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Antikraak
Wohnen in einer alten Kaserne

Während der Immobilienkrise kauften Maartje und Marcel ein ehemaliges Kasernengebäude. Wo früher die deutschen Besatzer einquartiert waren, sollen nun Wohnungen entstehen.
 

Von Sanne Derks

  • Marcel und Maartje vor den ehemaligen Schlafräumen der „Blitzmädel“. © Sanne Derks
    Marcel und Maartje vor den ehemaligen Schlafräumen der „Blitzmädel“.
  •  „Antikraak“ : Tochter Mus springt auf einem Trampolin. © Sanne Derks
    „Antikraak“ : Tochter Mus springt auf einem Trampolin.
  • Aussicht von einer Atelierwohnung auf Bunkergebäude, das durch den Projektentwickler zu Apartments umgebaut wird. © Sanne Derks
    Aussicht von einer Atelierwohnung auf Bunkergebäude, das durch den Projektentwickler zu Apartments umgebaut wird.
  • Marcel und Maartje werden die Fläche von 270 Quadratmetern im nächsten Jahr umbauen. © Sanne Derks
    Marcel und Maartje werden die Fläche von 270 Quadratmetern im nächsten Jahr umbauen.
  • Von der Atelierwohnung hat man Ausblick auf den Wald. © Sanne Derks
    Von der Atelierwohnung hat man Ausblick auf den Wald.
  • Marcel.   © Sanne Derks
    Marcel.

ANTIKRAAK

Die Niederlande haben eine große Hausbesetzerszene – auch wenn „Kraak“ (Niederländisch für Hausbesetzung) seit einigen Jahren verboten ist. „Antikraak“ ist ein Zwischennutzungsmodell, das dies verhindern soll: Leerstehende Immobilien (Wohnungen, Bürogebäude, Arztpraxen) werden vor ihrem Abriss oder ihrem Verkauf für wenig Geld für eine bestimmte Zeit vermietet. Die Antikraak-Mieter müssen dann deutlich weniger zahlen, haben aber auch weniger Rechte als traditionelle Mieter.

​„Als wir von dem Plan eines Projektentwicklers hörten, das Kasernengelände im Wald bei Schaarsbergen in eine kulturelle Enklave umzugestalten, waren wir sofort interessiert,“ erzählt Marcel Daelmans.
Seine Frau Maartje Kunen erklärt: „Die Atelierwohnungen sollten zusammen mit einer Wohnungsbaugesellschaft gebaut und vermietet werden. Großartig, nicht wahr? Mit einer Gruppe Gleichgesinnter im Wald wohnen, wo genug Platz für die Kinder ist und wo wir beide unserer kreativen Arbeit nachgehen können“. Marcel ist Künstler und Maler, Maartje ist medizinische Illustratorin. Sohn Jarra ist zwölf Jahre alt und Tochter Mus 14 Jahre alt und sie wohnen inzwischen bereits sechs Jahre auf dem Gelände der Kaserne am Koningsweg.

„Wir lasen es in einem Newsletter der Stiftung SLAK, einer Organisation aus Arnhem, die Künstlern dabei hilft, Atelier-Raum zu finden. Wir hatten bereits über diese Stiftung in leerstehenden Anti-Kraak-Häusern gewohnt. Es schien uns für unsere älteste Tochter besser umzuziehen, bevor sie zur weiterführenden Schule ging. Deshalb haben wir, als unsere Tochter acht Jahre alt war, in Erwartung des Projekts beschlossen, zwischenzeitlich auf dem Gelände zu wohnen. Es war offiziell kein „Antikraak“, weil das in den Niederlanden für Personen mit Kindern gesetzlich verboten ist. Aufgrund des Leerstandgesetzes war es aber doch möglich, „Antikraak“ in leerstehenden Kasernen und in „Bunkerbeorderijen“ („Bunkerbauernhöfe“; die Bunker wurden im Zweiten Weltkrieg im Stil von Bauernhöfen erbaut - Anmerkung der Redaktion) zu machen.

Marcel erzählt, wie sie gemeinsam mit einer Gruppe von Personen und Familien in Erwartung des Baus von Mietswohnungen in einem Gebäude gewohnt haben. „Dann kam jedoch die Krise. Die Wohnungskooperation ‚Portaal‘ musste einige Projekte abstoßen und hatte beschlossen, auch dieses Projekt loszuwerden. Für einige Bewohner war es ein Fluch, für uns wurde es ein Segen. Da wir auf dem Gelände wohnten und direkt mit dem Projektentwickler in Kontakt standen, haben wir den Plan gefasst, mit vier Familien mit einem festen Einkommen eines der leerstehenden Häuser zu kaufen. Anstelle von acht Mietswohnungen werden es jetzt vier Eigentumswohnungen.“ Maartje berichtet weiter: „Da wir den Kaufpreis in der Krisenzeit abgesprochen haben, konnten wir diesen enorm niedrig halten. Wir wohnen bald zu viert auf einer Fläche von 270 Quadratmetern, in einem Haus mit drei Etagen.“

„Es hat lange gedauert, bis das Haus endlich eine Wohngenehmigung erhalten hat. Erst dann war es möglich eine Hypothek abzuschließen.“ Das Haus wurde im Zweiten Weltkrieg für die sogenannten „Blitzmädel“ gebaut -  deutsche Frauen, die die Luftwaffe dabei unterstützten, den Luftraum vom Bunker „Diogenes“ in Deelen aus zu kontrollieren. „Die Räume im Haus, die früher Schlafräume für die Frauen waren, werden jetzt also die Atelierwohnungen. Wir wohnen jetzt gegenüber der alten Bar der Obersten. Wir hoffen, im Oktober in das andere Gebäude umzuziehen.“ Tochter Mus steigt auf das Trampolin, das im Wohnzimmer steht: „Ich finde es sehr schön, hier zu wohnen. Das Einzige, was ich schade finde, ist, dass es im Winter oft kalt ist, weil wir es nicht genug heizen können. Aber das wird sich in unserem neuen Haus ändern.“

Neben den Kasernengebäuden gibt es ebenfalls einige weitere Gebäude - die "Bunkerbauernhöfe" - auf dem Gelände, die auch zum Verkauf angeboten und zurzeit renoviert werden. In dem Flächennutzungsplan ist außerdem enthalten, dass der Standort auch für Ausstellungen und kulturelle Aktivitäten genutzt werden soll.

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