Stadtkonturen Köln
Für Schwindelfreie und Feierwillige
Nicht nur Dom und Karneval – Köln gilt auch als Hochburg schwul-lesbischen Lebens: Teilnehmer am Christopher-Street-Day-Straßenfest 2019. | Foto (Detail): © picture alliance/Christoph Hardt/Geisler-Fotopress
Klar: Köln, das sind Dom und Karneval. Doch die Stadt am Rhein, die von den Römer*innen gegründet und schon im Mittelalter zur Metropole wurde, hat noch viel mehr zu bieten. Hier findet man historische Tempelreste vor dem McDonald’s-Klo, Hochkultur in der Kabelfabrik und die größte Computerspielmesse der Welt.
Von Christian Bos
Die Geheimnisse des Kölner Doms
Es führt kein Weg an ihm vorbei: Man kann Köln nicht besuchen, ohne im Dom gewesen zu sein. | Foto (Detail): © Adobe Es führt kein Weg an ihm vorbei: man kann Köln nicht besuchen, ohne im Dom gewesen zu sein. Viele Tourist*innen sehen von Köln sogar nur den Dom. Das ist schade. Noch beklagenswerter aber ist es, den Dom besucht zu haben, ohne ihn richtig gesehen zu haben. Denn die gotische Kathedrale steckt voller Geheimnisse und Überraschungen. Wussten Sie, dass der Dom bei seiner späten Vollendung im Jahr 1880 — begonnen hatte man mit dem Bau bereits 1248— teilweise fast weiß gewesen sein soll – und nicht, wie heute, schwarz? Würde man seine Fassade heute reinigen — was der aberwitzige Aufwand und die Tatsache verbieten, dass der Bau dann auf Jahre komplett eingerüstet wäre — sähe man zusätzlich noch grauen Stein vom Drachenfels (ein in Königswinter bei Bonn gelegener Berg) und braunen Sandstein. Erst der Schmutz und Ruß der Stadt verleihen dem Dom also sein einheitliches Aussehen. Hätten Sie vermutet, dass, wenn man am Westportal nach rechts oben guckt, in der zweiten Baldachin-Reihe von außen eine kleine Figur von Papst Franziskus zu entdecken ist? Oder dass die inneren Organe der französischen Königin Maria de Medici unter einer Platte aus rotem Marmor im Fußboden des Chorumgangs der Dreikönigskapelle begraben sind? Wahrscheinlich könnte man sich über Jahre im Dom aufhalten und hätte noch längst nicht alles entdeckt, was es hier zu entdecken gibt. Am frühen Nachmittag und bei Sonnenschein kann man im vielfarbigen Licht baden, das durch die 11 500 Glassteine des von Gerhard Richter im Jahr 2007 neu gestalteten Südhausquerfensters fällt. Wer lange im Voraus planen kann, sollte sich auf jeden Fall um eine Führung über das Dach des Domes bemühen. Nur für Schwindelfreie und ab 16 Jahren.Eigenliebe und Kölschrock
Viele kölsche Mundart-Bands sind auch deutschlandweit erfolgreich: Die 13-köpfige Brasspop-Band Querbeat auf Tour. | Foto (Detail): © picture alliance/Horst Galuschka/dpa „Liebe deine Stadt“ fordern die schön geschwungenen, vier Meter hohen Buchstaben über der vierspurigen Nord-Süd-Fahrt, einer der Hauptverkehrsstraßen in Köln, unmittelbar neben der Dauerbaustelle der Kölner Bühnen am Offenbachplatz. Mit diesem Schlagwort wirbt der Künstler Merlin Bauer seit 15 Jahren für die Wertschätzung und den Erhalt der, von vielen als hässlich empfundenen, Nachkriegsarchitektur der Stadt. Womit der gebürtige Grazer nicht gerechnet hat, ist die vollständige Vereinnahmung seines Slogans. Liebe deine Stadt – das muss man keinem*r Kölner*in zweimal sagen.Längst gibt es auch einen Song gleichen Titels, den die Musiker von Cat Ballou zusammen mit dem lokalen Fußballheld Lukas Podolski aufgenommen haben. Die Band ist nur eine von Dutzenden erfolgreichen Gruppen, die kölsche Musik zu einem Exportschlager der Stadt gemacht haben. Begonnen hat das Anfang der 1970er-Jahre mit den Bläck Fööss, die britische Beatmusik und irische Folklore mit mal satirischen, mal sentimentalen Beobachtungen des rheinländischen Gemüts verbanden. Die Fööss sind gewissermaßen das Alte Testament, mit den Höhnern kippte der kölsche Mundart-Rock dann in die ungebremste Selbstbesoffenheit, die das Genre bis heute prägt. Ob das daran liegt, dass „Kölsch“ sowohl den Dialekt als auch das innerhalb der Stadtgrenzen gebraute, obergärige Bier bezeichnet? Jedenfalls sind Bands wie Brings, Kasalla oder Querbeat (die eigentlich aus dem benachbarten Bonn stammen) nicht nur im Karneval und längst auch deutschlandweit erfolgreich. Das mag zum Teil daran liegen, dass das kölsche Laisser-faire in den aufgeräumteren Teilen der Republik die Sehnsucht nach südländischer Lockerheit bedient. Korruption nennt man hier niedlich „Klüngel“ und das kollektive Kölner Schulterzucken ob der eigenen Unzulänglichkeiten hat man in den Artikeln des sogenannten „Kölschen Grundgesetzes“ festgehalten, einer Art Leitfaden der kölschen Lebensweise. Darin finden sich Weisheiten wie „Et hätt noch immer mit jot jejange“ („Es ist noch immer gut gegangen“) oder „Wat wellste maache?“ („Was willst du machen?“). Liebenswert ist das schon, aber es macht die Liebe zur Stadt auch zu einer echten Aufgabe.
