Von Frauen. Über Frauen. Für alle.
Die Auslandskorrespondentin Pauline Tillmann (31) und sechs ihrer Kolleginnen möchten die Arbeit von Frauen im Journalismus mehr gewürdigt wissen. Das Webportal „Deine Korrespondentin“ soll dabei helfen. Im Mai wird es online gehen und Monat für Monat Geschichten aus aller Welt veröffentlichen. Im Fokus dabei immer: Frauen.
Pauline ärgert sich darüber, „dass Diskussionspanels und Journalistenkonferenzen immer noch vorwiegend männlich besetzt sind.“ Das muss sich ändern, findet sie und ist damit offensichtlich nicht allein. Für ihre Idee zum Webportal Deine Korrespondentin warb die 31-Jährige gemeinsam mit sechs jungen Kolleginnen auf der Crowdfunding-Plattform startnext um 5000 Euro Startkapital. Schließlich kamen über 6500 Euro zusammen. Ziel des Projektes ist es, Journalistinnen in der Auslandsberichterstattung stärker in den Fokus zu rücken – und natürlich spannende Geschichten zu erzählen.
„Ich finde es schade, dass vermeintlich schwierige, sperrige, kantige Themen von Redaktionen meistens abgelehnt werden“, sagt Pauline. Sie selbst hat damit leidvolle Erfahrungen gemacht. Für ihr erstes Crowdfounding-Projekt Der flammende Tibeter war sie in Asien unterwegs und recherchierte zu Selbstverbrennungen in Tibet. Gemeinsam mit einem Fotografen trug sie eine Menge Material zusammen. „Aber auch hier war die Reaktion der Redaktionen: Kein Interesse“, bedauert sie. „Nach dem Motto: Wir dürfen die Leser und Zuschauer nicht überfordern. Dabei geht es genau darum – das Publikum zu fordern.“
Frauen im Journalismus müssen sichtbarer sein
In journalistischen Studiengängen sind Frauen zahlenmäßig stärker vertreten als gleichaltrige Männer, und bei Print, Funk und Fernsehen gibt es oft mehr Volontärinnen als Volontäre. In den Chefetagen sieht es ganz anders aus: „Es ist doch unglaublich, dass wir in einem so fortschrittlichen Land wie Deutschland nur eine Chefredakteurin einer überregionalen Zeitung haben – Ines Pohl von der taz.“
Stellt sich die Frage: Wohin verschwinden besagte Frauen? Pauline vermutet: „Sobald sie Kinder kriegen, tappen sie in die Teilzeitfalle. In Teilzeit bekommen sie keine Führungsverantwortung, weil es dafür noch keine passenden Modelle gibt.“ Sie wehrt sich jedoch gegen die Schlussfolgerung, dass Kind und Karriere nicht miteinander zu vereinbaren seien: „Frauen – mich eingeschlossen – wollen sich heutzutage nicht mehr entscheiden.“ Hier müssten die Unternehmen reagieren und flexiblere Arbeitszeitmodelle anbieten.
Doch gerade beim Job als Korrespondentin ist das gar nicht so einfach. „Wenn man für ein einziges Medium eingespannt ist, zum Beispiel als fester ARD-Korrespondent, dann ist das ein 24/7-Job.“ Arbeit am Abend, am Wochenende und auch im Urlaub ist gang und gäbe. Für Familie bleibt da wenig Raum. Und „möchte man doch Kinder haben, dann lastet die Verantwortung auf dem Partner oder der Partnerin“, so Pauline. Frauen seien eher bereit, zugunsten der Familie zurückzustecken, glaubt sie. „Dabei haben Frauen genauso wie Männer das Recht, sich beruflich weiterzuentwickeln.“
Auf spannende Storys freuen sich auch die Männer
Das haben offenbar noch nicht alle verstanden. So habe man die Gründerinnen von Deine Korrespondentin gefragt, warum sich Frauen so in den Vordergrund drängen müssten, erzählt Pauline. Nicht nur in der Gender-Thematik gibt es noch Einiges zu tun, findet sie. Und dabei geht es ja nicht nur um die Macherinnen selbst: „Mir fehlt in der deutschen Medienlandschaft der geschärfte Blick auf inspirierende Frauen, auf weibliche Vorbilder. Das wollen wir mit Deine Korrespondentin ändern. Immer, wenn wir ein Thema aufgreifen, rücken wir starke Frauen in den Mittelpunkt. Wir glauben, das ist interessant für alle – für Frauen und Männer.“
Die meisten Männer, mit denen Pauline über das Projekt gesprochen hat, hätten positiv reagiert. „Ich finde Männer großartig. Ich mag Männer sehr!“, stellt sie klar. Es sei auch keineswegs so, dass sie und ihre Kolleginnen nicht mit Männern zusammenarbeiten wollen. Bei Deine Korrespondentin geht es allerdings darum, „dass wir Frauen uns stärker solidarisieren, dass wir Netzwerke etablieren, die uns helfen, im Beruf voran zu kommen.“ Ein Punkt, der beiden Geschlechtern einleuchtet: „Das können die meisten emanzipierten Männer nachvollziehen und sind gespannt auf unsere Geschichten“, freut sich Pauline. Die ersten für Mai geplanten Beiträge verheißen keine leichte Kost: ein Porträt über die erste Kampfpilotin Ostafrikas und die Geschichte einer jungen Afghanin, die von ihrem Vater vergewaltigt und mehrfach von ihm schwanger wurde.
Ein kleiner Obolus wird dafür allerdings fällig. Die meisten Korrespondentinnen sind freie Journalistinnen, die nicht bloß aus Spaß an der Sache auf Recherchereise gehen. Sie wollen – und müssen – von ihrer Arbeit leben. „Es wäre ein fatales Signal, wenn wir alles für lau machen würden“, so Pauline. Der erste Monat soll zwar noch als „Schnuppermonat“ laufen. Ab Juni soll aber eine Bezahlschranke von 10 Euro im Monat greifen.
Monat für Monat werden zehn Geschichten aus dem Nahen Osten, Afghanistan, den USA, Osteuropa und auch aus Deutschland geliefert. „Wenn man das Ganze herunterbricht“, so Pauline, „kostet den Leser eine Geschichte auf Deine Korrespondentin einen Euro im Monat. Das ist billiger als ein Espresso.“