Das NATIVe-Programm der Berlinale hat bewiesen, dass der nördliche Polarkreis eine cineastisch reiche Welt mit einer enormen Bandbreite an zu erzählenden Geschichten ist.
Auf der Berlinale gibt es seit einigen Jahren ein Programm mit Filmen, die sich um indigene Gemeinschaften drehen. 2017 liegt der Fokus auf den indigenen Völkern des nördlichen Polarkreises.
Ich probiere immer gerne Neues aus und ich weiß so gut wie nichts über Völker wie die Sami oder die Inuit. Also habe ich mir Zeit in meinem Festspielplan freigeschaufelt, um mein Kinoerlebnis zu erweitern. Insgesamt genoss ich drei Spielfilme und drei begleitende Kurzfilme aus dieser Sonderreihe. Und meine Berlinale-Erfahrung wurde dadurch wirklich bereichert.
Unfairerweise war ich davon ausgegangen, dass diese Filme hauptsächlich als ethnografische Dokumentationen interessant wären. Kaisa's Enchanted Forest, der Eröffnungsfilm, schien mein Vorurteil zu bestätigen. Der Beitrag bestand aus einer Zusammenstellung von Videomaterial über eine Sami-Gemeinschaft, das zwischen den 1930er- und den 1960er-Jahren aufgenommen wurde, und war aus anthropologscher Sicht faszinierend. Die grobkörnigen Videos über das Leben in Nordfinnland auf einer IMAX-Leinwand zu sehen, war magisch. Aber der Rest des Films litt unter einer etwas sperrigen Struktur. Ich befürchtete, dass der Rest der Reihe eher faszinierend als cineastisch sein würde.
Aber
Maliglutit (Searchers) und
Angry Inuk ließen mich kurz darauf zur Ruhe kommen. Ersterer ist ein Spielfilm, der absichtlich wie ein Inuitfilm von John Ford gestaltet zu sein scheint. Eine Szene am Anfang zeigt zwei von der abgerundeten Tür eines Iglus eingerahmte Inuit – eine hübsche Anspielung auf das klassische Bild Fords. Hier ist der Hauptgegner des Suchenden die Landschaft, eine fremde Welt aus glatten, weißen Ebenen und wunderschönem, perlmuttartigem Licht. Zacharias Tunuks Film war spannend, auf gutem cineastischen Niveau und anders als alles, was ich bisher gesehen habe.
Und
Angry Inuk schließlich war einer der besten Filme der Berlinale. Er bietet einen bemerkenswerten, neutralen Blick darauf, wie die Lebensweise der Inuit von Gegnern der Seehundjagd bedroht wird. Alethea Arnaquq-Barils Dokumentation hat alles, was eine themengetriebene Dokumentation haben sollte: die Abläufe sind transparent und die Schlussfolgerungen unweigerlich.
Nach dieser vielfältigen Auswahl von Filmen wurde mir schnell klar, dass es eine Myriade von Geschichten vom nördlichen Polarkreis gibt, die erzählt werden wollen und dass eine große Menge an Talenten bereitsteht, diese zu erzählen.