Reise in die Kindheit
Literarische Inspirationen

„Reise in die Kindheit” als Hörbuch

Horst Bienek starb am 7. Dezember 1990. In den 1970er und 1980er Jahren schuf der deutschsprachige Schriftsteller und Dichter aus Schlesien eine Reihe von Büchern, die seiner Heimatstadt gewidmet waren. Die Gleiwitzer Tetralogie ist im Literaturkanon zur schlesischen Kultur enthalten und beginnt mit dem Roman Die erste Polka; der zweite Band heißt Septemberlicht, der dritte Band Zeit ohne Glocken und der vierte Band Erde und Feuer. Hier wird „Reise in die Kindheit. Wiedersehen mit Schlesien“ als Abschluss der Gleiwitzer-Reihe, vorgestellt.

Horst Bienek stellte im Oktober 1945 einen Antrag auf Ausreise aus Schlesien. Fast 30 Jahre später begann er mit dem Schreiben der Gleiwitzer Tetralogie, einer Serie, mit der er noch einmal in seine Heimat zurückkehrt. Als er während der Arbeit an den nächsten Teilen Einladungen nach Polen erhielt, lehnte er sie ab, weil er fürchtete, das Schlesien seiner Fantasie mit der Realität zu konfrontieren. Erst nach der Fertigstellung der Tetralogie willigte er ein, an den Dreharbeiten zu dem Dokumentarfilm Gleiwitzer Kindheit für das ZDF teilzunehmen. Dieser zweiwöchige, hoch emotionale Aufenthalt in der Heimat wird auch in dem Buch Reise in die Kindheit verewigt. Straßen, Plätze und Häuser führen Bienek zurück in die Vergangenheit. Schmerzhafte Erinnerungen an das Elternhaus, die Schule, die Kriegszeit werden wach. Er erinnert sich an seine ersten Kinobesuche, Spaziergänge mit seiner Mutter, Besuche in Cafés oder Schaufenstern, die für einen jungen Mann faszinierend waren. Menschen - die Prototypen der in der Tetralogie verewigten Figuren - kehren zurück.
„Nein, wir können nicht mehr zurückkehren in das Haus der Kindheit. Aber wir können uns diese Kindheit imaginieren. Wir können sie beschreiben und auf diese Weise festhalten. Die verlorenen Paradiese sind die wirklichen Paradiese, schrieb Marcel Proust. Die verlorene Kindheit ist die wirkliche Kindheit. Und sie gibt es, wird es geben, solange wir uns daran erinnern“.
Horst Bienek, „Reise in die Kindheit. Wiedersehen mit Schlesien”

Horst Bienek, „Reise in die Kindheit. Wiedersehen mit Schlesien” © Klaudiusz Kaufmann

Horst Bienek, „Reise in die Kindheit. Wiedersehen mit Schlesien”

Horst Bienek
Horst Bienek | @ Isolde Ohlbaum
Horst Bienek – deutschsprachiger Schlesier, Dichter, Schriftsteller, Publizist, Übersetzer und Filmregisseur. Er wurde am 7. Mai 1930 in Gleiwitz als sechstes Kind in die Familie eines Eisenbahners und einer Musiklehrerin hineingeboren. 1946 musste er seine Heimatstadt verlassen. Die folgenden Jahre verbrachte er in der DDR. 1951 veröffentlichte er seine ersten lyrischen Werke und wurde in die Meisterklasse von Bertolt Brecht aufgenommen. Im gleichen Jahr wurde er von der Staatssicherheit verhaftet und zu 25 Jahren Zwangsarbeit in Workuta verurteilt. 1955 kam er im Zuge einer Amnestie frei und ließ sich in Westdeutschland nieder. Den Aufenthalt im Gulag thematisierte Bienek in seinem Roman Die Zelle (1968). Zwei Jahre später verfilmte er das Buch. Zwischen 1972 und 1982 entstanden die weiteren Bände der Gleiwitzer Tetralogie. Erst 1987 konnte er Schlesien besuchen, seine Eindrücke verarbeitete er in dem autobiografischen Buch Reise in die Kindheit. Wiedersehen mit Schlesien. Er war langjähriger Leiter der Abteilung Literatur an der Bayerischen Akademie der Künste in München. Er starb am 7. Dezember 1990.


