Villa Fuat Bulca

Villa Fuat Bulca

Der genaue Standort des in den 1950er-Jahren abgerissenen Hauses kann nicht mehr mit Sicherheit festgestellt werden. Das Grundstück dürfte sich jedoch in den im Süden der Stadt gelegenen Hügeln von Cankaya oder Kavaklıdere, den vornehmen Villenquartieren von Ankara, befunden haben. Die Villa Fuat Bulca saß, von der Straße leicht zurückversetzt, an einer Geländekante über einem kleinen Tal. Der Bau ist straßenseitig zwei- und gartenseitig dreigeschossig.

Vorder- und Rückseite des Hauses waren – nicht zuletzt aufgrund des Gefälles im Gelände – völlig unterschiedlich gestaltet. Die Eingangsseite wirkte in ihrer betonten Symmetrie und der Gliederung in horizontale und eine Monumentalordnung andeutende vertikale Elemente fast klassizistisch. Auch die Gartenfassade war in sich symmetrisch, wirkte aber trotz Sockelverblendung aus Hausteinimitat wesentlich moderner. Ungewohnt für Ernst Egli ist, dass die zwei gegenüberliegenden Fassaden zwar in sich symmetrisch waren, dass die beiden Symmetrieachsen sich jedoch nicht deckten, da Vorder- und Rückfassade des Gebäudes unterschiedlich lang waren. Dies rührt daher, dass Egli den Service- und Erschließungskern nicht in einer rechteckigen Grundform integriert hat, sondern ihn azentrisch rechts des Eingangs angeordnet und ihn auch voluminös akzentuiert, ihn aber mit der Eingangsfassade unsichtbar verblendet hat.

Aus der Betrachtung der beiden Längsfassaden – insbesondere der Eingangsfassade – wird jedenfalls nicht ersichtlich, dass die dahinterliegenden Räume nicht symmetrisch angeordnet waren. So verbarg sich vorne hinter der rechten der beiden den zentralen Erker flankierenden Türöffnungen die Eingangshalle, links hingegen eine Art „Begegnungsraum“ oder Foyer, das sogenannte „sofa“. Hinter der zweigeschossigen Wandscheibe rechts wiederum stieg die Treppe ins Obergeschoss, während sich hinter der linken Wandscheibe auf der Eingangsebene ein Wohnzimmer und darüber das dem Elternzimmer zugeordnete Badezimmer befand.

Anders als die als einheitliches Feld gestaltete Frontseite mit ihren teils ein-, teils zweigeschossigen Elementen wies die Gartenseite eine deutliche horizontale Gliederung auf. Die unterste Schicht wurde gebildet durch den als Terrasse vor dem Hauptwohnraum verlängerten Sockel des Gebäudes; darüber lag der Hauptwohnbereich mit großflächiger, durch regelmäßig angeordnete Pfeiler rhythmisierter Verglasung, während das oberste Geschoss als Schlafgeschoss mit Balkonen, raumhohen verglasten Türen und links und rechts je einem identischen Fenster versehen war. Der Sockel war gartenseitig in einem rustizierten Pseudosteinmauerwerk ausgeführt. Dass es sich dabei aber nur um eine Verblendung der darunterliegenden Stahlbetonstruktur handelte, wird an der zum horizontalen Zierband ausgebildeten obersten Steinreihe sichtbar gemacht.

Der Aspekt der Verbindung von Monumentalität und Moderne im Privatbau lässt sich am Beispiel der beiden Villenentwürfe Eglis beobachten, der Villa Ragip Devres und der Villa Fuat Bulca. Der Kontrast könnte kaum gegensätzlicher sein, mit dem nichtmonumentalen, unprätentiösen, entmaterialisierten reinen Modernismus der Villa Devres auf der einen Seite und dem Massivität und Materialität zum Ausdruck bringenden Formalismus der Villa Bulca auf der anderen. Der Kontrast ist in der Tat so groß, dass ein unvoreingenommener Betrachter die beiden Entwürfe wohl kaum demselben Architekten und derselben Zeit (zwischen den beiden Bauten liegen lediglich etwa drei bis vier Jahre) zuordnen würde.

Oya Atalay Franck

Goethe-Institut Ankara
2010