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Pläne für Bangalore

Spot on BangaloREsidency
Spot on BangaloREsidency | Foto: Kerstin Meenen © Goethe-Institut / Max Mueller Bhavan

3. November, 18 Uhr. Nach einigen Tagen in Bangalore ist es für die bangaloREsidents an der Zeit, den Bewohnern von Bangalore etwas von ihren Erwartungen zu erzählen und auch davon, welchen Input sie sich von den Einheimischen erhoffen. Spot on bangaloREsidents – ein Präsentationsabend der Residenten bot diesen zudem die Gelegenheit, Bangalores Künstlergemeinde kennenzulernen. Zu den Gästen der Veranstaltung zählten Vertreter der Gastorganisationen wie auch lokale Künstler aus den Bereichen Theater, Tanz, Film, Urban Design und Musik.

Der Abend, durch den Joshua Muyiwa, einer der beliebtesten Conférenciers und Dichter der Stadt, führte, war sehr kurzweilig – obwohl eine Präsentation direkt der nächsten folgte. In der für ihn typischen Stegreif-Manier unterhielt Joshua alle mit (nicht immer ganz korrekten) Fakten zur Deutschland-Bangalore-Beziehung. Und mit Anekdoten, die er selbst mit Deutschen in Indien erlebt hatte. Über den verantwortlichen Landschaftsplaner von Lal Bagh, Gustav Krumbiegel, sagte er etwa: “Ich dachte, er wäre einfach noch so ein tamilischer Onkel.“
 
Jeder Resident hatte sieben Minuten, um die eigene Arbeit sowie seine Pläne für Bangalore vorzustellen. Ein Praktikant in der ersten Reihe sollte eigentlich streng auf die Zeitvorgabe achten, doch hielten sich viele der Residenten nicht an die Sieben-Minuten-Regel. Glücklicherweise wusste Joshua diejenigen, die ihre Zeit überzogen, öffentlich vorzuführen!
 
Folgendes haben wir über die Pläne der Residenten während der bangaloREsidency erfahren:

Oliver Walker, bangaloREsident@1 Shanthi Road, stellte seine bisherigen Arbeiten vor. Sie alle schlagen eine Brücke zwischen visueller Installationskunst und sozialen, historischen und wirtschaftlichen Daten. In Bangalore möchte er diese Praxis auf eine Untersuchung von Plastiktüten ausdehnen – und diese dabei einmal nicht nur als umweltschädliche Gegenstände, sondern als Objekte betrachten, die jedermann leicht besitzen kann und die einen unerklärlich sentimentalen Wert bekommen können. Viele von uns hätten diese eine besondere Plastiktüte, so Walkers Beobachtung. Die man nie wegschmeißen würde. Oliver interessiert sich in erster Linie für den Widerspruch zwischen der Alltäglichkeit der Tüten, den Gefühlen, die sie hervorzurufen vermögen, und der Umweltverschmutzung, die sie verursachen.
Oliver Walker & Ingo Gerken Ingo Gerken (links) & Oliver Walker (Mitte) | Foto: Maximilian Hollerith © Goethe-Institut / Max Mueller Bhavan Auch Ingo Gerken ist bangaloREsident@1 Shanthi Road. Als Konzeptkünstler schafft Ingo vielfach Werke, die in ihrer visuellen Gestalt minimalistisch sind, aber in pointierter Weise einen Kommentar zur Entstehungsgeschichte ihrer Form liefern. Er führt einfache Aufgaben aus – schneidet beispielsweise eine Hecke oder schmeißt einen Stein in eine Galerie – und verwendet dabei scheinbar alltägliche Materialien, um die Sinnbezüge des ausgestellten Gegenstands wie auch des Ortes, an dem es sich befindet, zu steigern oder neu zu fassen. Ingo plant während seiner bangaloREsidency weitere solcher – politischen, poetischen und humorvollen – Wechselspiele mit dem Raum, um skulpturale Eingriffe entstehen zu lassen, die die Normalität von existierenden Orten in Bangalore reimaginieren.
 
Benjamin Brix, bangaloREsident@Sandbox Collective, ist nicht zum ersten Mal in Bangalore. Bereits in diesem Jahr arbeitete er an einer gemeinsamen Theaterproduktion von deutschen und indischen Künstlern mit dem Titel Ramanaya. Während seines letzten Aufenthalts entdeckte Ben den Blumenmarkt auf dem K R Market. Jeden Morgen werden auf dem Markt Blumen aus den Dörfern und Städten rund um Bangalore angeliefert. Riesige Haufen von Knospen und Girlanden füllen den Markt – es ist ein ganz besonderes, buntes Bild. Während seiner Residency möchte Ben die Reise der Blumen mit seiner Kamera verfolgen – angefangen an dem Ort, von dem sie kommen, bis zu dem Punkt, an dem sie wieder verschwinden.
 
