Deutsche Spuren in den Territorien
Gelungene Architektur in rauer Landschaft
Das Gebäude des Regierungssitzes und der gesetzgebenden Versammlung der „Northwest Territories“ hoch oben in Kanadas rauem Norden entstand fast 100 Jahre später als andere Parlamentsgebäude in den übrigen kanadischen Provinz- und Territoriumshauptstädten. Die Lage des Komplexes wurde mit großer Sorgfalt gewählt, weil besondere Anforderungen zu erfüllen waren. Die Schönheit der Landschaft sollte erhalten bleiben.
Harmonisch fügt sich die Architektur in die sichtbaren Felsformationen, Torfmoore und Ufersilhouetten des Sees ein. Die Konzeption des Gebäudes wurde „Matsuzaki Wright/Pin Matthews Architects“ anvertraut, die Landschaftsgestaltung lag in den Händen von „Cornelia Hahn Oberlander Landscape Architects“.
Cornelia Hahn wurde 1921 in Mühlheim-an-der-Ruhr, Nordrhein-Westfalen, geboren. Als die Verfolgung von Juden zunahm, flüchtete sie 1938 mit ihrer Mutter und Schwester nach England. Ein Jahr später siedelte die Familie nach New York über. 1944 begann Cornelia Hahn Landschaftsarchitektur in Harvard zu studieren. Erst ab 1943 durften sich Frauen an der „Harvard Graduate School of Design“ einschreiben, somit war sie eine der ersten weiblichen Studentinnen. In jener Zeit begegnete sie ihrem späteren Ehemann Peter Oberlander, der dort Stadtplanung studierte. Als Peter 1953 von der „University of British Colombia“ mit dem Aufbau der Abteilung für Kommunal- und Regionalentwicklung beauftragt wurde, zog das Ehepaar nach Vancouver. Noch im selben Jahr wurde „Cornelia Hahn Oberlander Landscape Architects“ gegründet, das erste Landschaftsarchitekturbüro in Kanada.
Die Einbettung des Gebäudes in die Natur
| © Etta Gerdes
Bei der Landschaftsgestaltung der Versammlung der Northwest Territories mussten neue Techniken für die Bepflanzung entwickelt werden, denn im hohen Norden Kanadas ist der Untergrund das ganze Jahr lang gefroren. Vor Ort gab es keine Gärtnereien, von denen sich Bepflanzungsmaterial beziehen ließ. Torfmoorexperten wurden ebenso zu Rate gezogen wie Sammler von Pflanzensamen. Die auf dem Gelände gesammelten Samen und Pflanzenproben wurden nach Vancouver gebracht, aufgezogen und nach Abschluss der Bauarbeiten nach Yellowknife zurückgebracht. Da es sich bei der Bepflanzung um einheimische nordische Pflanzenarten handelte, konnten sie in Yellowknife wachsen und gedeihen. Der Gestaltung des Gebäudes und seiner Einbettung in die Umgebung lag die Maxime zugrunde, so wenig wie möglich in die Natur einzugreifen. Die zentrale Forderung – Bewahrung des Bestehenden und zugleich Entwicklung von neuen Ideen – wurde mit einer systematischen und ganzheitlichen Herangehensweise erfüllt. So wurden lebenswichtige ökologische Prozesse erhalten, die Artenvielfalt von Fauna und Flora geschützt sowie die vorhandenen Ökosysteme und Pflanzen- und Tierpopulationen auf nachhaltige Weise genutzt. Die besondere Schönheit der Landschaft wurde bewahrt und wo es erforderlich war wiederhergestellt.
Als führende Landschaftsarchitektin Kanadas ist Cornelia Hahn Oberlander dafür bekannt, dass ihre Landschaftsgestaltungen sich in das architektonische Gesamtkonzept und die natürliche Umgebung einfügen und dem Ganzen dennoch stets eine einzigartige neue Vision und Dimension verleihen. Ihre technische Expertise geht Hand in Hand mit ihrem Anliegen, in ihren Arbeiten kulturelle, soziale und ökologische Themen auszudrücken. Dies spiegelt sich in ihren zahlreichen Projekten wider. Im Laufe ihrer Karriere hat Cornelia Hahn Oberlander einige Preise und Auszeichnungen erhalten, darunter den Kanada-Orden im Jahr 1990.
Aus: Bilder kanadischer Landschaftsarchitektur – Projekte von Cornelia Hahn Oberlander fotografiert von Etta Gerdes (Mechtild Manus/Lisa Rochon)
Legislative Assembly Building
4570 48th St.
Yellowknife, NT
X1A 2L9
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