Die spannendsten Museen... und die entspannendsten
Einer der schönsten und ruhigsten Orte inmitten des Innenstadttrubels ist das Café im Museum für angewandte Kunst. | Foto (Detail): © picture alliance/Hackenberg-Photo-Koeln/Rainer Hackenberg Keine andere Stadt, behauptet zumindest die Stadt Köln auf ihren Internetseiten, betreibt so viele Museen aus eigenem Etat. Und zu den neun städtischen Museen kommen noch viele Institute in anderer Trägerschaft hinzu: Vom Käthe-Kollwitz-Museum, das die weltweit größte Sammlung der gleichnamigen Künstlerin, die für ihre mitfühlenden Lithographien von Hunger und Elend berühmt ist, ausgerechnet im obersten Stock einer Einkaufspassage präsentiert, bis zum Duftmuseum im Farina-Haus, der ältesten heute noch existenten Parfümfabrik der Welt und dem Geburtsort des Eau de Cologne. Gleich gegenüber findet sich mit dem Wallraf-Richartz-Museum eines der Flaggschiffe der Kölner Museumslandschaft. Die Gemäldegalerie zeigt Meisterwerke des Mittelalters bis zum frühen 20. Jahrhundert. Die Fortsetzung gibt es im Museum Ludwig, dessen Sammlung zeitgenössischer Kunst in den Bereichen Expressionismus und Pop-Art sehr beeindruckend ist: außerhalb von Paris werden Sie kaum irgendwo so viele Picasso-Werke aller Perioden finden. Die magischsten Orte in der Kölner Museumslandschaft findet man aber an den weniger prominenten Plätzen. Dem Museum für Angewandte Kunst Köln, kurz MAKK, merkt man seine chronische Unterfinanzierung an, aber das Café mit Innenhof ist einer der schönsten und ruhigsten Orte inmitten des Innenstadttrubels. Und das nur wenige Schritte entfernte Kolumba, das Museum des Erzbistums Köln, beeindruckt allein schon durch seinen Museumsbau: Der Schweizer Stararchitekt Peter Zumthor hat es 2007 auf dem Grundriss der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Kirche St. Kolumba errichtet, deren Ruine ebenfalls besichtigt werden kann. Und wer sich in Köln zurückziehen will, ist nirgendwo besser aufgehoben, als in der komplett mit Mahagoniholz verkleideten Bibliothek des Kolumba.Von der PopKomm zur Gamescom
Der und die Kölsche findet immer einen Grund, sich zu verkleiden – außerhalb des Karnevals auch gerne als Cosplay zur Gamescom, der weltweit größten Gamer*innenmesse. | Foto (Detail): © picture alliance/Geisler-Fotopress/Christoph Hardt In den 1990er-Jahren, als die Musikindustrie ihre ertragreichste Zeit erlebte, durfte sich Köln — mit der ortsüblichen Selbstüberschätzung — als Pophauptstadt bezeichnen, beherbergte die Stadt doch mit der PopKomm eine der weltweit größten Fachmessen für Musik und Unterhaltung, ein riesiges Freiluftfest auf den Kölner Ringen, in deren Rahmen hunderte Konzerte stattfanden. Als die PopKomm Köln Anfang des neuen Jahrtausends in Richtung Berlin verließ, befand sich die Branche angesichts von Internet, Download- und Streamingplattformen längst im freien Fall. Köln fühlte sich dennoch verletzt und zurückgesetzt. Inzwischen ist die Wunde längst vernarbt: Seit zehn Jahren lockt Ende August die Gamescom, die weltweit größte Messe für Computer- und Videospiele, die Massen nach Köln. Zuletzt waren es fast 400.000 Besucher*innen, ein Gutteil davon in Cosplay-Kostümen. Die hohe Anzahl an Besucher*innen bedeutet auch, dass sich die Messe inzwischen über die ganze Stadt erstreckt.Wie Mülheim eine Brücke baut
