organisation und Künstlerauswahl konnte es mittlerweile schon 16 Mal stattfinden und ist längst zu einer festen Instanz geworden. Dabei wurden die Organisatoren auch von den jeweiligen Veranstaltungsorten tatkräftig unterstützt: dem Teatro de la Ciudad Esperanza Iris, dem Digitalen Saal des Papalote-Museums, dem Skulpturenpark der UNAM (Espacio Escultórico de Ciudad Universitaria) und dem Festival Cervantino.
2020 steht MUTEK vor der Herausforderung, das Festival noch während der weiterhin andauernden Pandemie neu zu konzipieren.
Damián erklärt, dass viel Wert darauf gelegt werden wird, dem Festival eine hybride Form zu geben. Neben dieser Mischung aus Live-Events und digitalen Inhalten sollen außerdem neue Möglichkeiten zur Finanzierung der Veranstaltung geschaffen und ausgeschöpft werden.
Das ist kein komplett neues Konzept. Seit Jahren arbeitet MUTEK eng mit Boiler Room zusammen, wodurch ein Teil der Festivalerfahrung in den digitalen Raum verlegt wurde. Da jedoch das Streaming zur Zeit in allen Bereichen die einzige Alternative zu Live-Auftritten darstellt, besteht die tatsächliche Herausforderung darin, interessante und qualitativ hochwertige Inhalte zu schaffen, um die Zusammenarbeit anzukurbeln und ein breiteres Publikum zu erreichen.
Das ist keine Kleinigkeit,“ sagt Damián, „und man muss abwägen, ob sich der Aufwand auch lohnt. Aber die Thematik unseres Festivals ist ja ohnehin durch Technik angereicherte Kreativität. Es geht also darum, mit Neuem zu experimentieren und so das Blatt zu wenden. Wir verfügen schon jetzt über ein weit gespanntes Netzwerk und müssen uns auf die Möglichkeit besinnen, mit der ganzen Welt zu kommunizieren.“
Alle, die an der Organisation von MUTEK beteiligt sind, verwenden ihre Energien derzeit darauf, eben dieses Netzwerk zu stärken. In diesem Zusammenhang wurde auch eine neue Homepage erstellt, auf der sich alle Austragungsorte vereint präsentieren. Hier sollen Inhalte erscheinen, die sich leicht über die sozialen Netzwerke verbreiten lassen. Laut Romero seien diese bislang „nicht auf die Community zugegangen. Sie machen es uns nicht leicht, wirklich alle Follower zu erreichen.”
Die sozialen Netzwerke sind nicht auf die Community zugegangen. Sie machen es uns nicht leicht, wirklich alle Follower zu erreichen
„Es ist das erste Mal“, begeistert sich Damián, „dass unsere Anstrengungen, digitale Inhalte zu kreieren, tatsächlich Früchte tragen. So wird nicht nur eine verbesserte virtuelle Erfahrung ermöglicht; gleichzeitig werden reale und funktionale Methoden geschaffen, um die Projekte und Arbeiten der lokalen Kunstszene in alle Welt zu tragen.“
Romero versichert, dass das Organisationsteam von MUTEK MX absolut begeistert ist von MUTEK Connect. Hier sind Formate entstanden, die bei der Austragung des nächsten Festivals in Mexiko eine entscheidende Rolle spielen werden. Das spielerische Erstellen von Inhalten wurde dabei nie außer Acht gelassen. Wichtig sind zudem die immersiven Technologien (z.B. virtuelle Realität), die Rückkehr zu kleineren und persönlicheren Veranstaltungen und vor allem eine kollektive Zusammenarbeit, damit wir alle unseren Beitrag dazu leisten können, neue Erfahrungen zu generieren.
„Niemand wollte diese Änderungen“, ergänzt Damián. „Wir entwickeln diese neuen Formate, weil wir dazu gezwungen sind. Bis wir wissen, wie die Zukunft der Unterhaltungsbranche aussehen wird, werden wir weiter herumexperimentieren. Dabei müssen wir vor allem herausfinden, welche Finanzierungsmöglichkeiten im Internet existieren. Natürlich möchten wir zu den Live-Events zurückkehren, aber dies ist ein Thema, das auch in Zukunft von äußerster Wichtigkeit sein wird.“
Finanzierungshilfen für diese Art von Veranstaltungen sind kaum vorhanden. Damían stellt fest, dass MUTEK MX ein klares Beispiel für die gelungene Organisation eines Festivals trotz widriger Umstände ist. In Mexiko werden unabhängige Projekte nicht unterstützt und die Kultur ist in der nationalen Politik keine Priorität, was die Zusammenarbeit mit den staatlichen Institutionen deutlich erschwert. „Wir wissen nicht genau, wie die Situation derzeit aussieht. Der Kultur wurde noch nie ein hoher Stellenwert eingeräumt."
Schon vor der Corona-Krise wurde die kulturelle Welt von der Regierung regelrecht massakriert. Ich möchte gar nicht wissen, wie die Lage jetzt ist.“
Die mexikanische Version von MUTEK ist nur dank des unermüdlichen Eifers der Menschen entstanden, die direkt oder indirekt an der Durchführung der Veranstaltung beteiligt sind. Mittlerweile wird das Festival von privaten Geldgebern und ausländischen Kulturinstitutionen unterstützt, die ein verstärktes Interesse daran zeigen, Projekte im kulturellen Bereich auch aktiv ins Leben zu rufen. „In jedem Land sieht sich Mutek mit einer anderen Realität konfrontiert, und das ist nun mal die unsrige“, beschließt Romero.
Positiv sieht Damián, dass MUTEK ein flexibles Nischenfestival ist. Dies hat den Vorteil, dass es beweglicher ist und sich in der derzeitigen Ausnahmesituation neu erfinden kann. Die Gegenwart erscheint ungewiss. Innovation, Kreativität und neue, interessante Ideen können uns aber dabei helfen, der Zukunft ein wenig entspannter entgegenzublicken.