Hermann Hesse: 100 Jahre Siddhartha Der Klang fremder Welten
Der indische Subkontinent steht in einer langen Tradition als Sehnsuchtort für deutsche Kulturschaffende und Intellektuelle. Hermann Hesses 1922 erschienener Roman Siddhartha ist Ausdruck dieser Faszination. Das Buch prägte auch die Südasienbegeisterung der 1960er- und 1970er-Jahre. Aus Anlass des 100. Jubiläums von Siddhartha setzen sich die Goethe-Institute in Südasien mit der wechselseitigen Rezeption von Südasien und Deutschland in Literatur, Musik, Film und Alltagskultur auseinander.
Hermann Hesses 1922 erschienener Roman Siddhartha steht in der Tradition der romantischen Indienbegeisterung in Deutschland. Prägend wurde Siddhartha auch für eine spätere Phase der Indieneuphorie, die in den 1960er- und 1970er-Jahren Tausende junge Menschen aus Europa und den USA nach Indien und Afghanistan aufbrechen ließ. Wie hat Siddhartha das Indienbild in Deutschland geprägt? Aus Anlass von 100 Jahren Siddhartha sind hier Beiträge zur gegenseitigen Rezeption von Südasien und Deutschland zusammengeführt - in Literatur, Musik, Film und Alltagskultur.
Der indische Subkontinent ist seit dem späten 18. Jahrhundert ein Sehnsuchtsort deutscher Kulturschaffender und Intellektueller. Davon zeugen die Werke von Schriftstellern wie Hermann Hesse und Günther Grass. In ihren Texten spiegeln sich nicht nur allgemeine Vorstellungen von Indien, sondern auch persönliche kulturelle Paradigmen wider.
Es gibt kein Verstehen ohne Vorurteil – so argumentierte der deutsche Philosoph und Verehrers der indischen Philosophie, Karl Jaspers. Oder anders gesagt: Jede Berührung mit anderen kulturellen Kontexten wird auch von Projektionen begleitet. In dieser Gesprächreihe laden wir Autorinnen und Autoren, Publizistinnen und Publizisten sowie Künstler*innen aus der Literatur und anderen Bereichen ein, die Rolle von Projektionen für interkulturelle Begegnungen zu erkunden. Sind Projektionen unverzichtbar? Wenn ja, sind sie nur negativ, oder können Projektionen auch produktiv sein? Wie kommen Projektionen in der Literatur zum Ausdruck?
Veranstaltungen
Die Wahrnehmung steht im Zusammenhang mit Einsichten und Verständnis. Wie die einzelnen Figuren in einer Geschichte wahrgenommen werden, hängt von der Erzählung, den Erfahrungen und den Weltanschauungen der einzelnen Personen ab. Schriftsteller haben ihre eigenen Wahrnehmungen, um Inhalte zu beschreiben, zu analysieren und zu erklären. Welche Techniken wenden Schriftsteller an, wenn sie über andere Kulturen schreiben, und vor welchen Herausforderungen stehen die Übersetzer, wenn sie das Anderssein einfangen wollen?
In dieser Podiumsdiskussion diskutieren zwei herausragende Schriftsteller, einer aus Deutschland und einer aus Indien, zusammen mit einem prominenten Übersetzer darüber, wie sie den Anderen in ihren Texten wahrnehmen. Sie werden auch darüber nachdenken, wie sich die Wahrnehmung des Fremden in ihren Werken widerspiegelt und wie sie Ideen und Bilder der anderen Welt durch ihre Werke formen.
Tag, Datum: Donnerstag, 8. Dezember 2022 Uhrzeit: 18:00-19:30 Uhr Veranstaltungsort: Goethe-Institut Neu Delhi / Max Mueller Bhavan Chennai
Teilnehmer*innen
Christopher Kloeble
Christopher Kloeble ist ein deutscher Romanautor, Dramatiker und Drehbuchautor. Er studierte am Deutschen Studiengang für Kreatives Schreiben in Leipzig und hatte Lehraufträge und Gastaufenthalte u. a. in Deutschland, den USA, Großbritannien und Indien.
Jeyamohan
B. Jeyamohan (geb. 1962) lebt in Nagercoil und ist ein herausragender Autor der modernen tamilischen Literatur. Als einer der produktivsten Schriftsteller Indiens hat er mehr als zweihundert Bücher verfasst, darunter Romane, Kurzgeschichten, Reiseberichte, Literaturkritik und Essays über Kulturerbe und Philosophie.
