Leitfaden zur Neugründung

Sind Sie bereit, Deutsch an Ihrer Schule einzuführen?

Von Dr. Johanna Watzinger-Tharp

Dieser Leitfaden erläutert die Schritte zur Einrichtung eines bilingualen Immersionsprogramms für Deutsch an Grundschulen.

Es ist wichtig für die Schulleiter zu wissen, dass hervorragende Unterrichtsmodelle sowie deutschsprachige Unterrichtsmaterialien leicht erhältlich und verfügbar sind, sowie dass es bereits eine Reihe erfolgreicher Deutschprogramme dieser Art an Schulen gibt. Außerdem sollte bedacht werden:

Wie kann dafür gesorgt werden, dass alle Schülerinnen und Schüler in einem bilingualen Immersionsprogramm erfolgreich sind?
Welche Möglichkeiten gibt es, Immersionsprogramme auch in der Sekundarstufe weiterzuführen?
Mit welchen Strategien können hochqualifizierte Lehrkräfte angeworben und erfolgreich gebunden werden?


Bilinguale Immersionsprogramme und deren Ziele
Schulleiter sollten umfassend informiert sein und effektiv über bilinguale Immersionsprogramme als Bildungsmodell kommunizieren können, das auf alle Lernende ausgerichtet ist und die folgenden drei Ziele verfolgt:

  • akademische Leistungen in den Kernfächern (englische Sprache und Literatur, Mathematik und Naturwissenschaften),
  • Beherrschung beider Sprachen in Wort und Schrift auf hohem Niveau,
  • Wertschätzung und umfassendes Verständnis zweier Kulturen (Bikulturalität).

Statusbestimmung von Deutsch und anderen Weltsprachen
Das bilinguale Immersionsprogramm muss in Bezug auf den Status von Weltsprachen und konkret von Deutsch auf Schulbezirksebene positioniert werden, indem Fragen gestellt werden wie:

  • Gibt es örtliche, regionale oder landesweite Richtlinien und Verfahren für den Aufbau eines Immersionsprogramms, die einzuhalten sind?
  • Gibt es derzeit bilinguale Immersionsprogramme im Schulbezirk?
  • Wie unterstützt der Schulbezirk Weltsprachen im Allgemeinen und Deutsch im Besonderen?
  • Wurden Deutschprogramme im Bezirk bereits von Fachorganisationen anerkannt?
  • In welche Schule leitet die Grundschule über? Bieten diese bereits Deutschunterricht an? 

Wahl des Unterrichtsmodells
Schulleiter können auf bewährte, etablierte Unterrichtsmodelle zurückgreifen, die vor allem festlegen, welcher Anteil des Unterrichts in jeder Klassenstufe und in den einzelnen Fächern während des Schulalltags in der Partnersprache stattfindet. Sie müssen zusätzlich entscheiden, ob die einzelnen Klassen von einem einzigen (zweisprachigen) Lehrer oder von zwei Lehrern (einem deutsch- und einem englischsprachigen) unterrichtet werden sollen, die Hand in Hand arbeiten.
 
Bei der Entscheidung für ein Unterrichtsmodell ist außerdem zu beachten,

  • welche Erwartungen an die Verwendung der Partnersprache durch Lehrkräfte und Lernende gelten,
  • wie die formative und summative Kompetenzevaluation stattfindet,
  • wie Lehrkräfte unterstützt und fortgebildet werden,
  • und welche kulturellen Aktivitäten im Klassenzimmer und an der Schule insgesamt zur Förderung einer bikulturellen Erziehung stattfinden sollen.

Hier können Sie sich über unterschiedliche curriculare Modelle informieren.

Argumente für die Einführung eines bilingualen Immersionsprogramms für Deutsch
Schulleiter sollten herausstreichen, dass geplante Programme:

  • allen Schülerinnen und Schülern offenstehen und eine diverse Schülerpopulation aufnehmen werden,
  • kein Deutsch als Herkunftssprache erfordern,
  • sowohl muttersprachliche als auch hochkompetente nichtmuttersprachliche Deutschlehrkräfte beschäftigen werden,
  • sich auf bewährte Unterrichtsmodelle, -materialien und -prüfungen stützen werden, z. B. deutschsprachigen Mathematikunterricht, der den „Common Core“-Vorschriften entspricht, Lese- und Schreiblernprogramme von deutschen Verlagen und Kompetenztests wie die AAPPL-Prüfung,
  • Schülerinnen und Schüler auf die englischsprachigen  Standardized Achievement Tests vorbereiten werden,
  • den Dialog mit vorhandenen bilingualen Immersionsprogrammen an Schulen im ganzen Land suchen werden.

