Interview mit Regisseur Vincent Bonin-Arena
Eine „Nouvelle personne“ bei der Berlinale
Der Quebecer Regisseur Vincent Bonin-Arena stellte auf der Berlinale mit „Nouvelle Personne“ seinen ersten Spielfilm vor. Émilie Kessler et Emmy Champagne ergriffen die Gelegenheit, um ihren Landsmann zu seinem Werk und Lebensweg zu befragen.
Von Émilie Kessler und Emmy Champagne
Vincent Bonin-Arena ist einer der Filmschaffenden, die Québec bei der diesjährigen Berlinale vertreten haben. Sein erster Spielfilm, Nouvelle personne, wurde für die Premiere auf dem European Film Market (EFM) ausgewählt. Wir sprachen über seinen filmischen Werdegang und seine Erfahrungen bei der Berlinale.
Wie sieht dein Werdegang im Bereich Film aus?
Vincent Bonin-Arena: Eigentlich war Film schon immer eine Leidenschaft für mich, aber als Teenager war mir noch nicht klar, dass es ein möglicher Beruf für mich sein könnte. Als ich gegen Ende meiner Sekundarschulzeit begriff, dass man in der Branche sein Geld verdienen kann, war das eine Offenbarung für mich. Ich
Vincent Bonin-Arena
| © Novateam
studierte darauf am Konservatorium von Lasalle (Québec). Dort habe ich meine ersten Kurzfilme gedreht. Danach bin ich auf das Cegep und dann bin ich an die Universität gegangen. Das Anstrengendste war es dabei sich zu 100% auf das Geschäft einzulassen.
Ich war immer daran gewöhnt, einen Nebenjob zu haben, auch als ich mein Studium beendet hatte. Es war daher ein ganz schöner Stress, mich in die Filmbranche zu stürzen. Ich lebe jetzt seit drei oder vier Jahren von meinem Beruf, und das ist eine der größten Errungenschaften für mich, ehrlich gesagt.
Ich habe weiterhin Kurzfilme gedreht, Werbung gemacht und Musikvideos gedreht. Mein erster Spielfilm, der jetzt in Berlin vorgestellt wurde, hatte die Unterstützung der MELS-Studios. Ich habe auch eigenes Geld in die Hand genommen, um ihn produzieren zu können. Jetzt bin ich gerade dabei, meinen zweiten Film zu schneiden. Ansonsten schreibe ich weiter, reiche Filme ein, und versuche das Leben eines Filmemachers zu führen.
Wie war deine Erfahrung auf der Berlinale?
Es war das erste Mal, dass ich auf diesem Festival war und es war wirklich unglaublich! Es ist schön zu sehen, wie das Kino so viele Menschen zusammenbringen kann. Die Werke, die dort gezeigt werden, sind so untypisch und originell im Vergleich zu dem, was man normalerweise in traditionellen Kinos zu sehen bekommt. Allein die Tatsache, dass mein Film auf dem Markt in einer Vitrine gezeigt wurde, war für mich schon eine gute Gelegenheit, den Film zu präsentieren. Auch hat es mir geholfen, einen Verleiher zu finden, um den Film zu vertreiben. Das ist von enormer Bedeutung für die Zukunft des Films.
Wie hat es sich angefühlt, dass dein Film auf einem der größten internationalen Filmfestivals gezeigt wurde?
Als ich den Brief erhielt, dass der Film auf dem 'Market' gezeigt werden sollte, war ich sehr glücklich. Es ist ein Festival mit einem guten Ruf. Die Kategorie bei der mein Spielfilm eingereicht wurde nahm viele Filme auf. Mein Film wurde zwar nicht gerade für den Wettbewerb des Festivals ausgewählt, aber allein die Tatsache, dass die Leute vom EFM beschlossen haben, ihn überhaupt auf der Berlinale zu zeigen, war für mich wirklich unglaublich. Ich bin sehr glücklich darüber und es ist eine Erfahrung, die mich für den Rest meiner Karriere begleiten wird. Das sind sehr prägende Erfahrungen.
Poster „Nouvelle Personne“ | © Productions Bonin Die Premiere des Films ist sehr gut verlaufen. Es war kein großer Saal, aber ich war überrascht, dass so viele Leute da waren, als der Film anfing. An einem Punkt während des Films erinnere ich mich sogar, dass hinter mir Leute hineinkamen. Am Ende haben die Leute geklatscht. Das hat schon Spaß gemacht. Ich konnte mich mit einigen Leuten unterhalten, die während der Vorstellung anwesend waren.
Als wir danach rausgegangen sind, haben wir uns mit Freunden getroffen. Eine der Schauspielerinnen aus meinem Film hat mir erzählt, dass die Leute gut reagiert haben. Das ist wirklich cool für einen Film, der ein Versuch ist, weniger narrativ zu sein. Ich meinte gespürt zu haben, dass die Leute rausgehen. Aber das war gar nicht der Fall, im Gegenteil kamen während der Vorführung immer noch Leute in den Saal hinein. Es hat mich wirklich überrascht und es war seltsam, dass es Leute gab, die während der Vorführung auftauchten. Es war schön zu sehen, dass die Leute interessiert genug waren um zu kommen.
Es ist immer etwas anderes, seinen Film auf einer großen Leinwand zu sehen. Im Kinosaal passiert etwas. Man hat in gewisser Weise mehr Zugang zum Universum. Auch wenn ich den Film gemacht habe, bin ich trotzdem in die Geschichte eingestiegen. Beim Bearbeiten des Films hatte ich nicht unbedingt diesen Zugang. Es war ein wirklich schöner Premierenabend.
Hast du neue Kontakte geknüpft, die dir bei deinen zukünftigen Projekten helfen können?
Das Ziel des Festivals ist es vor allem, Leute zu treffen, mit denen du dich in der Szene weiterentwickeln kannst. Meine Erfahrung hat es mir ermöglicht Leute zu treffen, die in Institutionen arbeiten, die Filme und Fernsehserien produzieren. Wir konnten uns persönlich treffen und miteinander sprechen. Das ist sehr wertvoll in der Zukunft, wenn ich ein Projekt einreiche und sie mich kennen, weil wir uns unterhalten haben. Die Verbindungen sind jetzt da. Es war sehr interessant, diese Erfahrungen gemacht zu haben.
Wie war der Entstehungsprozess von „Nouvelle Personne“?
Der Film wurde 2020 gedreht. Ursprünglich sollte es ein Kurzfilm werden, aber dann kam die Pandemie. Ich habe viel Zeit zu Hause verbracht und hatte mehrere Ideen. Als ich alle Szenen zusammengesetzt habe, wurde es für einen Kurzfilm ein bisschen zu lang. Nach den Dreharbeiten wurde daraus ein, wenn auch relativ kurzer, Spielfilm mit 70 Minuten Spielzeit. Es gab nicht wirklich ein traditionell geschriebenes Drehbuch, eher eine Leinwand mit Ideen. Nouvelle Personne ist mein erster Spielfilm. Am 2. März 2023 wurde der Film beim Rendez-vous du cinéma québécois vorgestellt. Er wurde auch auf anderen Festivals gezeigt, und am Ende wird er vielleicht in die Kinos kommen. Aber ansonsten wird er auf jeden Fall auf den VOD-Plattformen wie iTunes und YouTube zu finden sein.