Trends bei DaF-Lehrbüchern
Deutschunterricht mit Buch und Smartphone
Digitale Angebote sind beim Lernen nicht mehr wegzudenken und das Smartphone wird als Lernmedium immer wichtiger – auch für den Unterricht in Deutsch als Fremdsprache (DaF). Große deutsche Schulbuchverlage beginnen, ihre Lehrwerke um digitale Medien zu erweitern.
Die Foto-Hörgeschichte im Lehrbuch Schritte plus des Hueber Verlags hat Rita Peters, die in Berlin Deutsch als Zweitsprache (DaZ) unterrichtet, schon immer gern in ihrem Unterricht eingesetzt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehen acht Fotos vor sich, dazu werden Dialoge von der CD eingespielt. Seit Anfang 2016 ist in der neusten Version Schritte plus Neu die Foto-Hörgeschichte auch auf DVD verfügbar. Rita Peters spielt sie jetzt auf dem Fernseher ab. „Das finden meine Teilnehmer toll“, sagt sie. „Bei Fernsehflimmern schauen alle gebannt nach vorn und sind voll dabei.“
Noch besser finden ihre Lernenden aber, dass sie die Geschichte jetzt auch zu Hause auf ihren Smartphones ansehen können, mittels einer sogenannten Augmented Reality App. Peters hat ihnen gezeigt, wie es funktioniert: die App installieren, das Telefon über die entsprechende Seite im Lehrbuch halten und alle verfügbaren Medien wie Hörtexte und zusätzliche kurze Videos werden auf dem Screen angezeigt. Dort können sie über das Tippen auf ein entsprechendes Symbol gestartet werden. „Meine fleißigen Teilnehmer machen das immer zu Hause und sind begeistert“, sagt Peters. „Das Smartphone beim Deutschlernen einzusetzen, ist sehr fortschrittlich und genau das, was vor allem junge Leute möchten.“
Smartphone als Lernmedium
Neben Hueber reagieren auch andere große Schulbuchanbieter in Deutschland auf die zunehmende Beliebtheit digitaler Angebote und die Nutzung des Smartphones als Lernmedium im DaF/DaZ-Unterricht (Deutsch als Fremdsprache/DaF richtet sich an Lernende mit Lebensmittelpunkt außerhalb Deutschlands, Deutsch als Zweitsprache/DaZ innerhalb Deutschlands.) Auch Linie 1 von Klett Sprachen und Panorama von Cornelsen bieten Hörtexte, Audio-Slide-Shows oder Videos, die zum Buch ergänzend über eine App abgerufen werden können. Damit reagiere man auch auf die sich verändernden Ansprüche der Lernenden an das Lehrmaterial, erklärt Marion Kerner, Redaktionsleiterin für DaF/DaZ beim Hueber Verlag in München. „Die Lernenden wollen mittlerweile überall lernen, ohne die Bücher mitnehmen zu müssen. Ihre Smartphones haben sie immer dabei, deshalb müssen wir zusätzlich kleine Lernhäppchen dafür anbieten.“Auch beim Cornelsen Verlag stellt man sich auf Veränderungen ein. „Wir haben gemerkt, dass Institutionen ihre Kursstrukturen flexibilisieren und Lernende mehr selbst lernen möchten“, sagt Joachim Larché, Marketingleiter für den Bereich Erwachsenenbildung. „Die Präsenzphasen in Sprachkursen werden weniger und die Selbstlernphasen mehr.“ Dies werde zu mehr Materialien für Smartphones und Tablets führen und die Lehrbücher teilweise verändern. „Formalisierte Grammatikübungen, die man gut allein machen kann, verschwinden aus den Büchern“, vermutet er. „Die Lehrwerke konzentrieren sich dann noch stärker auf Impulse für die Kommunikation in der Gruppe.“
Blended Learing nennt man die Unterrichtsform, die nicht nur auf Präsenzphasen im Kurs beruht, sondern einen großen Anteil an Selbstlernelementen aufweist. Cornelsen will sich hierbei vor allem auf die vermehrte Nutzung mobiler Geräte konzentrieren und mehr Material für sogenanntes Mobile Learning anbieten. In den Lehrbüchern Panorama und studio 21 hat der Verlag schon „neues Terrain in diversen Bereichen betreten“, so Larché, etwa mit zusätzlichen Online-Übungen und „kurzen Videoclips fürs Smartphone, die Wortschatz, Phonetik, Grammatik und landeskundliche Themen aufgreifen“. Bald werde man sehen, welche Angebote gern genutzt werden. „Und die entwickeln wir dann weiter.“
Buch bleibt Basis
Lehrbücher in Papierform werden aber auch in Zukunft die Basis der meisten Deutschkurse sein – so die übereinstimmende Meinung in allen drei Verlagen. „Ich sehe keine großen Änderungen in den Büchern an sich“, sagt Saskia Wan Hussin, Marketingleiterin Erwachsenenbildung beim Ernst Klett Sprachen Verlag. Nur gehöre jetzt zum Buch „ein riesiger Produktkranz“, so Marion Kerner vom Hueber Verlag. „Wir müssen viel mehr zusätzliches Material zum Selbstlernen anbieten als früher.“Neue Einflüsse auf zukünftige Lehrwerke sieht Kerner nicht nur im digitalen Bereich. „Es fließen mehr Erkenntnisse aus der Neurodidaktik ein, also das Wissen darüber, wie das Lernen im Gehirn funktioniert. Dass zum Beispiel die Aufmerksamkeitsspanne kurz ist und man deshalb häufig die Sozialformen wechselt, also zwischen Frontalunterricht, Einzel-, Gruppen- und Partnerarbeit.“ Außerdem werden die Bücher ihrer Meinung nach immer spezifischere Zielgruppen bedienen müssen. Schon jetzt gibt es Bücher für Integrationskurse und andere für Kurse an einer Universität, in denen das Lerntempo viel schneller ist. Dazu komme, „dass die Lernenden erwarten, dass der Unterricht maßgeschneiderter ist als früher“, sagt Kerner. „Sie lernen aus beruflichen Gründen, und wir müssen zum allgemeinsprachlichen Lehrbuch auch berufsorientierte Zusatzmaterialien anbieten.“