Lehrende können mit gezielten Maßnahmen sicherstellen, dass in Prüfungen inhaltliches Wissen und nicht das Leseverständnis abgefragt wird.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Text wurde aus dem Englischen übersetzt. Im Text wurde Englisch als Zielsprache beibehalten, aber die Methodik lässt sich allgemein auf den Erwerb von Fremdsprachen übertragen.
Lehrende nutzen vor allem Abschlussprüfungen und Leistungsnachweise zur Bewertung ihrer Schüler*innen. Wenn diese Methoden durch Scaffolding-Verfahren stärker auf die Voraussetzungen der Schüler*innen eingehen, lassen sich Lernzuwächse gerechter beurteilen. Ohne entsprechende sprachliche Gerüste zur Orientierung können insbesondere mehrsprachige Lernende diese Prüfungen als verwirrende Leseaufgaben und frustrierende Schreibtests empfinden. Lehrkräfte können ihre Bewertungsmethoden anpassen und verschiedene sprachliche Hilfestellungen in Prüfungen und Leistungsnachweise einbauen, um auschließlich die inhaltliche Leistung zu bewerten.
Gestaltung von Prüfungen
Durch den Einsatz sprachlicher Gerüste in Prüfungen werden die akademischen Anforderungen keineswegs gesenkt. Vielmehr unterstützt das Scaffolding Lernende dabei, die Aufgabenstellung besser zu verstehen und genauer auf Fragen zu antworten. Lehrende können z. B. Synonyme hinter unbekannten Fachbegriffen notieren, um den Lernenden zu helfen, eine Frage besser zu verstehen.
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Ein Beispiel für einen solchen Satz könnte lauten: „Nenne (schreibe eine Liste) alle Anpassungen, mit denen das Walross (siehe Bild) sein Überleben (Leben)
in einem aquatischen Lebensraum
(Wasser) sichert.“ Hier kann die Abbildung eines Walrosses unterhalb der Prüfungsfrage das Verständnis erleichtern. Ein weiteres hilfreiches Gerüst bieten Synonyme für ggf. unbekannte Wörter.
Für die Begriffe
Anpassungen und
Lebensraum sind keine Synonyme erforderlich, weil sie im Unterricht mehrfach behandelt wurden und die Lernenden sie bereits kennen. Ohne das Einfügen von Synonymen für unbekannte Begriffe könnten mehrsprachige Lernende die Frage nicht verstehen, obwohl sie genau wissen, was Anpassung und Lebensraum bedeuten.
Bei halboffenen Prüfungsfragen können Lehrkräfte einen Satzanfang oder einen inhaltlichen Kontext anbieten. Der Satzanfang hilft den Schüler*innen,ihre Antwort zu beginnen. Der inhaltliche Kontext dient als Anhaltspunkt, um bestimmte Informationen einzelnen Satzteilen zuzuordnen. Satzanfänge und inhaltliche Kontexte helfen Lernenden, eine Frage inhaltlich zu bearbeiten, ohne ihnen die Antworten vorzugeben.
Das folgende Beispiel eines Satzanfangs kann Lernenden helfen, eine passende Antwort zu finden:
Das wichtigste Symbol in diesem Kunstwerk ist… Ein inhaltlicher Kontext könnte wie folgt lauten:
Die Künstlerin [Name der Künstlerin]
nutzte [den Gegenstand auf dem Bild]
als Symbol für [ein Konzept],
weil… Eine solche Form der Prüfungsgestaltung hilft mehrsprachigen Schüler*innen dabei, wie Mathematiker*innen, Architekt*innen, Biolog*innen, Historiker*innen usw. zu kommunizieren.
Gestaltung von Leistungsnachweisen
Auch Leistungsnachweise lassen sich für mehrsprachige Lernende gerechter gestalten, ohne die Anforderungen zu verwässern.
