Startup with German
Gruppenbild mit Dame

Ein Traum wird wahr: Indische Schülerinnen und Lehrer treffen die Kanzlerin.
Ein Traum wird wahr: Indische Schülerinnen und Lehrer treffen die Kanzlerin. | Foto: Patrick Protz

KV-Jugendcamp Shimla
„Deutsch Kreativ“ in der Kendriya Vidyalaya Jutogh, Shimla

Shimla
© Goethe-Institut / Max Mueller Bhavan New Delhi

Deutschschülerinnen und -lehrer aus Indien reisen für drei Wochen dahin, wo ihr Wahlfach Alltag ist. Sie freuen sich über Fußgängerampeln, Mülltrennung und Schokolade, aber ganz besonders über den Besuch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Berlin, Bundeskanzleramt, 1. Stock. Da hängen sie alle, in Öl, schön gerahmt, Seite an Seite: die ehemaligen deutschen Kanzler. Davor stehen rund dreißig indische Schülerinnen und Schüler und recken die Arme, um Fotos mit den Gemälden zu schießen. Am beliebtesten als Selfie-Partner: Helmut Kohl. Den kennen sie alle.

Ihre große Heldin aber ist Angela Merkel, die hier natürlich noch nicht hängt, weil noch im Amt, und die die Jugendlichen gleich zum Gruppenbild treffen, ganz real. Alle sind aufgeregt, hibbelig, gespannt. „Die stärkste Frau der Welt!“, „Ein Vorbild für alle Mädchen!“, „Sie ist so intelligent!“, „Hat sogar einen Doktor!“, „Sie denkt nicht nur für ihr Land, sondern für alle!“

Selfies mit ehemaligen deutschen Kanzlern Selfies mit ehemaligen deutschen Kanzlern | Foto: Anja Martin Die 31 Schülerinnen und Schüler aus ganz Indien, zwischen 12 und 15 Jahre alt, haben in diesem Jahr den Wettbewerb „Startup with German“ gewonnen. Sie lernen die Sprache als Wahlfach an öffentlichen und privaten Schulen und haben sich mit kreativen Videos beworben, auf Deutsch versteht sich.

Ihr Gewinn: Ein dreiwöchiger Aufenthalt in Deutschland, samt Sprachunterricht und Rahmenprogramm, von Frauenkirche bis Blue-Man-Group. Außerdem wurden bei „Startup with German“ Indiens beste Deutschlehrerinnen und-lehrer 2017 in vier Kategorien gekürt und mit einem Sprachkurs im Goethe-Institut Berlin belohnt. Auch sie sind heute hier.

Und das ist kein Zufall: Denn all das kam nur zustande, weil die deutsche Kanzlerin 2013 den Indira-Gandhi-Preis gewann und das Preisgeld zurück nach Indien spielen wollte. Das Goethe-Institut setzte sich mit seiner Wettbewerbsidee durch und fand weitere Partner: die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA), den indischen Deutschlehrerverband (InDaF) und den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD).

Kuchen, BrÖtchen und Frühstücksei, aber viel zu wenig Gewürze

Seit einer Woche sind die Schülerinnen und Schüler nun in Deutschland – was hat sie bisher beeindruckt? „Die vielen Radfahrer“, sagt die 14-jährige Gursimar. „Und die Ampelmännchen!“ Damit meint sie nicht nur die lustigen Figuren, sondern vor allem, dass es überhaupt Fußgängerampeln gibt.
„Dass alle so freundlich sind“, findet Divya aus Pune. Gursimar berichtet, wie eine Frau in Dresden einer der Schülerinnen ein Eis spendierte, weil die kein Geld dabei hatte. Irgendwie scheint ihnen hier alles zu gefallen: die sauberen Städte und die Straßenfeste, die Kirchen und die Architektur, Leipzig, Berlin, Fußball, Autos, Mülltrennung.

