IM TOD von Sankar Venkateswaran & Leon Pfannenmüller
© 2022 Im Tod. Theaterhaus Jena/Theatre RAW/Goethe-Institut
Im Tod (In My Time of Dying) ist ein Theaterprojekt von Leon Pfannenmüller (Deutschland) und Sankar Venkateswaran (Indien). Es sucht den Dialog auf Grundlage des kleinsten gemeinsamen Nenners unserer conditio humana: der Tatsache, dass wir alle sterben werden und nur eine begrenzte Zeit zu leben haben. Wie sterben wir? Wie bereiten wir uns darauf vor? Wie gehen wir mit sterbenden Körpern um? Und nach dem Tod?
In dem Stück Im Tod geht es um eine lebensverändernde Begegnung zwischen zwei Theatermachern. Sowohl der Prozess als auch die Inszenierung folgen dem Prinzip des Dialogs, wobei die Grenzen zwischen autobiografischen Fakten und Fiktion durchaus verwischt werden können. Auf der Bühne besinnen sich die Darsteller auf ihre persönlichen Assoziationen mit dem Tod, sie sprechen aus gelebter Erfahrung, tauschen Geschichten und Perspektiven aus, spielen Szenen aus Stücken, die sie in der Vergangenheit aufgeführt haben, oder aus Stücken, die den Tod oder das Sterben berühmt machen. Sie stützen sich dabei auf persönliche Überlegungen, Missverständnisse und gemeinsame Anliegen. Sie präsentieren Auszüge aus Experteninterviews mit Ärzten, Pflegern, Bestattern und Physikern, die Themen von der westlichen Wissenschaft bis hin zu philosophischen Ideen über Materie, Leben und Tod behandeln. Sie erörtern Fragen zur Palliativmedizin, zu den Bedürfnissen eines Sterbenden und zum Umgang mit dem Tod in nicht-westlichen und indigenen Kulturen.
Leon Pfannenmüller ist Schauspieler und Theaterregisseur. Geboren in Nürnberg, Bayern, studierte er Schauspiel an der Akademie für Darstellende Kunst in Ludwigsburg. Er spielte an Theatern in Deutschland, Italien und den Niederlanden, wie zum Beispiel dem Thalia Theater in Hamburg, Frascati Amsterdam und den Ver- einigten Buhnen Bozen.
2012 inszenierte er "Das Totenfest" nach einem Roman von Jean Genet im Rahmen der Feierlichkeiten für Charles De Gaulle in Ludwigsburg. Von 2012 bis 2017 war Leon Mitglied des Ensembles des Münchner Volkstheaters. Dort initiierte und leitete er die thematische Veranstaltungsreihe "Die große Schau". Ebenfalls am Munchner Volkstheater arbeitete er an einer musikalischen Bühnenadaption von Eduard Limonows Roman "Fuck off, Amerika", die zum Kaltstart Festival in Hamburg eingeladen wurde.
Für das Online-Magazin Telepolis hat er mehrere essayistische Kurzfilme produziert. 2020 führte er Regie bei dem Kurzfilm "Very Important: This Is About Theatre" in Zusammenarbeit mit dem Videokünstler Thomas Taube.
2019/20 war er Mitglied des Ensembles des Theaters am Neu-markt, Zürich. Seit 2018/19 arbeitet er an verschiedenen Projekten am Theaterhaus Jena sowie mit dem niederländischen Theaterkollektiv Wunderbaum.
Sankar Venkateswaran ist Theaterregisseur aus Indien. Er lebt und arbeitet am Sahyande Theatre, das er im Bergtal von Attappadi, Kerala, gebaut hat.
Er studierte Regie an der School of Drama and Fine Arts, University of Calicut, und absolvierte anschließend eine Ausbildung am Theatre Training and Research Programme in Singapur. Im Jahr 2007 gründete er das Theatre Roots & Wings und inszenierte Richard Murphets "Quick Death" (2007), "Sahyande Makan-The Elephant Project" (2008), Ohta Shogos "Water Station" (2011), "101 Lullabies" (2012) und Henrik Ibsens "When We Dead Awaken" (2012).
Im Jahr 2013 erhielt Sankar das Ibsen-Stipendium des Teater Ibsen, Norwegen, für das "Tribal Ibsen Project", das seine Arbeit mit der indigenen Bevölkerung in Attappadi förderte. Seine folgenden Arbeiten "Criminal Tribes Act" (2017) und "Indian Rope Trick" (2020) spiegeln den Wandel in Venkateswarans Arbeitskontext wider. Seine Arbeiten wurden an verschiedenen Orten und Festivals wie dem Zürcher Theater Spektakel, Kyoto Experiment, Zoukak Sidewalks in Beirut, Theater Commons Tokyo und dem Spielart Theaterfestival München gezeigt.