Wenn Lernende für einen Leistungsnachweis eine Revolution analysieren sollen, können die Aufgaben verständlich gestaltet werden und eine Gliederung für den Text vorgeben. Dafür erstellt die Lehrkraft in einem ersten Schritt eine Vorlage mit den Aufgabenstellungen und einem Feld für Notizen der Lernenden. In dieser Vorlage können sie die zu schreibenden Textteile benennen (z. B. Einführung in die Revolution, Macht des Hauptführers, Forderungen des Volkes, Machtkampf, Folgen).
Wenn die Lehrkraft alle inhaltlichen Anforderungen an einen Leitungsnachweis definiert hat, kann sie die einzelnen Teile in eine logische Reihenfolge bringen. Eine solche Gliederung hilft Lernenden dabei, verständlicher zu kommunizieren.
Beispielsweise müssen Lernende zunächst eine Einführung schreiben, in der sie erklären, wann und wo eine Revolution begonnen hat und welche Gruppen daran beteiligt waren. Abschließend sollen sie in einer These erläutern, was Regierungen aus dieser Revolution lernen können. Eine solche Einführung ist notwendig, bevor die Lernenden über die Systeme und Strategien schreiben, mit deren Hilfe der Revolutionsführer seine umfassende Kontrolle gesichert hat.
Die Lehrenden können für jeden Teil des Leistungsnachweises Leitfragen und Anhaltspunkte formulieren, damit mehrsprachige Schüler*innen die inhaltlichen Anforderungen besser verstehen. Im Abschnitt zur Macht des Revolutionsführers wären folgende Leitfragen und Anhaltspunkte denkbar:
- Wie hat der Revolutionsführer Entscheidungen getroffen?
- Was hat der Revolutionsführer den Menschen nicht erlaubt?
- Welche Systeme nutzte der Revolutionsführer, um die Menschen zu kontrollieren?
- Wie hat der Revolutionsführer auf Kritik reagiert?
Mit Hilfe dieser Anhaltspunkte können Lernende ihre Gedanken zur Macht des Revolutionsführers klarer und gezielter formulieren. Auf diese Weise steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich mehrsprachige Lernende auf den richtigen Inhalt und auf ein spezifisches Thema konzentrieren und nicht einfach nur schreiben, um die erforderliche Wortzahl zu erreichen.
Mehrsprachige Lernende, die noch an ihren Englischkenntnissen arbeiten, können ihre Antworten zunächst in einer anderen Sprache formulieren, in der ihnen das wissenschaftliche Schreiben leichter fällt. Anschließend können sie ihre Gedanken ins Englische übertragen.
Um mehrsprachige Lernende beim Ausbau ihrer Englischkenntnisse zu unterstützen, können Lehrende die Strategie der Satzanfänge und inhaltlichen Kontexte auch auf die Gestaltung von Leistungsnachweisen übertragen. Sie können eine Vorlage mit Satzanfängen und Kontextinformationen zu den einzelnen Anhaltspunkten bereitstellen. Zum Beispiel können sie einen Leistungsnachweis mit dem folgenden inhaltlichen Kontext in der Aufgabenstellung gestalten:
Die [Anzahl]
Methoden, mit denen der Revolutionsführer seine absolute (umfassende) Macht sicherte (behielt), waren …
Gerechtigkeit herstellen
Mehrsprachige Lernende sollen nicht weniger streng bewertet werden – auch um ungleiche Lernvoraussetzungen zu vermeiden. Deutlich niedrigere Standards würden Lernfortschritte und den Aufbau von Fachwissen verhindern.
Wir sollten weiter an hohen Standards festhalten und stattdessen die Gestaltung und das Format von Prüfungen sowie die Aufgabenstellungen in Leistungsnachweisen anpassen. Bewertungen dürfen Lernende mit besseren Englischkenntnissen nicht bevorzugen, sondern müssen von vornherein so gestaltet sein, dass sie eine erfolgreiche Teilnahme mehrsprachiger Lernender unterstützen. Unter diesen Voraussetzungen werden Beurteilungen zu einem fairen und zuverlässigen Lern- und Bewertungsinstrument.