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Haben Sie schon geCLILt?

CLIL-Seminar in Riwne
NVK 12 Riwne © Goethe-Institut

Interview mit CLIL-Expertin Dagmar Osterloh
 

Dagmar Osterloh ist Germanistin sowie Geographin mit einem zusätzlichen Master in Geographie der Universität Sorbonne I Paris. Ihren ersten Kontakt mit CLIL hatte sie bereits 1994, nach dem Referendariat, in Südfrankreich. Dort unterrichtete sie die Fächer Deutsch und Geschichte/Geographie auf Deutsch. Die Möglichkeit, künstlich geschaffene Grenzen zwischen den Schulfächern zu überschreiten und Lernende als auch Lehrerende zugleich sein zu können, überzeugte sie vollends. So entwickelte sie sich zu einer CLIL-Expertin weiter und führte fächerübergreifende CLIL-Projekte im und mit dem Goethe-Institut Frankreich durch und gibt heute ihr Wissen als Lehrkräfte-Fortbildnerin in verschiedenen europäischen Ländern weiter. Dagmar Osterloh © Dagmar Osterloh

Warum sollte die CLIL-Methodik im DaF-Unterricht eingesetzt werden? Welche Rolle spielen dabei fachliche Inhalte?
Dies ist eine sehr gute, aber nicht einfach zu beantwortende Frage, denn es gibt verschiedene Ansätze und Unterrichtsformen innerhalb des CLIL-Ansatzes. Selbst die Frage, ob es eine CLIL-Methodik gibt oder geben sollte, ist bis jetzt nicht eindeutig beantwortet. CLIL ist für mich mittlerweile eine Art „Containerbegriff“ geworden. Die CLIL-Methodik ist etwas anderes als ein moderner Landeskundeunterricht, auch wenn es auch punktuell zu Überschneidungen kommen kann, denn im CLIL-Unterricht stehen immer die Lernenden selbst und die entstandenen Lernprodukte im Zentrum.
Einige typische methodisch-didaktische CLIL-Prinzipien sind z.B. eine starke Handlungsorientierung, das exemplarische Vermitteln von methodischem fachlichem Handwerkszeugen und Fachwissen, viele kollaborative und kommunikative Phasen. Um das zu ermöglichen, spielt das Prinzip des Scaffolding eine wichtige Rolle.

Welcher Mehrwert hat der CLIL-Einsatz?  
Kurz gesagt: Der CLIL-Unterricht trainiert die - meiner Meinung nach - wichtigen Basiskompetenzen, damit Schüler*innen Lösungen für die Herausforderungen unseres Jahrhunderts finden können, was auch in 21century skills der UNO gefordert wird, nämlich: „thinking skills - communication- cooperation – creativity“. Nicht, dass das Vermitteln von starrem Fachwissen überflüssig würde, doch aufgrund von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz nimmt die Nützlichkeit eines solchen Wissens ab. Der Mehrwert entsteht dadurch, dass die Schüler*innen in den Mittelpunkt des Unterrichts gestellt werden, was zu einem vertieften Lernfortschritt führt. Verstärkt wird dieser Effekt dadurch, dass das Fachwissen auf und durch eine Fremdsprache sich angeeignet wird, so dass die Lernenden gut auf unsere Wissensgesellschaft und vernetzte Welt vorbereitet werden. 

