Am 16. Dezember 2020 wurde das Humboldt Forum eröffnet – pandemiebedingt via Livestream. Doch die Diskussionen um die Anlage reißen nicht ab. Die ehemalige Residenz der Hohenzollern, die vom italienischen Architekten Franco Stella neu gestaltet wurde, wirft viele Fragen zur Vergangenheit und Gegenwart der deutschen Hauptstadt auf. Wird sich der Bau als neues Wahrzeichen der Stadt behaupten? In Erwartung der Eröffnung für die Allgemeinheit, die für das kommende Frühjahr geplant ist, erzählt uns Autor Roberto Sassi mehr über die Geschichte und Architektur des neuen Berliner Schlosses.
ARCHITEKTONISCHES MONUMENT ODER BÜHNENBILD?
Betrachtet man das von Franco Stella entworfene neue Berliner Schloss heute, vor dem Hintergrund einer seltsam stillen und von Touristen verlassenen Museumsinsel, fühlt man sich auf anomale Weise in die Vergangenheit zurückversetzt. Aber welchen Eindruck könnte ein mitten im Zentrum einer europäischen Metropole wiedererrichtetes Barockgebäude im Jahr 2021 auch sonst vermitteln?
Der Liedermacher Wolf Biermann witzelte über den Luxus des Palasts der Republik und nannte ihn „Palazzo di Protzo“. Doch das Problem, das sich Anfang der 2000er Jahre im Zusammenhang mit dem mittlerweile seit gut zehn Jahren ungenutzten Sitz der Volkskammer stellte, war nicht allein ästhetischer Natur. Im historischen und touristischen Zentrum der Hauptstadt war kein Platz für zwei symbolisch so stark aufgeladene Gebäude, für zwei so unterschiedliche und gegensätzliche historische Epochen. „Für das eine Lager“, erklärt der Autor Friedrich Dieckmann im Kapitel seines Buches Das Humboldt Forum. Die Wiedergewinnung der Idee, „war er [der Palast] ein Stein politisch-ideologischen Anstoßes; er war vor allem im Westen der scheinbar vereinigten Stadt angesiedelt und gedachte den Sieg über den Kommunismus mit dem Abriss des Palastes und der Wiedererrichtung des Schlosses gleichsam zu krönen, verkennend, dass der 1950 verordnete Abriss der Schlossruine keine Spezialität des Sozialismus gewesen war“.