Das Carlswerk in Köln-Mülheim war eine Produktionsstätte für Drähte, Freileitungsseile und Starkstromkabel. Heute befindet sich auf dem Gelände die Ausweichspielstätte des Schauspiel-Köln. Davor der Gemeinschaftsgarten „Carlsgarten“. | Foto (Detail): © picture alliance/Hackenberg-Photo-Koeln/Rainer Hackenberg Lange hatte sich Mülheim gegen die Eingemeindung gewehrt. Erst seit 1914 gehört der rechtsrheinische Stadtteil zu Köln, gegen den Willen der Mülheimer Bürger*innen. Als Trostpflaster für den Verlust der Unabhängigkeit wurde damals die Errichtung der Mülheimer Brücke beschlossen. Die Tragseile wurden im Mülheimer Carlswerk hergestellt, wo zuvor transatlantische Telefonkabel produziert worden waren. Jahrelang besuchten die linksrheinisch wohnenden Kölner*innen Mülheim bestenfalls, um ein Konzert im E-Werk oder im gegenüberliegenden Palladium zu besuchen. Später siedelten sich hier diverse Fernsehstudios an, von der Harald Schmidt Show bis zu Stefan Raabs zahlreichen TV-Formaten. Der Publikumsverkehr verstetigte sich erst, als das Kölner Schauspielhaus 2013 im Carlswerk sein Ausweichquartier bezog. Damals ahnte noch niemand, dass sich die Sanierung von Schauspiel und Oper am innerstädtischen Offenbachplatz zum Katastrophenfall einer Dauerbaustelle wie auch beim Flughafen Berlin-Brandenburg auswachsen würde. Mit dem angenehmen Nebeneffekt, dass das Carlswerk und seine Umgebung heute ein wunderbar belebtes Terrain darstellen, mit drei Theater-Spielstätten, zwei Konzerthallen und einer riesigen Kletterhalle. Gastronomieangebote gibt es hier selbstredend auch, empfehlenswerter ist aber ein Besuch eines der zahlreichen Restaurants in der benachbarten Keupstraße, der türkischen Einkaufsmeile Kölns.Drink doch ene met
Die „tollen Tage“ finden in Köln wirklich überall statt, in den Kneipen, auf der Straße, in den Clubs – oder beim nächtlichen Geisterzug. | Foto (Detail): © Geisterzug.de Der Karneval ist den Kölner*innen heilig. Dass die ausgelassene Feierei es durchaus mit dem Karneval in Brasilien aufnehmen kann, wird kaum ein*e Kölner*in in Frage stellen. Nach außen mag das nicht immer so wirken: Menschen, die jenseits des Rheinlands leben, denken beim Kölner Karneval an den Rosenmontagsumzug und dessen kaugummizähe Fernsehübertragung. Menschen, die im Umland von Köln leben, denken an die Eröffnung des Straßenkarnevals auf dem Alter Markt, Punkt 11:11 Uhr am „Wieverfastelovend“, der für einige mit viel Alkoholgenuss verbunden ist. Beides sollte man möglichst meiden. Denn die „tollen Tage“ finden in Köln wirklich überall statt, in den Kneipen, die ihre Tische an die Fenster stellen, zum einzigen Zweck, dass sich die Feiernden schunkelnd darauf stellen, auf der Straße, in den Clubs und in der Straßenbahn. Die meisten Berufstätigen nehmen sich dafür frei und viele Arbeitgeber*innen erklären den Rosenmontag zum Feiertag. Wo und in welcher Abfolge gefeiert wird, dazu hat jede*r Kölner*in seine eigenen Ideen. Wer mitfeiern will, sucht sich am besten lokalen Anschluss, was in keiner Stadt leichter ist als im enorm kontaktfreudigen Köln. Einzige Voraussetzung: ein liebevoll selbstgestaltetes Kostüm.Die wilde Zülpicher und der ruhige Rathenau
Kaum ein*e Kölner*in, der oder die seine und ihre wilden Zeiten nicht auf der „Zülp“ zugebracht hat. Neben Bars, Kneipen und Imbissen kann man hier aber durchaus ein kulturelles Angebot in Anspruch nehmen, wie zum Beispiel im Theatercafé „Filmdose“ oder im Programmkino „Off Broadway“. | Foto (Detail): © picture alliance/imageBROKER/Schoening Die Zülpicher Straße im Herzen des Kwartier Latäng – in Anlehnung an das Pariser Studentenviertel Quartier Latin – verbindet die Kölner Innenstadt und die Universität. Die Zülpicher ist, mit ihrem Überangebot an Imbissen, günstigen Kneipen und Clubs, seit jeher das bevorzugte Ausgehviertel derjenigen, die gerade erst in der