Schnelleinstieg:

Direkt zum Inhalt springen (Alt 1) Direkt zur Hauptnavigation springen (Alt 2)
„White Supremacy is Killing Me“ von Jessica Sabogal© Jessica Sabogal, Foto: Jody Freeman

4604, rue Saint-Antoine Ouest, Montreal
„White supremacy is killing me" von Jessica Sabogal

Die Montrealer Bezirke Saint-Henri und das angrenzende Pointe-Saint-Charles gehören zu den multikulturellsten und diversesten der Stadt. Wohlhabende Neuankömmlinge, die aus anderen Teilen der Stadt in die längs des Lachine-Kanals neu entstandenen Luxuswohnungen umgesiedelt sind, treffen auf Einwohnerinnen und Einwohner, die zum Teil schon ihr ganzes Leben im Viertel verbracht haben und zum nicht geringen Teil an der Armutsgrenze leben. Eine sozial belastende Situation, wie ja schon aus unzähligen Städten bekannt ist. Dennoch gilt gerade das an Restaurants, Clubs, Kunststätten und Festivals reiche St-Henri als eines der lebendigsten Viertel der Stadt, das sich aber trotz aller Neuerungen seine traditionellen Werte bewahrt hat, und durch die seit vielen Jahrzehnten präsenten unterschiedlichsten Kulturen einen ganz eigenen Flair besitzt.

St-Henri ist allerdings auch politisch divers - ein wehrhafter linker Untergrund zeichnet verantwortlich für gezielten Vandalismus gegen neu eröffnete Läden und Restaurants, Zeichen der Gentrifizierung eines traditionellen Arbeiterviertels. Da ist es umso Schmiererei auf Sabogals Werk Schmiererei auf Sabogals Werk | © Julien Capôte überraschender, dass dieses weltoffene und diverse Umfeld politisch auch eine ganz andere Seite hat.

Im Rahmen des Festivals Voix insoumises / Unceded Voices, einer Biennale der autochthonen Straßen Kunst, die vom 13. – 21.8.2017 stattfand, entstand das Werk White Supremacy Is Killing me, der 
kolumbianisch-amerikanischen Künstlerin Jessica Sabogal. Das Mural zeigt eine indigene Frau, die ein Schild mit der Botschaft „White Supremacy is Killing Me“ (Weiße Vorherrschaft bringt mich um) in den Händen hält, was leider einen düsteren Hintergrund hat: Eine in den 70er Jahren in Kanada unternommene Untersuchung hatte das schreckliche und beunruhigend vage Ergebnis, dass in den vorhergehenden Jahren „zwischen 1000 und 4000 indigene Frauen spurlos verschwunden“ seien. Die Untersuchung wurde dann ohne weitere Maßnahmen eingestellt, und es drängte sich die Frage auf, ob dies auch dann so abgetan worden wäre, wenn eine andere Bevölkerungsgruppe betroffen gewesen wäre.

Die Untersuchung wurde auf wachsenden Druck der Öffentlichkeit im September 2016 von Premierminister Justin Trudeau wieder aufgenommen. Bereits wenige Tage nach Fertigstellung wurde es mit den Worten „Anti White“ von Unbekannten beschmiert. Der offensichtlich rassistische Hintergrund dieser Tat rief den Quebecern die Existenz eines radikalen rechten Untergrunds ins Bewusstsein. Das Werk wurde von lokalen Aktivisten gereinigt und wiederhergestellt. Bis zum heutigen Tag wurde es insgesamt drei Mal angegriffen, die Täter konnten nie ermittelt werden.
 

Jessica Sabogal

Jessica Sabogal Jessica Sabogal | © Jamie Thrower Der kolumbianisch-amerikanischen Wandmalerin Jessica Sabogal (geb. 1987 in San Francisco) dient die Kunst als Zufluchtsort, als kreativer Ort der Verehrung und Erhöhung für Frauen mit oft unerzählten Geschichten. Ihre Werke besitzen eine Vision von weiblicher Identität, die revolutionär und kraftvoll, mutig und schön ist. Mittels der Spraydose versucht sie Flächen mit gehörten, gelebten, erkämpften und geliebten Geschichten zu füllen.
 
Als Street Art Künstlerin in einem von Männern dominierten Medium tätig zu sein, bedeutet kontinuierlich Grenzen zu überschreiten, indem sie ihr Medium für sozialen Wandel, Aktion und Empowerment einsetzte. Seit 2011 ist Sabogal auf der Titelseite von CNN.com mit ihrer Zeitraffer-Ehrung zur ägyptischen Revolution zu sehen, entwarf Dorothy Allisons 20 Jahre-Jubiläumscover für Plume Book's Bastard Out of Carolina und ist die erste Künstlerin, die mit der Bemalung der Wände des Facebook-Hauptquartiers in Menlo Park, Kalifornien, beauftragt wurde.
 
In der Vergangenheit hat sie sich von literarischen Werken von Dichtern, Autoren und farbigen Frauen inspirieren lassen, deren Erfahrungen als Muse ihrer Kreationen dienten. Eine jüngere Reihe ihrer Arbeiten ehrt die Perfektion von Frauen und dem weiblichen Körper: "Women Are Perfect (If You Let Them)" ist der Versuch einer weltweiten Verbreitung dieser einfach aber notwendigen Botschaft.
 
Sabogal wird durch Belastungen stärker, wird von der Zweckmäßigkeit ihrer Arbeit angetrieben und malt ohne Furcht. Sie versucht, die Welt um uns herum mit einer Kunst zu verbinden, die stets daran erinnert, dass Frauen geschätzt, verherrlicht, respektiert und vor allem geliebt werden sollen.
 

Jessica Sabogal „White Supremacy is Killing Me“© Jessica Sabogal, Foto: Jessica Sabogal
Top