3 Stunden //
Stoff // Siebdruck
Werkstatt für Druck und Reklame // Typografie // Grafik // Herbert Beyer
Benötigt werden:
Kariertes Papier
Bleistifte
Marker
Scheren
Stoffbeutel
Textilien
Siebdruckrahmen (DIN-A3,1 x pro Gruppe)
Rakel (1 pro Gruppe)
Siebdruck-Textilfarbe
Spatel
Schwamm
Klebefolie
Papiertape
Karton als Unterlage
Anleitung
In diesem Modul bekommen die Teilnehmer*innen sowohl eine Einführung in die Entwicklung der Typografie am Bauhaus in Weimar unter László Moholy-Nagy und Wassily Kandinsky sowie in Dessau u. a. unter Hans Beyer und lernen zugleich eine der wichtigsten Basis-Drucktechniken kennen: den Siebdruck. Anhand von Büchern und Websites werden zunächst Beispiele verschiedener Entwürfe gezeigt, darunter die grafischen Herleitungen und Orientierungen an geometrische Grundformen von Herbert Beyer und Josef Albers, im nächsten Schritt werden eigene Entwürfe angefertigt und im vereinfachten Siebdruckverfahren auf Stoffbeutel oder mitgebrachte Kleidungsstücke gedruckt.
Schritt 1: In Orientierung an die Beispiele von Herbert Bayer und Josef Albers entwerfen die Teilnehmer*innen in kleinen Gruppen von 4 bis 5 Personen Buchstaben und grafische Elemente, die auf den geometrischen Grundformen wie Quadrat, Kreis und Dreieck basieren.
Schritt 2: Die Teilnehmer*innen stellen sich gegenseitig ihre Entwürfe vor und einigen sich auf einen Buchstaben, ein Wort oder eine Collage, an denen sie gemeinsam arbeiten.
Schritt 3: Die Entwürfe auf Papier werden auf die Plastikfolie übertragen, dann wird die Schablone vorsichtig mit Cutter und Schere ausgeschnitten. Sollen zwei oder mehr Farben verwendet werden, muss in mehreren Schritten gedruckt werden. Diese Variante eignet sich eher für geübte oder schon ältere Teilnehmer*innen.
Schritt 4: Die Plastikfolie wird auf das Sieb geklebt. Das geht am besten, wenn zwei Teilnehmer*innen den Rahmen auf die Unterlage drücken, so dass er sich nicht bewegt, während zwei weitere Teilnehmer*innen die Folie gleichmäßig und ohne Luftblasen oder Rillen auf das Sieb kleben. Die Ränder werden mit Papiertape justiert und abgeklebt.
Schritt 5: Der zu bedruckende Stoff wird auf die Unterlage gelegt und glatt gestrichen, der Siebrahmen wird so positioniert, dass die Schablone an der richtigen Stelle liegt. Zwei bis drei Teilnehmer*innen halten den Siebdruckrahmen von verschiedenen Seiten fest und drücken ihn leicht auf den Stoff. Zwei weitere Teilnehmer*innen tragen mit einem Spatel die Farbe an einem der langen Ränder auf das Sieb auf.
Schritt 6: Nun wird gedruckt: ein*e Teilnehmer*in zieht die Rakel leicht schräg auf die andere Seite des Siebrahmens, so dass die Farbe gleichmäßig durch das Sieb gedruckt wird. Hier muss etwas Druck ausgeübt werden. Dann wird die Rakel abgesetzt und die Farbe wird wieder zurück „geschoben“, in der gleichen schrägen Position wie beim ersten Zug.
Schritt 7: Dann wird der Rahmen vorsichtig hochgehoben, ohne ihn auf dem Stoff zu verschieben. Das Motiv sollte nun gleichmäßig auf dem Stoff sein.
Schritt 8: Die gleiche Prozedur erfolgt nun für die weiteren Textilien. Zwischendurch muss immer etwas Farbe nachgegeben werden. Nach dem letzten Druckvorgang wird die restliche Farbe wieder zurück in den Tiegel gegeben.
