Für mich ist die
bangaloREsidency@Pepper House in Kochi zu einer ganz einzigartigen Erfahrung von sehr persönlicher und bedeutungsvoller Art geworden.
Ein ortsansässiger Künstler für den Zeitraum von einem Monat im Pepper House zu sein. formte den Ausgangspunkt für meine Arbeit und den vorher formulierten Projektvorschlag. Auf der einen Seite war es eine Rückkehr und eine künstlerische Auseinandersetzung meiner Heimatstadt Kherson in der Südukraine, die ich im Jahr 2000 verlassen habe, um in Deutschland Zuflucht zu suchen. Diesen Teil des Gesamtprojekts habe ich bereits mehrere Monate vor Beginn der Residenz durchgeführt. Hier lag der Fokus der Arbeit auf der Untersuchung der wechselseitigen Beziehung zwischen der Schiffswerft meiner Heimatstadt und dem Stadtteil, in dem ich aufgewachsen bin, welcher "Satelliteninsel" genannt wird. Dementsprechend hatte ich, als ich einige Monate später in Kochi angekommen war - der Stadt mit der größten Schiffsbauindustrie Indiens - bereits zahlreiche Forschungsergebnisse im Gepäck mit dem Ziel, die Arbeit vor Ort fortzusetzen.
Auf der anderen Seite, im Zuge der Anpassung meines Residenz-Projektes, wollte ich zum ersten Mal mein bereits erhobenes Material im Pepper House Revue passieren lassen, um zu sehen, ob, wie und
© Kochi Biennale Foundation
was die beiden Schiffsbaustädte Kherson, Ukraine und Kochi, Kerala gemeinsam haben. In dieser Hinsicht konzentrierte ich mich die ersten zehn Tage meiner Residenz darauf, das mitgebrachte Material zu bearbeiten und damit zu experimentieren, um die ersten, ziemlich eindeutigen Berührungspunkte zwischen den beiden Orten zu identifizieren. Dahingehend musste ich das Projekt während der Residenz nicht von Grund auf neu beginnen musste, sondern konnte meine Fragen und meine Vorgehensweise gemeinsam mit dem Goethe-Institut / Max Mueller Bhavan und der Kochi Muziris Biennale gemeinsam erarbeiten und ausbauen.
Mit großer Unterstützung auf beiden Seiten hat meine Residenz das
After Joy Projekt hervorgebracht.
After Joy ist ein neues globales Kunstwerk, bestehend aus einer Zwei-Kanal-audiovisuellen Installation und einer Skulptur im öffentlichen Raum. Das Projekt greift auf die Spuren von vier Frachtschiffen zurück: Vishwa Umang, Vishwa Tarang, Vishwa Asha und Vishwa Abha - Universelle Freude, Welle, Hoffnung und Gnade - die auf der Werft in Kherson, Ukraine für Indien als Teil der Indo-Sowjetischen Partnerschaft in den Jahren 1973 und 1974 gebaut wurden. Die Zwei-Kanal-audiovisuelle Installation und die Skulptur kontextualisieren diesen Austausch durch die Spezifität beider Standorte - Kherson in der Südukraine und Kochi in Kerala, Indien.
In der wechselseitigen Beziehung mit der Skulptur verweist ein zweikanaliges Video auf die Komplexität d
© Kochi Biennale Foundation
er aktuellen und zukünftigen sozialen, kulturellen und politischen Wege der Ukraine und Indiens und lädt das Publikum ein, sich zwischen den beiden zu positionieren und die Arbeit introspektiv zu erarbeiten. Die Installation umfasst die Elemente der Arbeit mit Radio und modularer Synthese und besteht aus künstlerischen Interventionen, Recherchen von Archivmaterialen und Familienarchiven, Interviews mit Werftarbeitern, Gewerkschaften und Raumfahrtwissenschaftlern sowie Luftaufnahmen von beiden Seiten.
Die Skulptur im öffentlichen Raum besteht aus Schrottpropellern mit einem Radius von 170 Zentimetern, die in der Mitte eines Kreisverkehrs in Kochi übereinander liegen. In Anlehnung an den aktuellen Status der 4 Schiffe - "tot" oder "verloren" - werden die inaktiven Propeller durch die Rotation der Menschen um sie herum angetrieben. Auf diese Weise in den öffentlichen Raum eingefügt, beginnt die Skulptur mit den materiellen Überresten der universellen Wellen der Freude, Hoffnung und Gnade und setzt sich fort durch eine andere Form der Kreisbewegung, die eine Verschiebung der Aufmerksamkeit auf die Vergänglichkeit menschlicher Intention und Schubkraft ermöglicht.
Als Arbeitstier und prozessorientierte Person habe ich mich hauptsächlich mit den Menschen und dem Ort durch die Arbeit selbst beschäftigt. Dies ermöglichte mir, neue Erfahrungen zu machen, neue Netzwerke aufzubauen und Orte zu besuchen, die mit meiner Forschung in Verbindung stehen. Mit Unterstützung des Biennale-Teams konnte ich Kontakte zu Werftarbeiter-Gewerkschaften knüpfen, mit Wissenschaftlern der indischen Raumfahrt sprechen und große Schrottpropeller beschaffen. Diese dann zum Kreisverkehr in Kochi zu transportieren und dort zu installieren, war an sich schon ein recht bedeutendes und komplexes Projekt. Außerdem habe ich mich gefreut, die Stadt gemeinsam mit anderen Künstlerkollegen zu entdecken und an der Seite des großen Teams der Biennale Foundation arbeiten zu können.
Während dieser ganzen bereichernden und schönen Reise stellt meine Arbeit sowohl einen Vorboten dar, der auf den aktuellen Stand der sozialen und politischen Angelegenheiten in der Ukraine und in Indien hinweist, sowie sie auch eine sehr persönliche Reise beschreibt, die es mir ermöglicht hat, umfassende Fragen meines Handelns und der Intention in meinem Leben zu stellen. Meine Heimatstadt aus weiter Ferne zu beobachten und sich mit den Ähnlichkeiten und Unterschieden zu befassen, hat eine sehr notwendige und persönliche Reflexion über die Orte ermöglicht, an dem meine Arbeit begann, wo ich mich jetzt gerade befinde und wohin die Arbeit mich noch führen wird-.
Letzteres lässt sich insbesondere in meiner Residenzzeit durch eine Reihe von experimentellen Projekten verdeutlichen. Hierzu gehören die Installation eines funktionierenden Radiostudios in meinem Studio, die Aufführung von Live-Musikpartituren und eine performative Präsentation im Rahmen der Let's Talk-Reihe der Kochi Biennale Foundation, sowie ein Schulworkshop.
© Kochi Biennale Foundation
Ich freue mich sehr darauf, im Dezember 2018 nach Kochi zu reisen, um an der Eröffnung der Kochi-Muziris Biennale teilzunehmen, bei der das Ergebnis meiner Residenz vorgestellt wird.
Dieses Projekt wurde durch verschiedene Formen der Zusammenarbeit, gegenseitiger Unterstützung und unermüdliche Arbeit ermöglicht. Dafür möchte ich dem Goethe-Institut / Max Mueller Bhavan - Maureen Gonsalves und Dr. Claus Heimes, dem Kochi Biennale Foundation Team - Gautam Das und Naisam PS, dem Malabar House für seine großzügige Gastfreundschaft und dem Pepper House für das wunderschöne Künstlerstudio und die Anwesenheit während der Arbeit danken.