Grüne Bibliotheken in Rumänien
Die Idee der „Grünen Bibliothek” ist eine internationale Bewegung und wurde auch in Rumänien diskutiert und getestet. Wir haben uns darüber mit zwei Fachleuten unterhalten: Ioana Crihană, Geschäftsführerin des ANBPR (Nationaler Verband der Bibliothekare und der Öffentlichen Bibliotheken in Rumänien) und Camelia Pirvu, Leiterin und Bibliothekarin an der Gemeindebibliothek Șirna (Kreis Prahova).
Gespräch mit Ioana Crihană
Geschäftsführerin des Nationaler Verbands der Bibliothekare und der Öffentlichen Bibliotheken in Rumänien (ANBPR)Wie reagiert der ANBPR auf die Herausforderung der Nachhaltigkeit?
Die Bibliotheken sind in den neuen Konzepten der Nachhaltigkeit und der Resilienz sehr eingebunden und sind in den letzten Jahren Räume der Förderung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung geworden.
Durch die Tätigkeiten und Projekte, die er koordiniert, plädiert der ANBPR für die Anerkennung der Bibliotheken als wichtige Akteure im Bereich der nicht-formalen Bildung und der Demokratisierung des Wissens in all seinen Formen. Ferner wurden in den letzten Jahren die Bibliotheken im Netzwerk des ANBPR zunehmend als Botschafter der Innovation und der durch Technik unterstützten Veränderungen wahrgenommen.
Gibt es Beispiele bewährter Praktiken?
Der ANBPR ist Mitglied der Koalition "Nachhaltiges Rumänien" und trat kürzlich der neuesten Sektion der IFLA bei: ENSULIB, die sich auf Probleme der Umwelt und der Nachhaltigkeit konzentriert und die Ziele der Agenda 2030 unterstützt.
Bereits im März 2018 haben wir gemeinsam mit dem Verband der Bibliotheken aus der Republik Moldau in Chișinău einen Workshop zum Thema der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung mitveranstaltet.
Was die Verwirklichung des Konzeptes der „grünen Bibliothek” in Rumänien betrifft, ist die Gemeindebibliothek Șirna international anerkannt.
Wie wichtig ist die internationale Zusammenarbeit im Bibliotheksbereich?
Durch die Mitgliedschaft des ANBPR in internationalen Fachorganisationen im Bereich der Informations- und Dokumentationswissenschaft, wie z.B. IFLA und EBLIDA, aber auch dank der Tätigkeit im Rahmen von regionalen Kooperationen wie des "Internationalen Netzwerks der Innovatoren entstehender Bibliotheken in der Balkanregion – INELI Balkans", haben rumänische Bibliothekar*innen die Möglichkeit, wertvolle Lernerfahrungen im Bereich der Nachhaltigkeit zu übernehmen und zu verbreiten. Auch die Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut und anderen Kulturinstituten vermittelt wertvolle Impulse.
Gespräch mit Camelia Pirvu
Leiterin und Bibliothekarin an der Gemeindebibliothek ȘirnaWie ist die Bibliothek in Sirna so aktiv im Bereich der Nachhaltigkeit geworden?
Öffentliche Bibliotheken zählen zu den demokratischsten Institutionen der gegenwärtigen Gesellschaft. Die Bibliothek der Gemeinde Șirna, Kreis Prahova, die ich seit 30 Jahren als einzige Angestellte leite, bedient eine Gemeinde, die beinahe 5000 Einwohner zählt.
Das Konzept einer "grünen Bibliothek” ist im Jahr 2014 mehr als eine Idee geworden, als die Bibliothek einen Preis in der Form einer Photovoltaikanlage gewonnen hat. Der Preis des Wettbewerbs „Sonnenenergie für die Earth Hour" bestand aus einem kompletten Sonnenenergiesystem. Damit wurde die Gemeindebibliothek Șirna die erste Bibliothek im Land, die Sonnenenergie benutzt.
In den folgenden Jahren wurden Workshops zur Bildung der jungen Generation im Sinne der Nachhaltigkeit durchgeführt. Indem wir lokale Partnerschaften, Partnerschaften auf der Kreisebene oder mit nationalen Einrichtungen gepflegt haben, konnten wir eine Reihe von ökologischen Projekten durchführen und somit interessierte Freiwillige bilden, insbesondere Kinder.
2018 haben wir am IFLA-Wettbewerb "Green Library Award" teilgenommen. Unser Konzept wurde von einem internationalen Expertenteam beurteilt und hat schließlich den 3. Platz gewonnen. Dieser Erfolg hat der Gemeinde, der Institution und, nicht zuletzt, dem Beruf des Bibliothekars große Sichtbarkeit verliehen.
Wie teilen Sie Ihre Erfahrungen mit den Kollegen in den rumänischen Bibliotheken?
Durch Vorträge auf mehreren Konferenzen des ANBPR konnten wir mit den Kollegen im Lande die Erfahrungen unserer Bibliothek im Bereich der Nachhaltigkeit teilen. Nachdem wir 2018 beim IFLA-Wettbewerb erfolgreich waren, gab es natürlich großes Interesse im In- und Ausland und es folgten mehrere Artikel und Berichte in der Fachpresse. Wir erhielten viele Besuche von Bibliothekar*innen, die sich ermutigt fühlten, selber aktiv zu werden.
Diese Frage ist auch für Sie: welches ist die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit?
Die Zusammenarbeit ist, genauso wie die Innovation, ein Schlüsselelement des Fortschritts auch in unserem Bereich, dem Bereich der Bibliotheken, sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene.
Eine enge Zusammenarbeit wurde auf internationaler Ebene zwischen den grünen Bibliotheken abgeschlossen, die sich vorgenommen haben, zusammen die Ziele der nachhaltigen Entwicklung zu fördern.
Die Gemeindebibliothek Șirna ist heute Mitglied der Gruppe ENSULIB IFLA SIG – der Interessengruppe für Umwelt, Nachhaltigkeit und Bibliotheken der IFLA, sowie der informellen Gruppe der grünen und nachhaltigen Bibliotheken, Green@Library.
Im Jahr 2019 hat unsere Bibliothek am Internationalen IFLA-Kongress in Athen teilgenommen, mit dem Poster ”From a small green library to a sustainable community, a path marked with SDGs”.
Der Einstieg in ein kürzlich gewonnenes Erasmus-Projekt musste wegen der Pandemie verschoben werden. Unter dem Titel: ”Die Grüne Bibliothek für eine nachhaltige Gemeinschaft – Lib4Green” wird es dabei besonders um die Bildung der Erwachsenen gehen.