Schritt 9: Das Sieb sollte mit warmem Wasser gewaschen werden, solange die Farbe noch feucht ist. Der Rahmen sollte bis zum nächsten Druckvorgang gut getrocknet sein. Soll eine weitere Schablone mit einer zweiten Farbe das Motiv ergänzen, erfolgt der nächste Durchgang nach dem gleichen Prinzip. Idealerweise sollte der Stoff schon angetrocknet sein, ein zweiter Vorgang eignet sich also am besten für die Fortsetzung am nächsten Tag – oder zumindest nach einer Pause.
Das Bauhaus propagierte von Beginn an eine reduzierte, ornamentlose, schlichte und an geometrische Grundformen orientierte Gestaltung. Die Funktion, Produktion, Gebrauchs- und Materialgerechtigkeit sowie die Sichtbarkeit des Konstruktiven standen trotz unterschiedlicher Konzepte der Lehrenden im Vordergrund. Diese Aspekte kommen sowohl bei weitläufigen Architekturensembles als auch bei Einzelgebäuden, funktionalem Mobiliar und nutzerfreundlichem Gebrauchsgerät sowie unscheinbaren Alltagsdingen zum Tragen. Walter Gropius gründete die Schule mit dem Anspruch, Kunst und Handwerk zu verbinden. Ziel war die Ausbildung eines neuen Künstlertypus, der Produkte im Bereich Design und Architektur verbinden sollte, welche sich für die industrielle Massenproduktion eigneten. Am Bauhaus lehrten und lernten Architekt*innen, bildende Künstler*innen, Handwerker*innen, Wissenschaftler*innen, Pädagogen*innen oder Tänzer*innen verschiedener Strömungen und Herkunft.
Die Typografie spielte am Weimarer Bauhaus zunächst nur eine untergeordnete Rolle, auch wenn im Kurs "Schriftformlehre" bereits mit geometrisch konstruierten Schriften experimentiert wurde. Die Stellung der Typografie in der Bauhaus-Lehre änderte sich erst 1923 mit der Berufung von László Moholy-Nagy als Nachfolger von Johannes Itten als Leiter des Vorkurses. Im Zuge der Bauhaus-Ausstellung 1923 wurde eine "Reklamewerkstatt" unter der Leitung von Wassily Kandisky eingerichtet und es begann eine intensive Auseinandersetzung mit der Typografie, die später auch ein wichtiger Teil des Unterrichtsprogramms wurde.
Im Heft „Offset, Heft 7, 1926“ schrieb László Moholy-Nagy:
„Zu fordern ist zum Beispiel eine Einheitsschrift, ohne Minuskeln und Majuskeln; nur Einheitsbuchstaben – nicht der Größe, sondern der Form nach. Natürlich könnte man hier auch ideelle Forderungen stellen, die weit über eine Modernisierung unserer heutigen Schriftform hinausgehen. Unsere Schrift fußt – abgesehen von den wenigen fonetisch ableitbaren Zeichen – auf uralten Übereinkommen. Die Entstehung dieser Zeichen ist heute kaum zu ermitteln. Sie sind sehr oft formal-stilistische (oder praktische) Abwandlungen überlieferter nicht mehr deutbarer Formen. So wird man von einer wirklichen Neuorganisation der (Druck-)Schrift erst sprechen können, wenn sie auf objektiv naturwissenschaftlicher Grundlage durchgeführt sein wird. Vielleicht auf Grund von optofonetischen Versuchen, Klangfigurenergebnissen, seismographisch-projektorisch oder ähnlich. Die Annahme von Grundformen, wie Kreis, Quadrat, Dreieck, führt heute bei der Schriftumgestaltung gewiß zu interessanten formalen, sogar notwendig praktischen Ergebnissen; von einer heute noch utopisch erscheinenden Warte aus sind sie jedoch nicht als die richtige Erfassung des Problems zu werten.“
Nach dem Umzug nach Dessau wurde im neuen Gebäude von Anfang an eine Setzerei und Druckerei eingerichtet. Die Werkstatt für Druck und Reklame wurde von 1925 bis 1928 von Herbert Bayer geführt. Seine für das Bauhaus entwickelte Werbetypografie prägte das Erscheinungsbild der Dessauer Phase maßgeblich. Rot und Schwarz dominierten die Entwürfe, als Satzschrift kam vor allem die Scheltersche Grotesk zum Einsatz, später auch gelegentlich die Futura. Herbert Bayer führte den Gedanken der Einheitsschrift fort, die er "Weltschrift" nannte. Er widmete sich der Entwicklung neuer Druckschriften, ihrer praktischen Verwendung sowie allgemeinen Fragen der modernen Reklame mit ihren technischen, ökonomischen und psychologischen Grundlagen. In der Schriftgestaltung bezog er sich auf einfachste geometrische Elemente. Sein Ziel war die Normierung von Kommunikationsvorgängen und die Entwicklung eines einheitlichen typografischen Erscheinungsbildes für das Bauhaus.
