70 Jahre German Films
Die Jubiläumsfilmreihe zeigt einige der erfolgreichsten deutschen Filme der letzten sieben Jahrzehnte.
ABSCHIED VON GESTERN
Regie: Alexander Kluge
Jahr: 1965/66
Länge: 88 min
Drehbuch: Alexander Kluge
Kamera: Edgar Reitz
Schnitt: Beate Mainka-Jellinghaus
Cast: Alexandra Kluge, Günter Mack, Eva Maria Meineke
Festivals und Auszeichnungen
Filmfestspiele Venedig 1966 (Goldener Löwe)
„Wir erklären, dass es unser Ziel ist, den neuen deutschen Spielfilm zu schaffen.
Dieses neue Kino braucht neue Formen der Freiheit: von den Konventionen und Gewohnheiten der etablierten Industrie, von der Einmischung kommerzieller Partner und schließlich von der Bevormundung durch andere Interessengruppen“, heißt es im legendären Oberhausener Manifest, das 1962 von 27 jungen und nicht mehr ganz so jungen deutschen Filmemachern unterzeichnet wurde, die sich für eine neue Ästhetik, neue Inhalte und eine neue Ökonomie des deutschen Kinos einsetzten. Das kämpferische Motto der Gruppe: „Der alte Film ist tot. Wir glauben an den neuen.“
Einer der wichtigsten Autoren und Verfechter dieses Manifests war der Filmemacher und Jurist Alexander Kluge, der mit seinen Filmen von Anfang an seinem selbstgesteckten Anspruch mehr als gerecht wurde. Sein erster abendfüllender Spielfilm YESTERDAY GIRL, der drei Jahre nach dem Manifest entstand, machte dann auch deutlich, was vom selbsternannten Jungen Deutschen Film zu erwarten war. Kluge erzählt die Geschichte der knapp 30-jährigen Jüdin Anita G. (gespielt von Alexandra Kluge, der Schwester des Regisseurs), die in den Jahren des besonders kalten Kalten Krieges von Leipzig nach Westdeutschland geflohen ist und vergeblich versucht, Fuß zu fassen. Stattdessen stößt sie auf die personifizierte Rücksichtslosigkeit der Justiz und der Geschäftswelt und kann sich nur durch privaten Anarchismus über Wasser halten, bevor sie schließlich aufgibt und im Gefängnis die Freiheit sucht.
Das Leben als Herumtreiberin und die unverschuldete Instabilität seiner Protagonistin geben Kluge die Möglichkeit, mit Form und Inhalt zu experimentieren und gleichzeitig sehr nah an seinem Sujet zu bleiben. Die ungewöhnliche und sehr bewegliche Kamera dieses Schwarz-Weiß-Films wurde von Thomas Mauch und Kluges Geistesverwandtem Edgar Reitz bedient, einem Mitunterzeichner des Oberhausener Manifests und 20 Jahre später Schöpfer der bahnbrechenden HEIMAT-Trilogie.
Mit diesem Film nahm sich Alexander Kluge die Freiheiten, die er sich selbst abverlangt hatte, und drehte einen Film, der dem Kino „Made in Germany“ weltweite Aufmerksamkeit bescherte. YESTERDAY'S GIRL gewann den Silbernen Löwen bei den Filmfestspielen von Venedig und machte das Festival am Lido in den Folgejahren zu einem echten Hotspot des deutschen Films.
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