Stadt angekommen sind. Zum Straßenkarneval geht es hier besonders exzessiv zu und es kann schon mal zu unschönen Szenen kommen. Ältere Semester neigen dazu, die Zülpicher abends zu meiden, oder beschränken sich auf den Besuch des hervorragenden Programmkinos Off-Broadway und des zwei Häuser weiter gelegenen Falafel-Ladens Habibi, der als der beste Kölns gilt. Unweit der Zülpicher lässt es sich ungleich entspannter ausgehen: rund um den Rathenauplatz findet man Restaurants mit italienischer, spanischer, peruanischer, japanischer oder nahöstlicher Küche. Im Sommer lockt vor allem der Platz selbst mit seinem von einer örtlichen Bürger*inneninitiative betriebenen Biergarten. Im kleinen Park mischen sich Student*innen, Familien (es gibt auch einen Spielplatz) und Boule-Spieler*innen. Auf der östlichen Seite des Platzes liegt die Kölner Synagoge, ein neuromantischer Bau vom Ende des 19. Jahrhunderts. Kölns jüdische Gemeinde ist vermutlich die älteste nördlich der Alpen. Als Geheimtipp gilt das koschere Restaurant Mazal Tov im Synagogengebäude, für das allerdings eine Vorreservierung erforderlich ist.Römisches Erbe im McDonald’s
Archäologische Überreste der Römerzeit findet man in Köln nahezu an jeder Ecke – wie hier die Ausgrabungen des Prätoriums. | Foto (Detail): © picture-alliance/dpa/Horst Ossinger Kölns Ursprung liegt bekanntlich in der Römerzeit: um 50 n. Chr., zur Regierungszeit des Kaisers Claudius, wurde die Stadt als „Colonia Claudia Ara Agrippinensium“ gegründet, was auf Deutsch etwa „Claudische Kolonie und Opferstätte der Agrippinenser“ bedeutet. Viele Zeugnisse aus dieser Zeit präsentiert das Römisch-Germanische Museum, das allerdings für Sanierungsarbeiten aktuell auf unbestimmte Zeit geschlossen ist. Dasselbe gilt für die zweitwichtigste Besichtigungsstätte des römischen Kölns: beim Praetorium unterhalb des Rathauses handelt es sich um die Überreste des Palastes des Statthalters der Provinz Niedergermanien. Der eigentliche Mittelpunkt der Colonia Claudia Ara Agrippinensum aber ist frei zugänglich, kostenlos und könnte kurioser nicht sein. Dort, wo sich die beiden Hauptachsen der Kolonie trafen, stand das große Forum des römischen Köln. Heute verfolgen die beiden Einkaufsstraßen Hohe Straße und Schildergasse den Weg der beiden einstigen Hauptstraßen. Das letzte Zeugnis des einstigen Prachtplatzes findet man im Untergeschoss des Bekleidungshauses C&A. Eine Rolltreppe führt von der Fußgängerzone direkt zu einer in das Geschäft integrierten McDonald’s-Filiale. Vor deren Toiletten, unterhalb der Rolltreppe, ist ein Block aus „Opus caementicium“, römischen Beton, zu besichtigen, der zum Fundament der römischen Forumsanlage gehört. Eine Tafel erläutert Geschichte und Architektur der Anlage: 2000-jährige Tradition trifft auf den Abort eines Schnellrestaurants. Das gibt es nur in Köln.Das junge Ehrenfeld
Das Artheater stand ganz am Anfang der Entwicklung Ehrenfelds zum subkulturellen Hotspot. Es bietet eine eigentümliche Mischung aus Café, anspruchsvollem Party- und Konzert-Programm und gewagten Off-Theater-Produktionen. | Foto (Detail): © Matthias Porath / Lilville / artheater.de Das alte Köln ist erstaunlich jung: allein im Jahr 2019 hat die Stadt mehr als 10 000 Einwohner im Alter zwischen 18 und 30 Jahren gewonnen. Kein anderer Stadtteil steht so sehr für das junge Köln, wie das ehemalige Arbeiter*innenviertel Ehrenfeld. Noch, muss man sagen, denn längst bestimmen die üblichen Gentrifizierungsprozesse das Schicksal des Veedels (wie die Kölner Viertel auf Kölsch genannt werden), und einige Institutionen des Nachtlebens, wie