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KUNSTVERMITTLUNG. DAS BEISPIEL DER BERLIN BIENNALE 2018

Mona Jas ist eine Künstlerin, die sich mit Kunstvermittlung beschäftigt. Sie erforscht künstlerische Prozesse und ihr inhärentes Potenzial, neue Ansätze für Kunstvermittlung und –bildung zu entwickeln und den Dialog in der Gesellschaft anzuregen. Sie hat an der Documenta teilgenommen, der berühmten internationalen Ausstellung zeitgenössischer Kunst, die alle fünf Jahre in Kassel stattfindet, und das Konzept der Kunstvermittlung bei der zehnten Ausgabe der Berlin Biennale für zeitgenössische Kunst im Jahr 2018 [1] entwickelt.

Kunstvermittlung. Verfahren und Herangehensweise der Berlin Biennale für zeitgenössische Kunst (2018)

„Die Vorbereitung des Vermittlungsprogramms der zehnten Ausgabe der Berlin Biennale begann sechs Monate vor der Veranstaltung. Ein breites Spektrum potenzieller Besucher der Ausstellung wurde konsultiert, und ihr Wunsch, in Workshops, die mit der Ausstellung zusammenhängen, etwas selbst zu „produzieren“, trat in den Vordergrund. Eine weitere klare Präferenz war die Verwendung dialogischer Vermittlungsformate. Das Hauptziel des Vermittlungsprogramms war, das traditionelle Konzept der Ausstellungstouren zu durchbrechen und eine Vielzahl von Möglichkeiten für Treffen und Austausch zwischen Publikum, Werken, Künstlern, Kuratorenteam und lokalen Gemeinschaften zu schaffen. Das Programm wurde in experimentellen und eingreifenden Formaten gestaltet und suchte nach Wegen, um ein anderes Gefühl und Verständnis für die Welt aufzubauen. Wir haben die Öffentlichkeit auf Bereiche aufmerksam gemacht, die im sozialen Raum oft unsichtbar bleiben. Wir haben die Unsicherheiten, Widersprüche und kulturellen Stereotypen problematisiert, die aus einem bestimmten festen Gesichtspunkt entstanden worden sind. Die wichtigsten Instrumente im Vermittlungsprogramm der Biennale waren die künstlerischen Ansätze und die verschiedenen Arten, sich zu engagieren und daran teilzunehmen. Ein großes und sehr vielfältiges Team von Kunstvermittlern wurde innerhalb von vier Tagen für die Umsetzung der Programme geschult."
 
Mona Jas präsentierte auf der Konferenz sechs verschiedene Formen der Kunstvermittlung als Beispiel:

  • Touren;
  • kreative Workshops;
  • spezialisierte mobile App für Menschen mit Behinderungen;
  • konzeptionelle Entwicklung und Präsentation einer Jugendausstellung als Reaktion auf die Biennale;
  • Stadtrundfahrten, die mit Themen rund um die Biennale verbunden waren;
  • Radiosendung mit persönlichen Geschichten und Eindrücken von Senioren, die die Biennale besucht haben.
Jede dieser Interaktionsformen richtet sich an ein bestimmtes Publikum – Kinder, Jugendliche, Studierende mit besonderen Bedürfnissen, Jugendliche aus sechs Berliner Bezirken, Opfer häuslicher Gewalt und ältere Menschen.

Ergebnisse der Kunstvermittlung auf der Berlin Biennale:
 
  • Die Vermittlung hat dazu beigetragen, dass auch die breite Öffentlichkeit völlig neue Erkenntnisse und Wahrnehmungsformen erworben hat.
  • Ästhetisches Wissen ist für die Besucher und Teilnehmer dieser Vermittlungsaktivitäten äußerst interessant.
  • Der Hauptanreiz besteht darin, dass sie selbst kreativ tätig sein können und die Möglichkeit haben, einen Blick hinter die Kulissen der Ausstellung zu werfen, neue Leute kennenzulernen und eine authentische Situation zu erleben.

Auf der Grundlage ihrer Erfahrungen mit der Biennale stellte Mona Jas Anforderungen vor, die bei der Kunstvermittlung berücksichtigt werden müssen:
 
1. Besuchergruppen sollten in ihrer eigenen Heterogenität berücksichtigt werden.
Tourformate müssen auf das Publikum zugeschnitten sein. Es müssen viel spezifischere und individuellere Vermittlungskonzepte entwickelt werden.
 
2. Bei der Vermittlung sollte hauptsächlich zwischen Besuchern, die „zufällig“ und solchen, die wegen eines bestimmten Themas gekommen sind, unterschieden werden. Wir müssen auch bedenken, dass wir durch Vermittlung das Interesse unserer „Nichtbesucher“ wecken können.
 
3. Der Hauptanreiz und das Kriterium für ein Qualitätserlebnis beim Publikum sind die neuen Bekanntschaften mit Menschen. Genauso wie das Schauen hinter die Kulissen.
 
4. Die spezifischen zeitlichen Einschränkungen, der Ereignischarakter der Biennale und ihre Funktion, zeitgenössische Kunst zu „kreieren“, müssen auf irgendwelche Weise einen besonderen Platz bei dem Konzipieren des Vermittlungsprogramms finden. Eine Biennale wie die Documenta hat aufgrund nationaler und transnationaler Produktionen ganz andere Vermittlungsmöglichkeiten als ein Museum.
 
5. Künstlerische Praxis, ästhetisches Wissen und sensorische Wahrnehmung sind für die Besucher von großer Bedeutung. In letzter Zeit ist das Gefühl entstanden, dass Kunstvermittlung so viele kognitive Elemente enthält, dass die Kunst selbst in den Hintergrund getreten ist. Die Ergebnisse der Biennale-Umfrage zeigen jedoch eindeutig, dass es auf die ästhetische Wahrnehmung und Erfahrung ankommt.
 
6. Aus dem Vorstehenden geht hervor, dass Theorie und Praxis enger miteinander verbunden werden müssen. Es besteht die Notwendigkeit, noch mehr Rückmeldungen zu erhalten und Wege zu finden, um die Vermittlung zu bewerten, insbesondere im Hinblick auf die zeitgenössische Kunst. Dementsprechend sollten die Ergebnisse dieser Studien direkt in die Praxis umgesetzt werden.
 
7. Was die Vermittler selbst angeht: Sie benötigen mehr Zeit für die Vorbereitung und Entwicklung, einen festen Arbeitsplatz, Raum und Ressourcen, um all dies realisieren zu können. Andernfalls bleiben die positiven Ergebnisse dieser Vermittlungsprojekte einmalig und können nicht fortgesetzt oder weiterentwickelt werden.
 
[1] Siehe: https://bb10.berlinbiennale.de/

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