Ilona Burka empfiehlt
Elektrische Fische

Susan Kreller, Elektrische Fische  © © Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2019 Susan Kreller, Elektrische Fische © Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2019
Dieser Roman von Susan Keller ist die Reise der jugendlichen Emma in die Welt der Erwachsenen und ein schöner Einblick in ihre Gefühlswelt. Geführt von der Stimme der 15-jährigen Emma ziehen die Leser*innen zusammen mit der Mutter, dem älteren Bruder und der jüngeren Schwester des Mädchens aus dem irischen Dublin nach Deutschland, um dort ein neues Leben zu beginnen. Hier ist alles fremd, nichts ist mehr wie früher. Sprache, Kultur und Gewohnheiten sind fremd, selbst das Meer ist fremd. Keiner von ihnen ist glücklich, sie alle sind von einem stillen Schmerz erfüllt, den jeder für sich selbst verarbeitet.

Emma versteht sich sehr gut mit Levin, ihrem Klassenkameraden und besten Freund, und es scheint, als könnten sie sich ohne Worte verstehen. Nach und nach, ohne es zu merken, wachsen sie aneinander ans Herz. Und mit dieser Ahnung ändert sich auch die Umgebung, sie gewinnt an Farbe, die Atmosphäre zu Hause wird angenehmer, mehr und mehr kommen positive Dinge zur Sprache und auch die Menschen erscheinen freundlicher. Als einzige Lösung ihrer Probleme und einzigen Ausweg aus ihrem Heimweh sieht Emma die Flucht und die Rückkehr nach Irland an. Zu Beginn ist dies nur ein Gedanke, dann entsteht ein wirklicher Plan. Doch nun hält irgendetwas Emma von der Flucht ab, sie beginnt zu verstehen, dass sie auch diesen Ort und diese Menschen ungern verlassen würde.

Die Leser*in durchlebt Emmas Suche nach sich selbst und ihrer Zugehörigkeit, Fragen über die Heimat, das Loslassen und Annehmen von etwas Neuem – dies alles geschieht harmonisch, einfach, ohne Pathos und verbale Ausschweifungen, ohne Beschönigungen durch die Gedanken, Gefühle und Überlegungen der Protagonistin in der jeweiligen Situation. Mitunter leidet man selbst beim Lesen mit. Emma hat ein für ihr Alter beneidenswertes Menschenverständnis; sie beobachtet, versteht, urteilt nicht, sucht keinen Streit. Die Autorin verwendet bewusst kaum Dialoge, stattdessen erschafft sie gekonnt Charaktere und eine Atmosphäre, die es erlaubt zu entdecken, fühlen und später zu verstehen – manchmal auch erst viel später, denn dies ist kein Buch, das endet, sobald man es zuklappt.

Carlsen Verlag

Susan Kreller
Elektrische Fische
Carlsen Verlag, Hamburg, 2019
ISBN 978-3-551-58404-5
192 Seiten

E-Book in der Onleihe des Goethe-Instituts ausleihen

Rezensionen in den deutschen Medien:
Nominiert für den Preis der Jugendliteratur 2020, Jurybegründung
Die Zeit
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Deutschlandfunk
Titel-Kulturmagazin
Süddeutsche Zeitung

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