Partner und Unterstützung
Um ein bilinguales Immersionsprogramm für Deutsch einrichten und beibehalten zu können, empfiehlt sich der Zusammenschluss mit engagierten Eltern, Deutschlehrern vor Ort und Fachverbänden wie dem Goethe-Institut und dem AATG-Chapter des jeweiligen Bundesstaats. Eltern müssen eingebunden werden, um das Programm zu fördern, bekanntzumachen und zu unterstützen, Lehrer der Middle und High School können als Fürsprecher auftreten und bei der Anwerbung geeigneter Lehrkräfte sowie der Programmfortführung in der Sekundarstufe helfen, und Sprachorganisationen wie AATG und das Goethe-Institut können als Quelle für Unterlagen und Lehrerfortbildung nützlich sein.
 
Weitere denkbare Partner sind Koordinatoren für Weltsprachen und Englisch als Fremdsprache auf Bezirksebene, Schuldirektoren von Middle und High Schools, die Deutsch im Angebot haben, sowie Fachbereiche für Deutsch bzw. Weltsprachen an Colleges und Universitäten, Politiker sowohl auf lokaler Ebene als auch im Bundesstaat sowie Unternehmen aus der Wirtschaft. Abschließend ist es wichtig, mögliche Finanzierungsquellen für das Programm zu identifizieren, sei es über Zuschüsse, Darlehen, Partnerschaften mit ortsansässigen deutschen Unternehmen, Finanzierungsmöglichkeiten seitens des Staats oder des Bezirks oder über Fundraising-Initiativen durch Elterngruppen.
 
Lehrkräfte: Qualifikation, Anwerbung und Bindung
Der Erfolg bilingualer Immersionsprogramme hängt ganz direkt von der erfolgreichen Anwerbung und Bindung guter Lehrkräfte ab, die sowohl die Inhalte als auch die Sprache erfolgreich vermitteln können. Für bilinguale Immersionsprogramme sollten ausgebildete Grundschullehrkräfte eingestellt werden. Falls deren Muttersprache nicht Deutsch ist, sollten ihre Sprachkenntnisse vom ACTFL (American Council on the Teaching of Foreign Languages) als „Advanced High“ eingestuft sein. Darüber hinaus sollten sie Kenntnisse in Fremdsprachendidaktik mit Schwerpunkt integrierter Sprach- und Sachfachunterricht mitbringen.
 
Mit der Unterstützung der jeweiligen Partner gilt es, Lehrerinnen und Lehrer im Bundesstaat und von außen anzuwerben und diese umfassend zu unterstützen, um sie zum Bleiben zu veranlassen. Wesentlich für die Bindung ist die Einführung hochwertiger Unterrichtsprogramme, die den US-Bildungsstandards wie „Common Core“ entsprechen und auf Deutsch verfügbar sind. Diese sind nicht nur den akademischen Leistungen der Schülerinnen und Schüler zuträglich, sondern reduzieren auch die Arbeitslast der Lehrkräfte. Es sollte nicht von Lehrkräften erwartet werden, dass sie eigene Materialien für den Deutschunterricht entwickeln oder Unterlagen vom Englischen ins Deutsche übersetzen.

Weitere Hinweise und detailierte Vorschläge für Gründung eines bilingualen Programms finden Sie auf den Seiten der DualLanguageSchools.org-Initiative: “Dual Language School Guide to Start a Successful Dual Language Immersion Program”.

Johanna Watzinger-Tharp © JWT Johanna Watzinger-Tharp JWT


Johanna Watzinger-Tharp, Ph.D. ist Associate Professor an der Abteilung der Linguistik an University of Utah, sie forscht und unterrichtet im Bereich bilingualer Bildung, Mehrsprachigkeit, Curriculumsplanung und Lehrerausbildung.

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