Neben seiner Arbeit mit der Compagnie inszenierte Venkateswaran eine Reihe von Werken als Gastregisseur für verschiedene Institutionen wie Anton Tschechows "Möwe" (2011), Maurice Maeterlincks "Innenraum" (2020) für NINASAM, Heggodu, Indien, Bhasas "Urubhangam" (2011) für die Shinshu University, Japan und "When We Dead Awaken" (2018) für das Intercultural Theatre Institute, Singapur.
Sankar inszenierte 2015/16 "Tage der Dunkelheit" (2016), gefolgt von "INDIKA" 2016/17 am Münchner Volkstheater. 2015 und 2016 war er künstlerischer Leiter des Internationalen Theaterfestivals von Kerala und Jurymitglied des Zürcher Theaterspektakels 2016.
Leon und Sankar haben bereits bei der Entstehung von "Tage der Dunkelheit" am Münchner Volkstheater zusammengearbeitet und tauschen sich seitdem über das Theatermachen und andere gemeinsame Interessen aus. Leon besuchte Sankar 2019 am Sahyande Theater in Attappady, Kerala.
Kommentar von Sankar Venkateswaran
"Seit den ersten Tagen der Pandemie haben Leon Pfannenmüller und ich uns mehrmals online getroffen und über die Auswirkungen der Pandemie auf die darstellenden Künste nachgedacht und die sich verändernden Umstände diskutiert, an die wir unsere eigene Praxis anpassen wollten. Aus unseren Diskussionen ergeben sich zwei Fragen, die wir uns in Bezug auf unsere Arbeit, insbesondere in Attappadi, und im Zusammenhang mit der Pandemie stellen: Welche Rolle spielt das Theater in dieser besonderen Zeit? und wo verorten wir das Theater?
In Bezug auf die erste Frage halten wir es für dringend erforderlich, das spezifische Thema "Tod" anzusprechen - nicht nur im Zusammenhang mit der Pandemie, sondern auch mit dem Tod, der durch klinische Depressionen, Selbstmorde und den Werther-Effekt (Nachahmungstaten) ausgelöst wird, sowie mit den kombinierten Auswirkungen dieser Phänomene auf Menschen, die ohne Verbindung und isoliert sind, insbesondere in ländlichen Gebieten wie Attappadi. Wir haben uns überlegt, wie wir das Theater als Instrument nutzen können, um die Menschen zusammenzubringen, gemeinsame Räume zurückzuerobern und darauf hinzuarbeiten, die Lücken zu schließen und die Distanz zwischen den Menschen zu beseitigen, die durch die Pandemie und die Art und Weise, wie mit ihr umgegangen wurde, insbesondere in Indien, entstanden ist.
Die zweite Frage führt uns zu einer Erneuerung unserer Herangehensweise an die Theaterpraxis, das Publikum und die Architektur des Theaters selbst. Wir hatten das Bedürfnis, das Theater aus den Gebäuden herauszuholen und unsere Aktivitäten sicher in verschiedene Ecken der Zivilgesellschaft auszudehnen, z. B. in Schulen, Polizeistationen, Gesundheitszentren usw., um so viele Menschen wie möglich zu erreichen. Die Entstehung des Projekts lässt sich auf diese Überlegungen zurückführen, die sich aus unseren Diskussionen ergaben.
Vor diesem Hintergrund planten wir, eine kleine Theaterproduktion in Attappadi und darüber hinaus mit Hilfe einer tragbaren Bestuhlung und einer einfachen technischen Einrichtung, die es uns ermöglicht, Open-Air-Räume in pandemiesichere Aufführungsräume zu verwandeln, aufzuführen. Neben dem Austausch in Indien wollen wir das Stück auch in Jena zeigen und versuchen, weitere Spielorte in der Schweiz und den Niederlanden zu finden."
Credits:
Konzept, Text & Performance: Leon Pfannenmüller & Sankar Venkateswaran
Dramaturgische Unterstützung: Maria Rößler
Bühnenbild & Lichtdesign: Maarten van Otterdijk
Eine Koproduktion von Theaterhaus Jena und Sahyande Theatre in Zusammenarbeit mit der Acteursgroep Wunderbaum, wurde Im Tod am 31. März 2022 im Theaterhaus Jena (Deutschland) und am 8. Februar 2024 am Sahyande Theatre (Indien) uraufgeführt.
