Arbeiten im Sommer: Kräutergärtnerin
„Die Leute sollen ein Kraut erkennen können“
Im Sommer ist Hochbetrieb im idyllischen Kräutergarten von Heidi Knappe: Es wird gesammelt, gekocht und gestaunt. Wer hätte gedacht, was in Wegerich, Waldmeister & Co alles steckt?
Von Ula Brunner
Curry in kleinen Tontöpfen, Löwenzahn auf der Wiese, Giersch in den Beeten, und es duftet nach Waldmeister – wer Heidi Knappes Garten betritt, steht mitten in einem Kräuterparadies. „Der Giersch wird eigentlich als Unkraut bekämpft. Aber er hilft bei vielen Krankheiten und schmeckt auch ganz wunderbar. Alle sind immer ganz überrascht, wenn ich ihnen das erkläre.“
Seit zehn Jahren gibt Heidi Knappe, Jahrgang 1966, ihr Wissen über die Wirkungsweise von Kräutern an interessierte Menschen weiter. In ihren Kursen wird gemeinsam gesammelt, gerührt und gelernt. Ob sie nun eine Hausapotheke mit Tinkturen und Salben herstellen, Marinaden oder Kosmetik – „Es geht immer darum: Was wächst bei uns, was kannst du verwenden? Die Leute sollen die Pflanzen in die Hand nehmen, ein Kraut erkennen können.“
Sieben Kursteilnehmer sind an diesem Samstag in ihren großen Garten am Schwielowsee in der Nähe von Potsdam gekommen, manche auch zum zweiten Mal. Zucchinispieße, selbstgemachte Kräuterfladen und Kartoffeln garen langsam auf offener Flamme. Das Motto lautet „Männer und Frauen an den Grill“. Schon am Vormittag ist die Gruppe nach einem kurzen Theorieteil gemeinsam losgegangen, um Salbei, Estragon, den unverzichtbaren Giersch und sogar Gänseblümchen zu pflücken. Und Knappe erklärt, wie man daraus Marinaden, Kräuterdips, Salate und Pesto für die gemeinsame Grillparty macht.
Schon als sie noch als Köchin angestellt war, hat sie sich für Wildfrüchte und Kräuter interessiert. Ausschlaggebend für die Idee, daraus einen Beruf zu machen, war letztlich ihr schwerbehinderter Sohn Konstantin: „Er ist blind, reagiert aber stark auf Gerüche. Deswegen wollte ich mit Düften arbeiten.“ Die „Kräuter-Heidi“, so das Markenlabel, bietet alles rund ums Kraut an: von Wildkräuter-Essig über Giersch-Sirup bis hin zum Gewürz-Dip. Ihr Mann unterstützt sie beim Verkauf auf den Märkten in Potsdam oder Berlin. Eigentlich seien sie ein Familienbetrieb, erzählt sie: “Zusammen mit meiner Tochter und meinem Mann haben wir abends in der Küche die Flaschen und Gläser befüllt und etikettiert, alles neben unserem Beruf. So fing das an.“
Das ganze Jahr über hält sie mittlerweile ihre Kräuter-Kurse mit saisonal wechselnden Themen: Currypasten herstellen im Winter, mit Sauerampfer und Kerbel eine grüne Soße rühren im April. Im Sommer wird mariniert und gegrillt.
Heidi Knappe mag ihre Rolle als Gastgeberin. Doch wer sie beobachtet, wie sie durch den Garten läuft, die Bowle bereitstellt und ganz nebenbei ihr Kräuterwissen weitergibt, fragt sich, ob diese Frau auch einmal zur Ruhe kommt? Da warte noch ein Berg von Büchern darauf, gelesen zu werden, gesteht sie. Aber abends sei sie einfach zu müde. „Es sind schon anstrengende Tage, ich muss mich auch um den Garten kümmern, das Haus, meinen Sohn. Aber wenn der Tisch voll ist, die Leute zufrieden sind – das macht schon Spaß.“