Lina Gómez, bangaloREsident@Attakkalari, war auf einer ihrer vielen Reisen – diesmal in Brasilien – als sie von der Virtuosität der Körper von Volkstänzern gepackt wurde. Sie nahm deren Verschmelzung aus Klang, Bewegung und Gefühl als etwas besonders Ausdrucksstarkes wahr. Zugleich aber auch als etwas, das stark von diesen spezifischen Körpern und dem Kontext, aus dem sie kommen, bestimmt wurde. Als sie dann mit Tänzern in Berlin an ähnlichen Bewegungspraktiken arbeitete, reagierten diese auf die Choreographie in gänzlich anderer Art und Weise. Mit dieser Erfahrung im Sinn möchte Lina die Komplexitäten des Zusammentreffens von verschiedenen tanzenden Körpern erforschen. Mit Studierenden von Attakkalari wird sie untersuchen, wie Geschichte und Kontexte als Quelle für Bewegungen zu verstehen sind.
Benjamin Brix, Lina Gomez & Carlos Andres Rico Benjamin Brix (li), Lina Gómez (Mi) & Carlos Andrés Rico (re) | Foto: Marie Knop © Goethe-Institut / Max Mueller Bhavan Der Komponist Carlos Andrés Rico, bangaloREsident@Maraa, schafft Radio-Interventionen an öffentlichen Orten, um den Geist der wirklichen Räume in etwas zu transformieren, das dem magischen Realismus näher kommt. Er benutzt Klänge als sein primäres Medium, um die Räume so zu verwandeln, dass sich unser Verhältnis zu ihnen ändert und wir sie neu sehen. In Bangalore plant Carlos, mit lokalen Künstlern zusammenzuarbeiten. Er will eine Reihe von Radio-Interventionen erarbeiten, für die Klangmaterial von unterschiedlichen Orten in der ganzen Stadt verwendet wird. Er hofft, so die herkömmlichen Sichtweisen bestimmter Orte, ihre Wahrnehmung und ihr Verständnis neu zu gestalten.
 
Ihr Architektur-Hintergrund lässt Laura Fiorio, bangaloREsident@MOD Institute, in ihren fotografischen Arbeiten immer wieder auf Gebäude und urbane Landschaften zurückkommen. Sie erschafft Bildarchive von Orten, und kommentiert so Themen wie Entwicklung und Gentrifizierung. Für Laura ist das Archiv existierendes Dokument und wachsende Quelle zugleich und kann als solches für soziale Betrachtungen genutzt werden, inbesondere im urbanen Kontext. Am MOD Institute möchte Laura gemeinsam mit Bewohnern von Bangalore arbeiten und eine Beziehung zwischen Gegenwartsfotografien und traditionellen Archiven kreieren. So soll ein neuer Sammlungsort entstehen, an dem Bangalores Bewohner ihre Sorgen bezüglich ihrer Stadt teilen können.
 
Laura Fiorio Laura Fiorio | Foto: Maximilian Hollerith © Goethe-Institut / Max Mueller Bhavan Walter Solon, bangaloREsident@Jaaga, will in Bangalore einen Kurzfilm drehen (als Pilotfolge für eine Reality-TV-Serie). Grundlage soll das Leben eines Charakters aus einer früheren Arbeit sein. In vorherigen Arbeiten demonstrierte diese Figur Überlebensstrategien in apokalyptischen Situationen. Nachdem sie für den israelischen Geheimdienst tätig war, entdeckte sie während eines Urlaubs Indien und arbeitet nun für ein IT-Unternehmen in Bangalore. Walter möchte die Konfluenz von Leuten, die in Jaaga zusammenkommen, für sein Projekt nutzen.
Walter Solon Walter Solon | Foto: Maximilian Hollerith © Goethe-Institut / Max Mueller Bhavan Verena Regensburger, bangaloREsident@Abhinaya Taranga, plant ein Bühnenstück mit Studierenden von Abhinaya Taranga. In früheren Arbeiten beschäftigte sie sich mit den Themen Sprache und Kommunikation (insbesondere mit taubstummen Darstellern). Jetzt möchte sich Verena der Kommunikation in anderen kulturellen Kontexten sowie zwischen Sprachen und Körpern widmen.
 
Marius Land & Verena Regensburger Verena Regensburger (links) und Marius Land (rechts) | Foto: Maximilian Hollerith © Goethe-Institut / Max Mueller Bhavan Gegenstände sind für Marius Land, bangaloREsident@Daily Dump, keine eindeutigen Dinge. Sie sind vielmehr vielschichtige Einheiten, deren Bedeutung und Zweck sich ändern, je nachdem wann und wie man auf sie stößt. Ein zerbrochener Becher beispielsweise kann ein Gegenstand sein, den man zu Hause wegschmeißt – in einer Kunstgalerie hingegen kann er zur Skulptur werden. Marius nennt dies die den Gegenständen innewohnende Latenz. Jene Möglichkeit, sie in vielfältiger Weise zu gebrauchen und zu verstehen. Die indische Idee des jugaad – der Praxis, irgendeine Lösung für das zu finden, was man erreichen muss bzw für das, was man braucht – nutzt eben diese Latenz. Während seiner Residency möchte sich Marius mit dem beschäftigen, was sich hinter jugaad verbirgt, und mit Hilfe von Objekten einen „innovativen Zugang zum Pragmatismus“ entpacken.
Lukas Matthaei, Annika Hippler & Nika Pfeifer Annika Hippler (links), Nika Pfeifer (Mitte) und Lukas Matthaei (rechts) | Foto: Kerstin Meenen © Goethe-Institut / Max Mueller Bhavan matthaei&pfeifer, bangaloREsidents@Srishti, werden Studierende am Srishti College of Art, Design & Technology unterrichten – als Teil des Interim Programms der Einrichtung. Gemeinsam mit den Studierenden möchten sie an verschiedenen Orten eine Reihe von performativen Eingriffen entwickeln, die auf der Idee des ‚Zaubertricks‘ basieren. Fasziniert von der Absurdität, dem Einfallsreichtum und dem Wunderhaften von Zaubertricks wollen matthaei&pfeifer entdecken, welche “urbane Zauberei” oder welch magische Erzählung für Bangalore typisch sind. Es geht darum, über das Alberne an einem herkömmlichen Zaubertrick hinauszukommen, und zu hinterfragen, was für einen Ort spezifisch ist. (Während ihrer Residency hoffen sie zudem, das Geheimnis des indischen Seiltricks, bei dem die Schwerkraft außer Kraft gesetzt wird, zu lüften.)

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