Berlinale Blogger 2017
Trüffeljagd auf der Berlinale

The Match Factory
© The Match Factory

Besondere Film-Schmuckstücke finden sich bei der Berlinale (auch) abseits des Wettbewerbprogramms. 

Ich kann mich noch gut an einen Artikel über die Kunst der Filmkritik erinnern, den ich vor mehreren Jahren einmal gelesen habe. Vielleicht bilde ich es mir aber auch nur ein, denn ich kann ihn nirgendwo auftreiben. Jedenfalls hieß es dort, dass Filmkritiker heute wie Trüffelschweine auf der Suche sein sollten. Das Kinoprogramm ist übersättigt; angesichts dieser Flut an neuen Filmen sollten Kritiker die kleineren Filme ausfindig machen und die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf diese verborgenen Schätze lenken.

Diese Botschaft habe ich mir zu Herzen genommen. Zwar habe ich die Filmvorführungen von Logan und Die versunkene Stadt Z mit Spannung erwartet; dennoch habe ich es mir nicht nehmen lassen, auch nach den Filmen Ausschau zu halten, die nicht jedem ein Begriff sind, Filme, denen kein Hype vorauseilt und die ohne großes Budget auskommen müssen. Filme, neben denen The Other Side of Hope zur Mainstreamkomödie verblasst. Und das war genau die richtige Entscheidung – denn auf meiner Suche nach Trüffeln bin ich auf einige der schönsten Filme der Berlinale gestoßen.

Adriana’s Pact aus Chile ist womöglich der beste Film, den ich auf dem Festival gesehen habe. Der Dokumentarfilm beginnt schwach mit einem nichtssagenden und schlecht gefilmten Skype-Gespräch. Das Filmformat scheint geradezu träge, lediglich beobachtend. Es folgt die erste Enthüllung, und der Beobachter wird plötzlich zum Zeugen einer Familienkrise. Was dann kommt, ist ein gnadenlos ehrlicher und politisch notwendiger Film mit einem ungeschönten und kraftvollen Blick auf problematische Familiengeschichten und Chiles brutale Vergangenheit. Eine Mischung aus Joshua Oppenheimer und Patricio Guzmán unter der Regie eines Millennials ohne Budget. 


Ein weiterer Film im Rahmen des Panorama-Programms war Centaur, ein kirgisischer Film über einen Pferdedieb. Aktan Arym Kubats Werk ist ein wunderschöner Lobgesang auf lokale Traditionen und Mythologien mit großartigen Kamerabildern und aufrichtigen, lebensechten Hauptdarstellern. Die erzählende Doku For Ahkeem hat mich ebenfalls tief bewegt. Sehr faszinierend fand ich Somniloquies, ein experimenteller Film über das Sprechen im Schlaf. 
Diese kleineren Filme, die kaum jemandem etwas sagen dürften und die im Vereinigten Königreich vielleicht nie ausgestrahlt werden, haben die ansonsten durchweg enttäuschende Berlinale für mich gerettet. Das Stöbern außerhalb der Konkurrenz hat mir einige wahrhaft köstliche Trüffel beschert.