Neulich leiteten Sie eine Fortbildung zu CLIL für Sprach- und Fachtandems am Goethe-Institut Ukraine. Nach einer Einführung und Ideenfindung haben die Tandems ihre eigenen Unterrichtseinheiten konzipiert. Wie wurde die Theorie in Praxis umgesetzt?
Zunächst haben wir in drei Online- Workshops Planungsprinzipien von CLIL und verschiedene Scaffolding- Unterstützungsmöglichkeiten kennengelernt und daraus ableitend entwickelten die neun teilnehmenden CLIL-Tandems, von mir gecoacht, ein gemeinsames Unterrichtsthema, das die meisten in einer Doppelstunde in den folgenden drei Wochen umgesetzt haben.
Die größte Anzahl der CLIL-Tandems setzten sich aus Mathe -und Deutschlehrkräften zusammen, aber auch die Kombinationen Informatik- Deutsch, Physik, Erdkunde und Biologie/Naturwissenschaften mit Deutsch waren vertreten. Erstmalig war auch eine Lehrkraft mit dem Fach „Rechts/Staatsbürgerkunde“ dabei. Nach den gemeinsamen Inputrunden zu verschiedenen CLIL-Prinzipien konnten sich die Sprach- und Fachtandems individuell zu ihren Themen und Unterrichtsvorhaben austauschen und ihre konkreten CLIL-Ideen vorplanen. Im Anschluss erarbeiteten sie konkret ihren CLIL-Unterricht und realisierten diesen in einer Klasse an ihrer Schule. Sie filmten diese und erstellten jeweils einen ungefähr 30-minütigen Film. In unseren letzten zwei Fortbildungsseminaren reflektierten wir gemeinsam gemäß der didaktischen Leitidee “ Versuchen-Verstehen -Verändern“ die Umsetzung dieser. Meiner Meinung nach war insbesondere diese Phase sehr anregend und zielführend, da wir visuell in die Schulpraxis eintauchen konnten und miterlebten, wie andere Macher*innen die Umstände und ihre Umsetzungsgedanken dazu erklärten.

Was ist Ihrer Meinung nach den Tandems bei der Umsetzung gut gelungen, wo lagen die Herausforderungen?
Die Umstände waren in verschiedener Hinsicht besonders: Zum einen, weil die CLIL- Tandems in unterschiedlichen Städten virtuell an der Fortbildung teilnahmen und so die Austauschmöglichkeiten innerhalb der Teilnehmer*innen begrenzter als in einer Präsenzveranstaltung waren. Zum anderen hielt ich meine Impulsvortrage nur auf Deutsch. Das bedeutete, dass die Deutschkolleginnen die Übersetzung ins Ukrainische übernehmen mussten, was für sie eine zusätzliche Herausforderung darstellte. Doch ohne die Geduld und Offenheit der Teilnehmer*innen hätte sie nicht erfolgreich werden können.

Hier einige der Herausforderungen, die zu meistern waren:
1. Absprache zwischen Fach- und DeutschkollegInnen, welches Thema überhaupt für ihr CLIL-Projekt geeignet ist; wie ihre Zusammenarbeit im Unterricht selbst gestaltet werden soll- als Teamteaching oder abwechslungsweise
2. Deutschlehrende mussten bzw. konnten in der Planungsphase noch Fachwissen und Fachwortschatz neu erarbeiten
3. Fachlehrkräfte brauchten Vertrauen in ihre Deutschkolleg*innen, um sich in den Unterrichtsphasen auf Deutsch „blind“ einzulassen und z.B. deutsche Schlüsselbegriffen passiv oder aktiv zu kennen, um darauf reagieren zu können
4. Gemeinsame Entscheidung über einen motivierenden Einstieg, der fachlich neugierig macht und die Denkfähigkeiten der Schüler*innen herausfordert und gleichzeitig auch sprachlich zu bewältigen ist
5. Zeitliche Koordination und Arbeitsabsprachen zwischen den Sprach- und Fachtandem, sei’s in der Aufgabenverteilung oder auch mit der Schulverwaltung.

Was hat Sie dabei am meisten beeindruckt? Was möchten Sie allen CLIL-Interessierten mit auf den Weg geben?
Tief beeindruckt und begeistert war ich über das Engagement und die Kreativität aller Teilnehmenden, sowie über die Neugierde und den Willen, Neues aufzunehmen und auszuprobieren und ihr gewohntes fachliches Unterrichtshandeln auszuweiten. Überdies war ich über vertrauensvolle und effektive Zusammenarbeit in den Tandems und in der virtuellen Großgruppe positiv überrascht. Ich bin mir sicher, dass die Schüler*innen den qualitativen Unterschied in den CLIL- Unterrichtsprojekten und ihren Mehrwert für ihr eigenes Lernen selbst wahrgenommen haben.
Gemäß dem Zitat von Johann Wolfgang von Goethe „Wenn man ins Wasser kommt, lernt man schwimmen.“ Ich möchte allen CLIL-Interessierten mit auf den Weg geben, sich eine*n Kolleg*in zu suchen, zusammenzusetzen und es einfach auszuprobieren. Als Unterstützung kann man sich selbstverständlich auch beim Goethe-Institut Kiew melden.

Einige CLIL-Unterrichtsmaterialien finden Sie in unserem Materialienpool 

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