Priyamvada Ramkumar
Priyamvada Ramkumar ist eine private Kapitalgeberin und literarische Übersetzerin. Sie übersetzt aus ihrer Muttersprache Tamil ins Englische. Ihre erste Übersetzung in Buchform, Stories of the True (eine Übersetzung von B. Jeyamohans Aram), wurde im August 2022 von Juggernaut Books veröffentlicht.
Moderation: Dr. Katharina Görgen
Dr. Görgen ist die Leiterin des Goethe-Instituts Chennai. Sie ist Filmwissenschaftlerin und Feministin mit langjähriger Erfahrung im Bereich Medienkultur und Theater.
Es gibt kein Verstehen ohne Vorurteil – so argumentierte der deutsche Philosoph und Verehrer der indischen Philosophie, Karl Jaspers. Oder anders gesagt: Jede Berührung mit anderen kulturellen Kontexten wird auch von Projektionen begleitet. In dieser Gesprächsreihe laden wir Autorinnen und Autoren ein, die Rolle von Projektionen für interkulturelle Begegnungen zu erkunden. Sind Projektionen unverzichtbar? Wenn ja, sind sie nur negativ, oder können Projektionen auch produktiv sein? Wie kommen Projektionen in der Literatur zum Ausdruck?
In dem Gespräch diskutieren die Teilnehmenden, wie sich die Wahrnehmung des Fremden in literarischen Werken abzeichnet. Wie prägen Autorinnen und Autoren durch ihre Werke Vorstellungen und Bilder von Indien in Deutschland, und umgekehrt?
TEILNEHMENDE
Martin Mosebach (digitale Teilnahme)
Martin Mosebach ist ein deutscher Schriftsteller von Romanen, Theaterstücken, Hörspielen, und weiteren Genres. Er wurde 1951 in Frankfurt/Main geboren. Mehrfach bereiste er Indien, diese Erfahrung spiegelt er in seinen Werken “Das Beben” (Hanser, 2005) und “Stadt der wilden Hunde. Nachrichten aus dem alltäglichen Indien” (Hanser, 2008). Im Jahr 2007 wurde er mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet, dem wichtigsten Preis für deutschsprachige Literatur. Zuletzt erschien von ihm 2022 der Roman “Taube und Wildente” im Deutschen Taschenbuchverlag (dtv). Martin Mosebach lebt in Frankfurt am Main.
Namita Khare
Namita Khare ist Übersetzerin und Mitarbeiterin der Abteilung für Germanistik und Romanistik an der Delhi University. Ihr besonderes Interesse gilt der Erforschung von Deutschlandbildern in der Hindi-Literatur. Sie hat Werke aus dem Deutschen übersetzt und herausgegeben.
Moderation: Shaswati Mazumdar
Shaswati Mazumdar wurde 1953 in Kolkata geboren. Von 1978 bis 2018 lehrte sie am Department of Germanic and Romance Studies, University of Delhi; seit 2018 ist sie emeritiert. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören Indien in der deutschsprachigen Literatur, kulturelle Transformationsprozesse in der deutschsprachigen Welt und Europa, und die Rezeption des indischen Aufstands von 1857 im nicht-englischsprachigen Europa.
Über die Veranstaltung
Der feministische Diskurs wird in verschiedenen Teilen der Welt unterschiedlich verstanden und geführt. Dies lässt sich auch in der Literatur nachvollziehen. In der Veranstaltung diskutieren Schriftstellerinnen und Publizistinnen aus Deutschland und Indien, wie sich Feminismus und Geschlechterbeziehungen in der Literatur beider Länder widerspiegeln, und inwiefern gesellschaftliche Normen und globale Bewegungen den feministischen Diskurs geprägt haben.
Teilnehmerinnen
Mithu Melanie Sanyal wurde 1971 in Düsseldorf geboren und ist Kulturwissenschaftlerin, Journalistin und Kritikerin. 2009 erschien ihr Sachbuch Vulva. Das unsichtbare Geschlecht, und 2016 Vergewaltigung. Aspekte eines Verbrechens. In ihrer Arbeit setzt sie sich mit Feminismus und Postkolonialismus auseinander. Ihr Debütroman Identitti kreist um Debatten über Herkunft, Kultur und Identität. Die englische Fassung ist im Juli 2022 erschienen.
Weitere Informationen: Mithu Sanyal bei „New Books in German“
Mithu Sanyal nimmt digital an der Veranstaltung teil.
Ritu Menon ist Feministin, Verlegerin und Schriftstellerin und engagiert sich seit mehr als 30 Jahren in der Frauenbewegung in Indien und Südasien. Sie hat mehrere Bücher und Anthologien geschrieben und veröffentlicht, darunter auch ihr wegweisendes Werk Borders & Boundaries: Women in India’s Partition sowie Out of Line: A Literary and Political Biography of Nayantara Sahgal; Address Book: A Publishing Memoir in the Time of COVID sowie jüngst ZOHRA! A Biography in Four Acts.
