Berlinale-Blogger*innen 2023
Québec auf der Berlinale

Gaby les Collines | Still: Gaby und Fourmi
© Gabriel Brault Tardif

Von Pubertät über die Folgen geschwisterlicher Rivalitäten bis hin zum intimen Familienportrait: Die Berlinale-Beiträge aus Québec nehmen in diesem Jahr vor allem die Erlebnisse junger Menschen in den Fokus.
 

Von Clara de Oliveira Seyler

Gleich drei der neun kanadischen Wettbewerbsbeiträge stammen von Filmemacher*innen aus Montréal. Alle liefen in der Sektion Generation, die Geschichten aus der Sicht junger Protagonist*innen erzählt und sich hauptsächlich an ein junges Publikum richtet. Zoé Pelchats Kurzfilm Gaby les Collines setzt sich etwa auf humorvolle Art und Weise mit den Tücken der Pubertät und des Erwachsenwerdens auseinander. Pelchat erlangte mit ihrer in Montréal spielenden Serie DOMINOS internationale Aufmerksamkeit und wurde dafür 2018 auf dem Festival Canneseries ausgezeichnet. Auf der Berlinale feierte sie mit Gaby les Collines in diesem Jahr Weltpremiere. Die 13-jährige Protagonistin Gaby ist über Sommer zu Besuch bei ihrem Vater auf den Magdalenen-Inseln. Für Gaby ist alles wie immer, aber die anderen scheinen sie plötzlich anders wahrzunehmen als sonst. Spätestens als ein Junge ihre Brüste kommentiert wird ihr klar: Mit ihrem Körper verändert sich auch ihre Wirkung auf andere. Zunächst verunsichert durch die Reaktionen ihres Umfelds erobert sich Gaby nach und nach die Deutungshoheit über ihren Körper zurück.
 

Berührende Einblicke

Der Kurzfilm Nanitic der Montréaler Filmemacherin Carol Nguyen schlägt hingegen ernstere Töne an. Durch die Augen des kleinen Mädchens Trang liefert Nanitic berührende Einblicke in das Leben einer Familie, deren Alltag durch die Pflege der im Sterben liegenden Großmutter bestimmt wird. Vorsichtig beobachtet Trang ihre Tante, die sich rund um die Uhr hingebungsvoll um die Großmutter kümmert.  Trotzdem wahrt sie Distanz, wirken das Krankenbett und die Medikamente doch beängstigend auf das kleine Mädchen. Das Wohnzimmer mit dem Bett der Großmutter wird zu einem eigenen kleinen Mikrokosmos, in dem die Zeit stillzustehen scheint. Bekanntheit erlangte Carol Ngyuen mit ihrem Dokumentarfilm No crying at the dinner table, der 2019 auf dem Toronto International Filmfestival Premiere feierte. Produziert hat sie den Film gemeinsam mit dem Montréaler Filmemacher Aziz Zoromba. Zoromba ist ebenfalls auf der Berlinale vertreten. Sein Kurzfilm Simo thematisiert die Konkurrenz und Eifersüchteleien zwischen den beiden Brüdern Emad und Simo und wurde 2022 bereits auf dem Toronto International Film Festival ausgezeichnet. Beschränken sich die Konflikte zunächst auf kleinere Raufereien, begeht Simo bald aus Unachtsamkeit einen folgenschweren Fehler als er den Gaming-Livestream seines Bruders übernimmt. Doch die Krise eröffnet der Familie auch die Chance wieder mehr zueinander zu finden. Zorombas Film wurde erst kürzlich auf der Kurzfilm-Gala Prends ça court! in Montréal mit dem Preis Coup de cœur Denis Villeneuve ausgezeichnet. Darüber hinaus ist Simo auf dem Festival REGARD Ende März gleich in vier Kategorien im Wettbewerb.

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