Workshop
Wie kann man ein anderer sein?

Kafkas Gaukelei
© Goethe-Institut

Eine Workshopsreihe von Grzegorz Jankowicz

Goethe-Institut Krakau

Franz Kafka schrieb die Erzählung „Ein Landarzt" Ende 1916 - Anfang 1917. Er war mit der Erzählung nicht ganz zufrieden, aber in einer Notiz, die er vor seinem Tod verfasste, stellte Kafka fest, dass von all seinen Werken nur einige wenige als gut bezeichnet werden können, und dass "Ein Landarzt" zu dieser Gruppe gehöre. Wir können nur versuchen zu erraten, warum Kafka ausgerechnet diesen Text auswählte. Noch heute streiten sich Forscher und Wissenschaftler über den Wert dieses Werks. Einige halten es für ein schwächeres Werk, während andere es zu Kafkas größten Leistungen zählen.
Für mich ist es aus mehreren Gründen interessant. Erstens: obwohl die Geschichte einem Traum ähnelt, in dem einzelne Ereignisse in keiner direkten Verbindung zueinanderstehen, kann man bei einer aufmerksamen Lektüre die Exaktheit erkennen, mit der der Autor diese rätselhafte Erzählung komponiert hat. Zweitens ist eins der Themen dieser Erzählung die Unmöglichkeit, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Der Landarzt wird zu einer kranken Person gerufen. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten gelingt es ihm, den Kranken zu erreichen, was uns glauben lässt, dass der Besuch erfolgreich sein wird. Es stellt sich jedoch heraus, dass der Arzt nicht in der Lage ist, den Patienten zu heilen. Es ist nicht klar - und das ist für mich das Interessanteste -, ob dies durch den allgemeinen Zustand des Patienten, die Art der Krankheit, die Unfähigkeit des Arztes oder vielleicht durch einige äußere Faktoren bedingt ist, die der Protagonist nicht erfassen kann. Drittens: es ist selten, dass ein Schriftsteller ein so populäres - und durch seine Popularität verblüffendes - Symbol wie die Rose so subtil einsetzt. Und gerade dieses Wort hat Kafka zu einem Schlüsselwort gemacht: Es ist der Name einer der Figuren, und so wird auch die Wunde des Patienten bezeichnet.
Vielleicht hatte Kafka beim Schreiben der Geschichte den Ausdruck „unter der Rose“ im Kopf, der im 16. Jahrhundert im Deutschen vorkommt und eine Abschrift des lateinischen syntagma sub rosa ist, das sich auf Handlungen bezieht, die im Verborgenen stattfinden, auf Gespräche, die unter vier Augen geführt werden. Welches Geheimnis verbirgt sich in Kafkas Erzählung? Kann dieses verborgene Wissen für uns von Nutzen sein? Wir werden versuchen, die erste Frage im Workshop zu beantworten, und was die zweite Frage angeht, so möchte ich nur als Ermutigung schreiben, dass "Ein Landarzt" uns - meiner Meinung nach - ermöglicht, die Beziehung zwischen unseren beiden Körpern zu verstehen: dem physischen und dem symbolischen. Selten ist diese Beziehung harmonisch, und jede Turbulenz, die sie beeinträchtigt, wirkt sich destruktiv auf unsere Gesundheit aus. Kafka hat dies sehr gut verstanden, er kannte die Ursprünge dieses Problems, und obwohl er es selbst nicht lösen konnte, hat er uns Hinweise gegeben, was man tun kann, um eine schwere Krise zu vermeiden.

Details

Goethe-Institut Krakau

ul. Podgórska 34
31-536 Kraków

Sprache: Polnisch

Preis: Eintritt frei.
Wir bitten vor dem Workshop die Erzählung „Ein Landarzt“ von Franz Kafka zu lesen.

Elzbieta.Jelen@goethe.de
Diese Veranstaltung ist Teil der Veranstaltungsreihe Kafkas Gaukelei.