Klaudiusz Kaufmann
Klaudiusz Kaufmann | @ Vincent Todorow
Klaudiusz Kaufmann – aus Schlesien stammender Theater- und Filmschauspieler sowie Synchronsprecher. Absolvent der Theaterakademie Warschau, seit seinem Debüt in der deutsch-polnischen Inszenierung von Romeo und Julia in Schwedt an der Oder ist er häufig in Produktionen beiderseits der Grenze zu sehen. U. a. in dem Film Hochzeitspolka, Niebezpieczni dżentelmeni, Die Ermittlung sowie in der Fernsehserie Die Krone der Könige. Seit 2015 spielt er den Kommissar Wiktor Król im deutsch-polnischen Polizeiruf 110. 2023 spielte er eine Nebenrolle in dem Oscar-prämierten Film von Jonathan Glazer Zone of Interest. Aus der großen Zahl der von ihm eingesprochenen Rollen ist das Zebra Marty aus dem Film Madagascar hervorzuheben. Seit Mai 2015 führt er den auf Schlesisch geschriebenen kulinarischen Blog Chop w kuchni
 
Im Audiobook wurden folgende Werke benutzt:
1. Mondnacht, das Leitmotiv des Hörbuchs, komponiert von Marcin Dzwonowski zu einem Gedicht von J. von Eichendorff (J.Dzwonowski/J.Heczko/A.Marko-Lech/M.Lech); im Finale des Buches als ein Lied gesungen von Klaudiusz Kaufmann
2. Sommer (Thema aus La quattro stagioni), Komposition und Arrangement von Jacek Dzwonowski (J.Dzwonowski/L.Sojka/A.Marko-Lech/M.Lech)  
3. Nocturne in cis-Moll von Fryderyk Chopin, Arrangement von Michał Lech
4. Ruht wohl, ihr heiligen Gebeine aus J.S. Bachs Johannespassion BWV 245, Arrangement von Streichquartett Altra Volta (J.Dzwonowski/J.Heczko/A.Marko-Lech/M.Lech)
5. Präludium e-Moll Op.28 Nr. 4. von Fryderyk Chopin, Arrangement von Jacek Dzwonowski (J.Dzwonowski/J.Heczko/A.Marko-Lech/M.Lech)
6. Bachtango (Thema aus Präludium und Fuge c-Moll von Johann Sebastian Bach, Das Wohltemperierte Klavier, I. Teil), Komposition und Arrangement: Leszek Sojka (J.Dzwonowski/L.Sojka/A.Marko-Lech/M.Lech)
7. Cello Impressions, Komposition und Arrangement: Michał Lech
8. Dreams, Komposition von Streichquartett Altra Volta (J.Dzwonowski/L.Sojka/A.Marko-Lech/M.Lech)

Das Streichquartett Altra Volta ist eines der vielseitigsten Ensembles, zu ihrem Repertoire gehören klassische und moderne Musik, Filmmusik, Folk, Unterhaltungs- und Improvisationsmusik. Das Quartett wurde 1998 in Katowice gegründet. Es setzt sich aus den Geigern Jacek Dzwonowski und Leszek Sojka (seit 2022 Jacek Heczko), der Bratschistin Aleksandra Marko-Lech und dem Cellisten Michał Lech zusammen – Absolventen der Karol-Szymanowski-Musikakademie in Katowice. Das Ensemble trat auf Konzert- und Festivalbühnen in Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien, im Vatikan, in der Schweiz, der Türkei, den Niederlanden, Ägypten, Indien, China, Weißrussland, Litauen, der Slowakei, Kenia und Sri Lanka auf.

Übersetzung: Maria Podlasek-Ziegler
Liest: Klaudiusz Kaufmann
Dauer: 5 St. 38 Min. 47 Sek.
Musik und Arrangement: Streichquartett Altra Volta
– Jacek Dzwonowski, Geige
– Leszek Sojka/Jacek Heczko, Geige
– Aleksandra Marko-Lech, Bratsche
– Michał Lech, Cello

Aufzeichnung: Patrick Multan SoundConcept

Die Aufnahme des Audiobooks wurde von dem Goethe-Institut Warschau finanziert.

Autor: Klaudiusz Kaufmann
Copyright: Goethe-Institut Polen
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