Dieses Projekt wurde mit Unterstützung des Internationalen Koproduktionsfonds des Goethe-Instituts entwickelt.
In dem Stück Im Tod geht es um eine lebensverändernde Begegnung zwischen zwei Theatermachern. Sowohl der Prozess als auch die Inszenierung folgen dem Prinzip des Dialogs, wobei die Grenzen zwischen autobiografischen Fakten und Fiktion durchaus verwischt werden können. Auf der Bühne besinnen sich die Darsteller auf ihre persönlichen Assoziationen mit dem Tod, sie sprechen aus gelebter Erfahrung, tauschen Geschichten und Perspektiven aus, spielen Szenen aus Stücken, die sie in der Vergangenheit aufgeführt haben, oder aus Stücken, die den Tod oder das Sterben berühmt machen. Sie stützen sich dabei auf persönliche Überlegungen, Missverständnisse und gemeinsame Anliegen. Sie präsentieren Auszüge aus Experteninterviews mit Ärzten, Pflegern, Bestattern und Physikern, die Themen von der westlichen Wissenschaft bis hin zu philosophischen Ideen über Materie, Leben und Tod behandeln. Sie erörtern Fragen zur Palliativmedizin, zu den Bedürfnissen eines Sterbenden und zum Umgang mit dem Tod in nicht-westlichen und indigenen Kulturen.
Leon Pfannenmüller ist Schauspieler und Theaterregisseur. Geboren in Nürnberg, Bayern, studierte er Schauspiel an der Akademie für Darstellende Kunst in Ludwigsburg. Er spielte an Theatern in Deutschland, Italien und den Niederlanden, wie zum Beispiel dem Thalia Theater in Hamburg, Frascati Amsterdam und den Ver- einigten Buhnen Bozen.
2012 inszenierte er "Das Totenfest" nach einem Roman von Jean Genet im Rahmen der Feierlichkeiten für Charles De Gaulle in Ludwigsburg. Von 2012 bis 2017 war Leon Mitglied des Ensembles des Münchner Volkstheaters. Dort initiierte und leitete er die thematische Veranstaltungsreihe "Die große Schau". Ebenfalls am Munchner Volkstheater arbeitete er an einer musikalischen Bühnenadaption von Eduard Limonows Roman "Fuck off, Amerika", die zum Kaltstart Festival in Hamburg eingeladen wurde.
Für das Online-Magazin Telepolis hat er mehrere essayistische Kurzfilme produziert. 2020 führte er Regie bei dem Kurzfilm "Very Important: This Is About Theatre" in Zusammenarbeit mit dem Videokünstler Thomas Taube.
2019/20 war er Mitglied des Ensembles des Theaters am Neu-markt, Zürich. Seit 2018/19 arbeitet er an verschiedenen Projekten am Theaterhaus Jena sowie mit dem niederländischen Theaterkollektiv Wunderbaum.
Sankar Venkateswaran ist Theaterregisseur aus Indien. Er lebt und arbeitet am Sahyande Theatre, das er im Bergtal von Attappadi, Kerala, gebaut hat.
Er studierte Regie an der School of Drama and Fine Arts, University of Calicut, und absolvierte anschließend eine Ausbildung am Theatre Training and Research Programme in Singapur. Im Jahr 2007 gründete er das Theatre Roots & Wings und inszenierte Richard Murphets "Quick Death" (2007), "Sahyande Makan-The Elephant Project" (2008), Ohta Shogos "Water Station" (2011), "101 Lullabies" (2012) und Henrik Ibsens "When We Dead Awaken" (2012).
Im Jahr 2013 erhielt Sankar das Ibsen-Stipendium des Teater Ibsen, Norwegen, für das "Tribal Ibsen Project", das seine Arbeit mit der indigenen Bevölkerung in Attappadi förderte. Seine folgenden Arbeiten "Criminal Tribes Act" (2017) und "Indian Rope Trick" (2020) spiegeln den Wandel in Venkateswarans Arbeitskontext wider. Seine Arbeiten wurden an verschiedenen Orten und Festivals wie dem Zürcher Theater Spektakel, Kyoto Experiment, Zoukak Sidewalks in Beirut, Theater Commons Tokyo und dem Spielart Theaterfestival München gezeigt.
