Calgarys Fußgängerzone
Autos verboten

8th Avenue Mall [Stephen Avenue] in Calgary, Alberta
8th Avenue Mall [Stephen Avenue] in Calgary, Alberta | Foto (Ausschnitt): Kevin Cappis

An einem Tag im März, ein eisiger Winter in Calgary liegt beinahe (aber auch nur beinahe) hinter uns, weht ein beißender Wind durch die Fußgängerzone der Innenstadt. Eigentlich ist die Stephen Avenue, ein abgetrennter Teil entlang der 8th Avenue, eine der lebendigsten Straßen Calgarys.

Zwischen 6 Uhr morgens und 6 Uhr abends ist die Straße für den Autoverkehr gesperrt und alleiniges Territorium von Fußgängern und Fahrradfahrern, ein Ort zum Mittagessen für Büroangestellte aus umliegenden Firmen oder für alle, um ein Feierabendbier zu trinken. Wenn es kalt ist, verweilt niemand auf der Stephen Ave., sondern alle laufen nur eilig vorüber. Der Frühlingsbeginn macht sich in diesem gepflasterten Teil der Innenstadt jedoch immer sofort bemerkbar.

Stephen Ave. ist als Calgarys Fußgängerzone vor allem ein Ort zum Einkaufen und ein Treffpunkt mit Bushaltestellen und Sitzbänken. Ähnlich wie in Deutschland liegt das abgetrennte Gebiet im Stadtkern, ist eine der ältesten Straßen dieser jungen Stadt und gehört den Fußgängern. Bei gutem Wetter gibt es entlang des Kopfsteinpflasters Lichtshows und Kunstausstellungen.

In den 1970er Jahren wurde dieser Teil der Stadt für den Verkehr gesperrt (20 Jahre nachdem die erste verkehrsfreie Zone in Kassel geschaffen wurde und die Zeit, in der Calgary fast alles gebaut wurde) und ist heute ein offizieller historischer Ort. Tagsüber liegen die denkmalgeschützten Gebäude im Licht der klaren nordamerikanischen Präriesonne und in der Nacht ziehen die Menschen von Bar zu Bar. Man gewinnt hier den Eindruck, manch einer komme lediglich um zu sehen und gesehen zu werden, da es ansonsten in Calgary keinen anderen entsprechenden Ort gibt, kann man zumindest so tun als ob.

Eine Fußgängerzone steht im krassen Gegensatz zu Calgary als Autostadt. Während Tausende von Fahrzeugen die Zufahrtsstraßen blockieren, rauschen die öffentlichen Nahverkehrszüge halbleer vorbei. Derzeit sind unsere Straßen der Austragungsort eines Streits um die sich selbst auferlegte Veränderung der Stadt. Der Bürgermeister Naheed Nenshi und sein Stadtrat stecken fest in einer Debatte um einen vorgesehenen Fahrradweg durch die Innenstadt (Gegenargument: eine Studie hat gezeigt, dass ein solcher Fahrradweg den Berufsverkehr um 30 Sekunden verlangsamen würde). Vor kurzem wurde die Diskussion mit der Frage nach Stephen Ave. als Ort für einen Wochenmarkt intensiv auf der Facebookseite eines Kollegen geführt. Eine gute Idee? Gibt es genug Parkplätze für diejenigen, die dann am Wochenende in die Innenstadt kommen, um Gemüse zu kaufen? Der Markt wäre nur einen Häuserblock von der städtischen Zuglinie entfernt.

Stephen Ave. verdankt ihren Namen dem ersten Vorsitzenden der Canada Pacific Railways George Mount Stephen und schneller, öffentlicher Fernverkehr ist Teil unserer Geschichte. Demnach ergibt es Sinn, dass die einzige Fußgängerzone Calgarys nach einem Eisenbahnbaron benannt wurde und lange nicht den Umfang hat, den sie eigentlich haben sollte. Ein anderer paradiesischer Ort für Spaziergänger ist ein Stück Insel namens Prince’s Island Park inmitten des Bow Rivers, die im Sommer wundervoll ist und in der Dämmerung eine bezaubernde Wirkung haben kann. Das ist Calgary: atemberaubende Naturbegebenheiten einerseits und eine philosophische Abneigung gegenüber dem Fußgänger.

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