Deutsche Spuren in British Columbia
„Darkwoods“: der kanadische Schwarzwald
Im Süden der Provinz British Columbia liegt ein teilweise unberührtes, 55 000 Hektar großes Gebiet, bestehend aus Wäldern, Flüssen und Seen: „Darkwoods“, der „kanadische Schwarzwald“. Benannt wurde dieser nach dem Heimatgebirge des deutschen Herzogs Carl von Württemberg, der hier zu Zeiten des Kalten Krieges Zuflucht suchte.
Carl von Württemberg wurde im Jahr 1936 als fünftes von sechs Kindern in eine bedeutende deutsche Adelsfamilie hineingeboren. Als im Jahr 1967 die Auswirkungen des Kalten Krieges in Deutschland spürbar wurden, suchte er für sich und seine Familie ein sicheres Zuhause in British Columbia. Hier fand er großen Gefallen an dem wilden Gelände im Süden der Provinz, welches er erwarb und bewirtschaftete. Im Jahr 2008 gab Herzog Carl von Württemberg Darkwoods schließlich wieder an seinen ursprünglichen Besitzer – Kanada – zurück, und zwar an die Umweltschutzorganisation „Nature Conservancy Canada“ (NCC). Die Steuern auf das Land waren gestiegen, weshalb sich der deutsche Herzog mit über 70 Jahren dazu entschied, das Gelände an jemanden zu verkaufen, der es weiterhin schützen und pflegen würde.
Aufgrund der unmittelbaren Nachbarschaft der Darkwoods zu verschiedenen Parks und Naturschutzgebieten entsteht insgesamt eine geschützte Fläche von rund 100 000 Hektar, auf der sich Tiere ungehindert bewegen und Pflanzen ungestört wachsen können. Im Jahr 2011 wurden dort insgesamt 219 Pflanzen- und 200 Tierarten gezählt, darunter die letzten Bergkaribus Nordamerikas, Grizzlybären sowie zahlreiche Vogelarten. Rund 70 Prozent des Gebiets werden von Wald bedeckt. In den 42 Jahren, in denen der Forst im Besitz des Hauses Württemberg war, wurde er von diesem sorgsam und nachhaltig bewirtschaftet. So bildet der kanadische Schwarzwald eines der letzten Gebiete, in denen die weißstämmige Zirbelkiefer zu finden ist.
Mit dem Wechsel der Jahreszeiten verändert sich das Leben in Darkwoods erheblich: Der Sommer dauert dort nur etwa sechs Wochen und Frühling sowie Herbst überschreiten die Dauer eines Monats nicht, sodass den Großteil des Jahres Winter herrscht. Im Gegensatz zu anderen Großtieren, wie zum Beispiel den Elchen, sind die vom Aussterben bedrohten Bergkaribus optimal an den Tiefschnee im Winter angepasst und erreichen dank ihrer großen behaarten Tellerfüße Gebiete in über 2000 Metern Höhe. Im Frühling schmilzt der Schnee zunächst in den Tälern. Das Schwemmgebiet des „Kootenay Lakes“ lockt Zugvögel wie Schneegänse und Blesshühner an und bietet auch den dort lebenden Menschen einen fruchtbaren Boden, auf dem sie Obstanbau und Viehzucht betreiben können.
Im Spätsommer lässt sich eine weitere Besonderheit des kanadischen Schwarzwaldes bewundern: Die Süßwasserlachse, welche zum Laichen aus dem Kootenay Lake in die umliegenden Flüsse aufsteigen.
Verschiedene Forscher und Biologen arbeiten seit der Rückgabe des Gebiets an die Umweltschutzorganisation NCC daran, die geschützten Tier- und Pflanzenarten zu pflegen, um die große Artenvielfalt im Schwarzwald Kanadas zu erhalten.