Moderation
Preeti Gill ist eine unabhängige Literaturagentin mit mehr als 25 Jahren Erfahrung in der Verlagsbranche als Commissioning Editor und Rights Director. Sie ist die Gründerin von Majha House, der ersten literarischen und kulturellen Plattform ihrer Art in Amritsar, Punjab. Sie ist die Redakteurin von The Peripheral Centre: Voices from India's Northeast, Insider Outsider: Belonging an Unbelonging in India's Northeast (zusammen mit Samrat Choudhry) sowie Co-Autorin von Bearing Witness: A Report on the Impact of Conflict in Nagaland and Assam. Ihr Dokumentarfilm Rambuai: Mizoram's Trouble Years wurde 2016 veröffentlicht. Derzeit arbeitet sie an einem Buch über Punjab.
Die Literaturreihe wird kuratiert von Mary Therese Kurkalang und Krisha Kops.
Mary Therese Kurkalang
Als Kuratorin im Kulturbereich und Sozialwissenschaftlerin arbeitet Mary Therese seit 1995 an der Schnittstelle zwischen Kunst, Kultur und Gesellschaft. Neben Abstechern in die Literatur – Poesie, Belletristik und Sachbuch – berät sie Organisationen bei der Förderung von Kultur und sozialer Gerechtigkeit.
Krisha Kops
Krisha Kops ist Philosoph und Schriftsteller. Als praktizierender Philosoph leitet er WirHelfen.eu und berät Unternehmen. Im Jahre 2022 veröffentlichte er seinen preisgekrönten deutsch-indischen Roman Das Ewige Rauschen.
Onleihe: Deutschsprachige Literatur und Filme über Indien
Musik war und ist ein ständiger Akteur der Interaktionen zwischen lokalen und internationalen Interessen, ein Ausdruck der flüssigen Moderne. Südasien und Deutschland gelten als kosmopolitische Räume für den interkulturellen, transnationalen Austausch, in denen seit den 1960er Jahren Live-Musikveranstaltungen und Festivals explosionsartig ansteigen. Ein aufkeimendes Interesse lässt sich anhand von JISR rekapitulieren, einer deutschen Band, die Ende der 1960er Jahre durch Südasien tourte, mit Afghanistan und Indien als wichtigen kulturellen Stationen. Was einst nur kleine Teasers sind heute ein regelmäßiges Vergnügen, wobei die Musik seit Anfang des 21. Jahrhunderts immer flüssiger wird.
JISR - auf Tournee in Südasien
Jisr heißt auf arabisch Brücke. Das internationale Ensemble musiziert in variationsreichen Besetzungen mit hochkarätigen virtuosen Musikerinnen und Musikern. In mehreren Musikgerenes verwurzelt, baut dieses unkonventionell instrumentierte musikalische Projekt Brücken zwischen Arabian, Afro, Jazz, Rock und Klassik. Dabei schlägt Jisr den Weg des Maximums an musikalischer Vielfalt und Improvisation ein.
2016 gründete der Marokkaner Ramdan, den das Germanistikstudium nach München brachte, die Gruppe mit zwei geflüchteten Syrern. Marja Buchard ist ebenfalls Jisr-Band-Mitglied. Sie leitet als Multiinstrumentalistin auch die Weltmusikgruppe Embryo, welche 1969 von ihrem Vater Christian Burchard gegründet wurde. 2016 übernahm Marja Burchard die Band und führt sie seit dem Tod ihres Vater 2018 weiter.
Im März 2022 touren Jisr auf Einladung des Goethe-Instituts durch Südasien - mit Stationen in Colombo, Karachi, Dhaka, Kolkata, Delhi, Chennai und Bangalore.
Die Band Embryo wurde 1969 von den Multiinstrumentalisten Christian Burchard und Edgar Hofmann in München gegründet. Sie gelten als eine der Vorreiter des sogenannten Krautrocks in den 1960er-Jahren. Die Band reiste 1979 über den Landweg von Deutschland nach Indien und Afghanistan. Seitdem hat sich die Band intensiv mit indischer, afghanischer und auch afrikanischer Musik auseinandergesetzt. Bis heute verbindet die Band Jazz mit Rhythmen und Instrumenten aus Indiens, Afrika und der arabischen Welt.
Marja Burchard, Mitgründerin der Band Jisr, übernahm die Leitung von Embryo 2016 von ihrem Vater Christian Burchard.