das Underground und zuletzt der Techno-Club Heinz Gaul, sind ihnen bereits zum Opfer gefallen. Doch das Angebot bleibt groß und die Qualität so hoch wie niederschwellig: niemand muss sich herausputzen, um hier spannende Nächte zu erleben. Das Artheater stand ganz am Anfang der Entwicklung Ehrenfelds zum subkulturellen Hotspot. Bereits seit 1998 findet hier eine eigentümliche Mischung aus Café, anspruchsvollem Party-Programm (zumeist elektronisch), gewagten Off-Theater-Produktionen und einem sorgfältig kuratierten Konzertprogramm statt. Nur wenige Schritte weiter lädt seit 2017 das Bumann & Sohn in einer alten Werkstatt zum Trinken und Tanzen, das Interieur ist selbstgebastelt und eher rau. Im Sommer lockt ein Biergarten mit Industrieromantik und das ganze Jahr über mit hoher Sachkenntnis gebuchte Bands und Künstler*innen, die hier auf der kleinen Bühne auftreten, und von denen manche bald darauf große Säle füllen. Schräg gegenüber erstreckt sich der Club Bahnhof Ehrenfeld über drei Bögen des namensgebenden S-Bahnhofs. Das CBE hat sich auf Black Music in allen Spielarten spezialisiert, von Jazz bis HipHop, von Soul bis Salsa. Spätere Rap-Stars hatten hier ihre ersten Auftritte und auch einige Musiklegenden gastierten bereits unter den Gleisen.Das kleine Kölner Brunnenwunder
Heinzelmännchen am Heinzelmännchenbrunnen. | Foto (Detail): © Adobe Die Kölner Sage von den Heinzelmännchen, die Nachts alle liegen gelassene Arbeit erledigten, bis sie von den Kölner*innen dabei erwischt wurden, um daraufhin für immer zu verschwinden, ist vielleicht der Ursprung der kölschen Überzeugung, dass schon alles gut wird, wenn man nur nicht so genau hinsieht. In Stein gehauen findet man die Sage im berühmten Heinzelmännchenbrunnen, der praktischerweise gleich vor dem ältesten Brauhaus der Stadt, dem Früh am Dom, steht. Ganz in der Nähe gibt es noch andere, wenn auch viel weniger beachtete, Brunnen: Etwa den kleinen Taubenbrunnen vor der Westseite der Domplatte mit seinem strudelartig zum Mittelpunkt führenden Wasserlauf. Der Künstler Ewald Mataré hatte ihn als „Trinkgelegenheit für die Domtauben“ entworfen. Zu seiner Einweihung im Jahr 1953 wurde „La Paloma“ gespielt, während die Honoratioren der Stadt eine Flasche Schnaps weiterreichten. Der begehbare Rheingartenbrunnen des britischen Pop-Art-Künstlers Eduardo Paolozzi – der zum Beispiel auch das Cover für das Paul-McCartney-Album Red Rose Speedway geschaffen hat – ist dagegen eher eine Art Erlebnislandschaft für Kinder, die hier von Steinquader zu Steinquader über die aus dem Wasser ragenden, an Industriebauten erinnernden Bronzeerhebungen springen können. Die Wasserkinetische Plastik von Wolfgang Göddertz am Ebertplatz rostete lange Jahre vor sich hin. Erst, als der unter das Straßenniveau abgesenkte Platz mit seinen vielen dunklen Ecken als Kriminalitätsschwerpunkt und No-Go-Area in Verruf geriet, brachte eine gemeinsame Initiative von Stadt und Anwohnern die große Brunnenskulptur wieder zum Sprudeln. Kinder können hier nun baden und tun das auch regelmäßig. Und tatsächlich gilt der Ebertplatz seitdem wieder als beliebter Treffpunkt zwischen Agnesviertel und Eigelstein. Ein Brunnenwunder, noch fantastischer als die Heinzelmännchensage.Stadtkonturen
Schrebergärten in Berlin oder Nacktbaden in München: Wir erkunden mit Euch deutsche Städte – auch gegen den Strich. Wir skizzieren klassische Orte, Gruppen und Events, die nicht aus dem Stadtbild wegzudenken sind – und ziehen neue Konturen, indem wir das ein oder andere Klischee ins Wanken bringen.
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