Und wovon sind sie enttäuscht? „Vom Essen. Viel zu wenig Gewürze!“, kommt es unisono. So will Kuntak, 15, aus Neu-Delhi das nun doch nicht stehen lassen: „Ich mag die Brötchen, den Kuchen, das Frühstücksei.“ Die anderen nicken zustimmend: „Und Schokolade!“.

Ein Treffen mit der Kanzlerin Ein Treffen mit der Kanzlerin | Foto: Bundesregierung/Guido Bergmann Jetzt geht es ganz schnell. Die Gruppe fährt im Aufzug in die Sky Lobby, eine halbe Etage über dem Büro der Kanzlerin. So nahe waren sie der Weltpolitik noch nie. Dann kommt Angela Merkel, stellt ein paar Fragen, stellt sich fürs Foto zu ihnen. Dankesworte und Geschenke. Und sie ist wieder weg.

„Das werde ich mein ganzes Leben nicht vergessen“, meint ein Mädchen gerührt. Nur einer hat mehr mitgenommen als die Erinnerung im Kopf: Kuntak ist es gelungen, ein Autogramm zu bekommen. Draußen vor dem Kanzleramt umringen ihn alle und fotografieren die Unterschrift ab. Wenn Merkel die Heldin ihrer Reise ist, dann ist Kuntak der Held des Tages.

Am Abend des 8. Juni 2017 erreichen die Schülerinnen und Schüler verschiedener KV-Schulen aus Jammu und Kashmir, Punjab und Haryana die KV-Schule Jutogh in Shimla. Die heftigen Regenfälle können die Vorfreude nicht trüben. Vielmehr sorgen die frischen „pakoras“ und heißer Tee für gut Stimmung.

Der nächste Morgen ist kalt, bei strahlend blauem Himmel und Sonnenschein. Die Schüler*innen treffen sich mit ihren Lehrer*innen im Hof der Schule zum Kennenlernen.
Anschließend gibt es eine kurze Vorstellung des Programms. Innerhalb ihrer Gruppen wählen die Lerner*innen ein Thema, zu dem sie während des Camps arbeiten möchten. Mit Hilfe ihrer Deutschlehrer*innen und dem Team des Goethe-Instituts sammeln sie Ideen und neue Wörter, die zu ihrem Thema passen.

Jetzt kommt der etwas schwierigere Teil: Es werden Sätze mit gelernten Wörtern gebildet, die nach und nach zu einer Geschichte, passend zum jeweiligen Thema, zusammengesetzt werden. Manche Gruppen schaffen es in drei Versuchen, doch viele brauchen 10-15 Entwürfe, bis ein Konsens gefunden ist.
 
Nach diesem Tag harter Arbeit ist der Ausflug auf die „Mall Road“ in Shimla eine willkommene Abwechslung. Der Wettergott meint es gut, sodass bei schönem Wetter und grandioser Aussicht das Eis genossen und viele Selfies vor der berühmten Kirche gemacht werden können.
 
Der nächste Tag wartet mit starken Regenfällen und kühlem Wind auf. Alle Fenster und Türen bleiben fest verschlossen und alles spielt sich nur im Schulgebäude ab. Kein Grund zum Traurigsein, denn alle bekommen die Möglichkeit, ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen. Die Geschichten der Kinder werden in bebilderter Buchform niedergeschrieben.

All die harte Arbeit wechselt sich natürlich mit einer Menge Spaß ab, mit deutschen Liedern, beim Schmücken der Räume mit Ballons oder beim Basteln. Nicht zu vergessen ist das vorzügliche Essen und die Streiche, die die Kinder sich gegenseitig und das ein oder andere Mal auch ihren Lehrerinnen und Lehrern spielen. Alles natürlich immer spaßig gemeint.
Am Ende des tollen Jugendcamps bleiben die wirklich schönen Hefte der Schülerinnen und Schüler, die von anderen Deutschlerner*innen als einfache und anschauliche Leseübung genutzt werden können.