Arbeiten im Sommer: Radmechanikerin
„Wer im Sommer im Fahrradladen arbeitet, muss stressresistent sein“
Schlauchwechsel, Bremsen einstellen, verkaufen: Im Sommer ist Hochsaison im Fahrradladen Kettenreaktion – und für die Auszubildende Paula. Manchmal, sagt sie, kommen 30 bis 40 Kunden gleichzeitig. Spaß macht ihr die Arbeit trotzdem.
Von Ula Brunner
Paula ist ganz konzentriert: Immer wieder überprüft sie die Spannung der Speichen, die Zentrierung, den Lauf des Rads. Ablenken lässt sie sich dabei nicht. Weder von den beiden Kunden, die an der Theke im Raum hinter ihr warten, noch von ihren beiden Chefs Sebastian und Willi, die ebenfalls in dem kleinen Fahrradladen im Leipziger Süden herumwuseln. Jetzt, zum Sommerbeginn, ist hier viel zu tun, da muss jeder mit anpacken.
„Am liebsten baue ich Laufräder zusammen, das ist eine sehr schöne Arbeit, man muss sehr genau sein“, sagt Paula und wischt sich die ölverschmierten Hände ab. Paula Luise Jule Kobus, Jahrgang 1997, blonde Dreadlocks, ist im dritten Ausbildungsjahr zur Zweiradmechatronikerin bei „Kettenreaktion“. Mittlerweile, sagt sie, kann sie fast alles: vom Schlauchwechsel, über das Bremsen einstellen bis hin zum Rahmenaufbau.
Das ist auch gut so, denn ab Frühjahr ist hier Hochsaison. „Wer im Sommer im Fahrradladen arbeitet, muss stressresistent sein“, sagt Paula. „Manchmal kommen 30 bis 40 Kunden gleichzeitig, bei allen soll es schnell gehen. Und das kann schwierig werden.“ Selbst eine Notreparatur, wie einen Schlauchwechsel, die sie sonst innerhalb von 24 Stunden macht, ist im Sommer mit Wartezeiten verbunden.
Eigentlich liegt der Schwerpunkt des Ladens auf dem Verkauf von Rädern und Zubehör. Sogar nach Frankreich hat man einem Kunden sein Rad hinterhergeschickt, das er sich vor seinem Umzug im Leipziger Laden gekauft hat. Doch im Sommer, sagt Paula, „schwappt das Geschäft sehr deutlich in Richtung Reparaturen“. Dafür ist es im Winter entspannter. „Da haben wir durchaus auch freie Zeiten, können früher mit dem Arbeiten aufhören und an den eigenen Rädern schrauben.“
Für Paula ist das Fahrrad Fortbewegungsmittel Nummer Eins: „Ich hab keinen Führerschein, mag die öffentlichen Verkehrsmittel nicht und fahre deswegen immer mit dem Rad.“ Allerdings trage sie keinen Helm, gesteht sie, „der passt so schwer auf meine Haare.“
Noch ein halbes Jahr, dann hat sie ihre Lehre als Zweiradmechatronikerin beendet. Der Beruf wurde ihr wohl in die Wiege gelegt: Auch ihr Vater ist Zweiradmechaniker, und er ist stolz auf seine Tochter. Denn noch immer sind Frauen in der Minderheit bei dieser Ausbildung. Auch Paula wird oft von Kunden darauf angesprochen, dass sie sich eigentlich in einer Männerdomäne bewegt. „Das finde ich schade, wenn die das so aufbauschen und sagen: Oh, eine Frau!“ In ihrer Berufsschule seien zwar nur fünf Prozent Frauen: „Aber immerhin, es sind Frauen da, das finde ich schön. Es passiert schon was.“