Zu den ersten Arbeiten der Werkstatt zählte der „Katalog der Muster“, mit dem für ausgewählte Produkte des Bauhauses geworben wurde. Durch die Arbeit der Druck- und Reklamewerkstatt wurde am Bauhaus Dessau eine Schriftreform eingeleitet, deren sichtbarster Ausdruck die Kleinschreibung war. Bayer forderte, dass alle Buchstaben auf den Grundformen von Kreis und Quadrat basieren und eine durchgehend gleiche Strichstärke besitzen.
Er schrieb im Offset-Heft 10/1926:
„Leider verwirrt heute eine erdrückende Menge sogenannter Charakter- und Künstlerschriften, welche alle von dem Prinzip aus, Individualität und Originalität zu erreichen, geschaffen sind. Sie wirken in ihrer ornamental schmückenden Art archaisch, spielerisch und in ihrer Erscheinung zu kompliziert; um den heutigen und zukünftigen Anforderungen zu entsprechen, müßte ein formal objektives Resultat gezeitigt werden.“
„Es gibt kein großes und kleines Alfabet. Es ist nicht nötig, für einen Laut ein großes und ein kleines Zeichen zu haben. Die gleichzeitige Verwendung zweier im Charakter vollständig verschiedener Alfabete ist unlogisch und unharmonisch. (...) Schriften nationalen Charakters, wie Fraktur, gotische, russische usw., sind in bezug auf Punkt 1 (Internationale Verständigung) unmöglich, weil beschränkt.“
Zum Jahresende 1925 hatte sich das Bauhaus entschlossen, die Kleinschreibung einzuführen und nur noch Drucksachen nach den existierenden DIN-Normen zu benutzen. Auf den Briefköpfen stand fortan gedruckt:
„wir schreiben alles klein, denn wir sparen damit zeit. außerdem: warum 2 alfabete, wenn eins dasselbe erreicht? warum großschreiben, wenn man nicht groß sprechen kann?“
Auch Josef Albers arbeitet an Schriftkonzepten auf Basis geometrischer Grundformen. In seinen Versuchen einer "Kombinationsschrift" entstand aus den drei Grundformen Quadrat, Viertelkreis und Kreis ein komplettes Alphabet.
Bauhaus 1919 – 1933, Verfasser: Droste, Magdalena, Bauhaus-Archiv, ISBN: 3822876011, Veröffentlicht von: Taschen, 256 S., Erscheinungsjahr: 1998 in der Bibliothek des Goethe-Instituts Athen
50 Bauhaus-Ikonen, die man kennen sollte, Verfasser: Straßer, Josef, ISBN: 9783791341972, Veröffentlicht von: Prestel, 157 S., Erscheinungsjahr: 2009 in der Bibliothek des Goethe-Instituts Athen