Neben seiner Arbeit mit der Compagnie inszenierte Venkateswaran eine Reihe von Werken als Gastregisseur für verschiedene Institutionen wie Anton Tschechows "Möwe" (2011), Maurice Maeterlincks "Innenraum" (2020) für NINASAM, Heggodu, Indien, Bhasas "Urubhangam" (2011) für die Shinshu University, Japan und "When We Dead Awaken" (2018) für das Intercultural Theatre Institute, Singapur.
Sankar inszenierte 2015/16 "Tage der Dunkelheit" (2016), gefolgt von "INDIKA" 2016/17 am Münchner Volkstheater. 2015 und 2016 war er künstlerischer Leiter des Internationalen Theaterfestivals von Kerala und Jurymitglied des Zürcher Theaterspektakels 2016.
Leon und Sankar haben bereits bei der Entstehung von "Tage der Dunkelheit" am Münchner Volkstheater zusammengearbeitet und tauschen sich seitdem über das Theatermachen und andere gemeinsame Interessen aus. Leon besuchte Sankar 2019 am Sahyande Theater in Attappady, Kerala.
Kommentar von Sankar Venkateswaran
"Seit den ersten Tagen der Pandemie haben Leon Pfannenmüller und ich uns mehrmals online getroffen und über die Auswirkungen der Pandemie auf die darstellenden Künste nachgedacht und die sich verändernden Umstände diskutiert, an die wir unsere eigene Praxis anpassen wollten. Aus unseren Diskussionen ergeben sich zwei Fragen, die wir uns in Bezug auf unsere Arbeit, insbesondere in Attappadi, und im Zusammenhang mit der Pandemie stellen: Welche Rolle spielt das Theater in dieser besonderen Zeit? und wo verorten wir das Theater?
In Bezug auf die erste Frage halten wir es für dringend erforderlich, das spezifische Thema "Tod" anzusprechen - nicht nur im Zusammenhang mit der Pandemie, sondern auch mit dem Tod, der durch klinische Depressionen, Selbstmorde und den Werther-Effekt (Nachahmungstaten) ausgelöst wird, sowie mit den kombinierten Auswirkungen dieser Phänomene auf Menschen, die ohne Verbindung und isoliert sind, insbesondere in ländlichen Gebieten wie Attappadi. Wir haben uns überlegt, wie wir das Theater als Instrument nutzen können, um die Menschen zusammenzubringen, gemeinsame Räume zurückzuerobern und darauf hinzuarbeiten, die Lücken zu schließen und die Distanz zwischen den Menschen zu beseitigen, die durch die Pandemie und die Art und Weise, wie mit ihr umgegangen wurde, insbesondere in Indien, entstanden ist.
Die zweite Frage führt uns zu einer Erneuerung unserer Herangehensweise an die Theaterpraxis, das Publikum und die Architektur des Theaters selbst. Wir hatten das Bedürfnis, das Theater aus den Gebäuden herauszuholen und unsere Aktivitäten sicher in verschiedene Ecken der Zivilgesellschaft auszudehnen, z. B. in Schulen, Polizeistationen, Gesundheitszentren usw., um so viele Menschen wie möglich zu erreichen. Die Entstehung des Projekts lässt sich auf diese Überlegungen zurückführen, die sich aus unseren Diskussionen ergaben.
Vor diesem Hintergrund planten wir, eine kleine Theaterproduktion in Attappadi und darüber hinaus mit Hilfe einer tragbaren Bestuhlung und einer einfachen technischen Einrichtung, die es uns ermöglicht, Open-Air-Räume in pandemiesichere Aufführungsräume zu verwandeln, aufzuführen. Neben dem Austausch in Indien wollen wir das Stück auch in Jena zeigen und versuchen, weitere Spielorte in der Schweiz und den Niederlanden zu finden."
Credits:
Konzept, Text & Performance: Leon Pfannenmüller & Sankar Venkateswaran
Dramaturgische Unterstützung: Maria Rößler
Bühnenbild & Lichtdesign: Maarten van Otterdijk
Eine Koproduktion von Theaterhaus Jena und Sahyande Theatre in Zusammenarbeit mit der Acteursgroep Wunderbaum, wurde Im Tod am 31. März 2022 im Theaterhaus Jena (Deutschland) und am 8. Februar 2024 am Sahyande Theatre (Indien) uraufgeführt.
Dieses Projekt wurde mit Unterstützung des Internationalen Koproduktionsfonds des Goethe-Instituts entwickelt.