Piotr de Bończa Bukowski empfiehlt
Nichtrechthabenwollen
Bekanntlich wird jeder Philosoph uns auf die eine oder andere Weise zu seinen Überzeugungen zu überreden versuchen. Seel deklariert jedoch, dass er überhaupt nicht recht haben will. Dafür bietet er uns ein „offenes“ Nachdenken an, gestützt auf freies „Gedankenspiel“. Teil dieses Spiels ist auch die Konzeption, nicht auf irgendjemandes Meinung zu beharren, sondern zugleich zu behaupten und zu verneinen, kreativ zwischen gängigen und erlebten Wahrheiten hin- und herzuspringen.
Das Buch besteht aus überwiegend kurzen Fragmenten, die mal aphoristisch, mal narrativ daherkommen. Die Gedankenspiele erinnern an eine Jazz-Improvisation und das ist kein Zufall, ist Seel doch ein begeisterter Liebhaber des amerikanischen Jazz. Als Schlussstrich steht eine geistreiche „Abschiedsvorlesung“, bei der es sich eigentlich um eine akademische Autobiografie Seels handelt, eine selbstironische Erzählung über Triumphe und Niederlagen von jemandem, der den undankbaren Job des Gelehrten und Hochschullehrers gewählt hat. Sein 160 Seiten starkes Büchlein habe ich mit großem Vergnügen gelesen, aber doch keine stimulierenden Gedanken gefunden, die Begeisterung, Ablehnung oder Unruhe wecken könnten. Deshalb bleibt Seel in der Schule des philosophischen Essays ein begabter Schüler, der noch auf ein Thema für sein Meisterwerk wartet.
S. Fischer Verlage
Martin Seel
Nichtrechthabenwollen. Gedankenspiele
S. Fischer, Frankfurt a.M., 2018
ISBN 978-3-10-397223-8
160 Seiten
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Rezensionen in den deutschen Medien:
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Zeit online
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